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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau
Autoren: Jim C. Hines
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das ihre Möglichkeiten ernstlich ein. Wenn sie weiterhin zurückwich, würde der Wind sie entweder aus dem Fenster stoßen oder die Treppe hinunterwerfen. »Das hat er nie getan. Und tief im Innern weißt du das auch.«
    »Er sagte, ich sei ihm das Liebste«, erinnerte sich Lirea und schlang die Arme um die Knie. Tränen glänzten auf ihren Wangen. »Am Anfang war er nett zu mir.«
    Talia ließ sich auf den Rücken fallen und trat nach Nilliars Beinen. Sie verfehlte das Knie, traf die Meerjungfrau aber dafür am Schienbein. Es war nicht genug. Nilliars Schwert krachte klirrend gegen die Stelle in der Mauer, wo Talia einen Moment vorher noch gewesen war. Talia versuchte, aufzustehen - und wurde sofort von der Wand weg- und auf den eingestürzten Teil des Bodens und damit einen langen Sturz auf den Grund des Turms zugeschleudert. Sie presste sich flach auf den Boden und versuchte, sich irgendwie festzuhalten.
    »Menschen lügen!« Talia wartete auf Nilliars nächsten Angriff. Diesmal rollte sie sich auf die Meerjungfrau zu, erhob sich auf ein Knie und schlang einen Arm um Nilliars Taille, um das Gleichgewicht zu wahren. Mit der anderen Hand fuhr sie an Nilliars Arm entlang nach oben, suchte jedoch nicht nach dem Schwert, sondern nach den Fingern, die es hielten. Sie fand den Daumen und zerrte daran: Das Schwert fiel scheppernd auf den Boden.
    Der Luftgeist griff nun beide an und trieb sie an Lirea vorbei auf ein Fenster zu. Offenbar hatte er vor, sie beide hinunterzuwerfen.
    Talia kämpfte nicht dagegen an. Stattdessen fügte sie ihre Kraft der des Windes hinzu und schob Nilliar zurück. Mit der linken Hand zog sie die Zaraqpeitsche aus dem Gürtel; ein kurzer Ruck mit dem Handgelenk ließ die beschwerte Schnur auf Lirea zuschnellen und sich um ihren Hals wickeln. Talia duckte sich und drückte Nilliar durchs Fenster. Die Meerjungfrau versuchte noch, sich am Rand festzuhalten, aber der Wind und dazu noch Talias Gewicht waren zu viel für sie.
    »Falls es dir ein Trost ist: Ich hatte auch nie viel Glück mit meinen Romanzen.« Mit diesen Worten riss Talia mit beiden Händen an der Peitsche. Lirea taumelte über den Boden, und dann kletterte Talia aus dem Fenster und zerrte die Meerjungfrau hinter sich her.
*
    Alles verschwamm Schnee vor Augen. Da war zu viel Magie, waren zu viele Zauber, um ihnen entgegenzuwirken. Drei Morverens schienen vor dem Turm zu schweben, und die Zahl der Undinen zählen zu wollen, die gegen Danielle und Varisto kämpften, konnte sie sich gleich aus dem Kopf schlagen. Sie schloss die Augen und löste einen weiteren Sonnenlichtausbruch aus ihrem Halsband aus, der reichte, um die Undinen abzulenken und ihren Gefährten einen zeitweiligen Vorteil zu verschaffen, aber mehr konnte sie nicht tun.
    Sie spürte, wie Morveren in den Turm griff und versuchte, sich einen Weg in Lireas Verstand zu verschaffen. Morveren war weitaus erfahrener als Schnee und ihre Berührung federleicht. Einen Faden nach dem anderen webte sie ihr Netz um Lireas Willen herum.
    Schnee konzentrierte sich auf den Becher und versuchte, einen magischen Wall zu errichten, um Morverens Verbindung zu Gustan zu trennen. Ohne diese Verbindung müsste es ein sehr befriedigendes Knirschen geben, wenn Morveren auf den Felsen unter ihr fiel. Aber Morveren durchbrach den Wall mit Leichtigkeit, indem sie die Lücken zwischen Schnees imaginären Backsteinen erweiterte.
    »Macht ist Geschicklichkeit untergeordnet!«, rief Morveren. Auf ein Zeichen von ihr stürzte einer ihrer Luftgeister fort, und gleich darauf regneten Steine und Sand auf Undinen wie Menschen gleichermaßen herab. Das Schlimmste davon bekamen die Menschen ab, weil sie sich nicht wegdrehen konnten, um ihre Gesichter zu schützen, ohne sich eine Blöße zu geben.
    »Vielleicht.« Schnee nahm den grünen Seelenkrug heraus, den sie von Morverens Schiff mitgenommen hatte. Noch ein paar Tage mehr, und sie hätte rausgekriegt, wie er funktionierte, da war sie sich ganz sicher.
    Schnee biss in den Stöpsel und spuckte ihn aus. Unter gesenkten Wimpern schaute sie angestrengt durch das schwache Netz von Morverens Magie, das im Innern des Krugs gesponnen war. Sie schloss die Augen ganz, griff mit einem Finger in den Krug und riss ein Loch in die Bande, die diese Seele mehr als hundert Jahre lang gefangen gehalten hatten. Der befreite Geist stürmte vorbei, was sich wie heißer Samt auf ihrer Haut anfühlte. Es war Macht in dieser Seele, aber Schnee erlaubte ihr, zu entkommen.
    Varisto
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