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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden
Autoren: Dan Simmons
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sein, du Miststück. Ich sage dir, du hast hier keine Macht. Ich werde mich gleich um dich kümmern.«
    Byron Trumbo und Cordie hörten das Donnern, bevor sie die Hitze fühlten. Etwas kam mit der Geschwindigkeit und dem Lärm eines Güterzugs durch den Lavatunnel auf sie zugeschossen. Plötzlich beleuchtete ein orangefarbener Schimmer die Wände.
    »Lava!« schrie Trumbo und wollte weglaufen. Es blieb keine Zeit.
    Kamapua’a lachte und zeigte Pele seine Kehrseite. »Tu, was du willst, Miststück. Sie werden durch meine Zähne sterben, bevor dein lächerliches Feuer uns erreicht.« Der Eber grunzte und stürzte sich mit einem Satz auf Cordie.
    Cordie hatte die Flasche mit Eleanors Seele aus ihrer Tasche geholt, und jetzt entkorkte sie sie. Eleanors Geist quoll heraus und wallte wie Rauch in einem Strudel umher.
    Der Eber kam schlitternd zum Stehen. Andere Geister flatterten und schwebten nun ebenfalls nervös umher, aufgeschreckt von der herannahenden Lava. Der orangefarbene Feuerschein war stärker geworden, und die Hitze war schier unerträglich.
    »Aus dem Weg, verdammt noch mal«, donnerte der Eber, als Eleanors Geist wabernd zwischen ihm und Cordie schwebte. Keine dreißig Zentimeter trennten die geifernden Hauer des Ebers von Cordies Gesicht, aber der gespenstische Nebel blockte ihn bei jedem Zuschnappen ab.
    »Du darfst sie nicht anrühren«, sagte Cordie mit zaghafter Stimme. »Pele hat es so bestimmt.«
    Kamapua’a stieß ein donnerndes Brüllen aus, und Teile der Höhlendecke stürzten herab. Der Eber wirbelte herum und ging zum Angriff auf den benommenen Byron Trumbo über. Der Feuerschein der herannahenden Lava beleuchtete die Höhle wie ein orangefarbener Suchscheinwerfer.
    Eleanors Geist bewegte sich wie Quecksilber, schob sich zwischen das Ungeheuer und den Mann. Abermals mußte Kamapua’a schlitternd zum Stehen kommen, um nicht gegen das unantastbare kapu der Göttin Pele zu verstoßen. Das Ungetüm wandte sich wieder zu Cordie um, die ungeschützt dastand. Hinter ihr war jetzt die Lava zu sehen, die wie eine Hochofen tsunami aus geschmolzenem Fels um die Biegung der Höhle schoß. Cordies Strohtasche begann zu qualmen.
    »Schnell«, drängte die junge Hawaiianerin. »Kommt zu mir.«
    Cordie schoß links an dem Eber vorbei, Trumbo rechts. Kamapua’a schwenkte in Cordies Richtung, doch Eleanors Geist blockte ihn ab; er drehte sich um und wollte Trumbo mit seinen Zähnen packen, aber wieder kam ihm das gespenstische Rauchwesen zuvor. Die Hufe des Ebers trommelten und hallten auf dem Basalt. Die beiden Sterblichen waren zu schnell. Als sich das monströse Schwein endlich auf seinen merkwürdig dürren kleinen Beinchen umgedreht hatte, waren Cordie und der Milliardär schon die letzten zwanzig Schritte gesprintet und standen neben der Hawaiianerin.
    »Nein« schrie der Eber, und das Echo erschütterte die Höhle stärker als jedes Erdbeben. Kamapua’a senkte seinen massigen Schädel, scharrte in der Erde und stürmte los wie ein zu groß geratener Stier in einer zu klein geratenen Arena. Cordie und Trumbo zuckten zusammen, aber das Ungeheuer prallte knapp einen Meter vor der wunderschönen hawaiianischen Maid gegen eine unsichtbare Barriere.
    Die Hawaiianerin hob die Hände. Ihre Stimme war ebenso lieblich wie ihr Anblick.
     
    »O Gipfel des Kilauea!
    O ihr fünf Felskämme des Kraters!
    Der Himmel erwacht.
    Die Erde ist erwacht.
    Das Meer ist erwacht.
    Ich, Pele, bin die Göttin.
    Dies ist mein Werk.
    Ich bringe das Feuer.
    Ich bringe die Flamme des Lebens.
    E ala e! Erwachet, ihr Flammen! Erhebe dich,
    Lava!
    Das kapu der Schändung und des Todes ist vorbei.
    Es ist aufgehoben.
    Es ist davongeflogen.«
     
    Die haole- Geister flatterten um Pele, Cordie und Trumbo wie wirbelnder Rauch, erfüllten die Luft um sie herum. Eleanors Geist strömte zurück in die wartende Weinflasche. Cordie schlug den Korken mit dem Handballen wieder in den Flaschenhals. Abermals ließ Kamapua’as donnerndes Gebrüll die Höhle erbeben. Gesteinsbrocken regneten herab, Felsspalten taten sich auf. Die Lavawand legte die letzten zwanzig Meter beinahe zu schnell für das menschliche Auge zurück.
    Cordie sah, wie die Borsten des Ebers, einen Augenblick bevor die Lava ihn verschlang, Feuer fingen, doch dann kauerte sie sich auch schon selbst zusammen, die Augen fest zusammengekniffen, spürte die Hitze des geschmolzenen Gesteins und fragte sich, ob ihr letzter Gedanke wirklich nichts Profunderes als Scheiße! sein
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