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Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Titel: Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)
Autoren: Dirk Bongardt
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Piercington wieder zu uns. Mit wichtigem Gesicht bat er uns, nach der Nachmittagsschicht zu einer Gemeinde- und Arbeiterversammlung in die inzwischen zum größten Teil fertiggestellte Kirche zu kommen – nicht zu einer Trauerandacht dieses Mal, sondern zu einer Wahl, die über das Wohl und Wehe Alamosas entscheiden sollte. Er trug reichlich dick auf, aber mir gefiel der Zeitpunkt. So lange noch allen frisch im Gedächtnis war, was für einen Helden sie in mir hatten, stand meiner Wahl zum Sheriff nicht viel im Wege.

    Die Zeit bis dahin verbrachte ich mit dem Reinigen, Ölen und neuen Laden meines Colts. Dann nahm ich mir die Papiere vor, die ich im Versteck der Banditen gefunden hatte. Es waren Dokumente von der Art, die eigentlich nur ein Rechtsverdreher so richtig versteht. Ein gelernter Kuhtreiber wie ich hatte da eigentlich keine Chance, und ganz sicher hätte ich die Papiere bald widerwillig zur Seite gelegt, wenn nicht in einigen der Dokumente ein Name gefallen wäre, der bei mir die Glocken zum Läuten brachte. Ich faltete den Stapel und ging damit zur Bürobaracke der Denver & Rio Grande Railway. Ich hatte Glück: Piercington war da und nahm sich die Zeit für ein Gespräch unter vier Augen.

    Irgendwann läutete die Glocke das Ende des Arbeitstages ein, und kurz darauf trafen sich – mit Ausnahme einiger Männer, die als Wachtposten ausgewählt worden waren – die Bürger und Arbeiter im Rohbau der Kirche von Alamosa. Die Zusammenkunft nahm wenig Zeit in Anspruch, denn auf der Tagesordnung stand lediglich die Wahl des Sheriffs, und auf der Wahlliste lediglich mein Name. Die Entscheidung fiel ohne eine Gegenstimme, gleich danach durfte ich nach vorn treten und den Eid auf das Recht und die Verfassung der Vereinigten Staaten ablegen, den Piercington mir Satz für Satz diktierte. „Ich, Al Thomas, schwöre...“ - ist man an einen Eid gebunden, den man unter falschem Namen abgelegt hat? So lange ich Al Thomas war und den Stern trug, den Piercington mir an die Brust heftete, nahm ich mir vor, würde ich den Eid halten und in dieser Stadt für Recht und Ordnung sorgen. Aber keine Minute länger.

    So kurz die Wahl gewesen sein mochte, so ausgiebig war die Feier danach. Ich kann mich nicht an einen Mann erinnern, der an diesem Abend nicht mit mir hätte trinken wollen. Nun war ich nie einem guten Schluck abgeneigt gewesen und bilde mir ein, einiges zu vertragen, aber an diesem Abend trank ich bis an meine Grenze, und dann trank ich weiter, bis ich die Grenze als kleinen Punkt am Horizont verschwinden sah. Was danach geschah, kann ich nur so wiedergeben, wie es mir der zappelige Will und der rotbärtige Riese Pete am nächsten Morgen erzählt haben, während Gordon die Angelegenheit wohl eher peinlich erschien. Ich soll schmutzige Lieder aus New Mexico zum besten gegeben haben, ich soll Pete zum Armdrücken herausgefordert und verloren haben, ich soll Piercington ultimativ aufgefordert haben, jetzt endlich die Damen nach Alamosa zu holen, wir würden sie schon mal für die Gleisarbeiter anwärmen, und ich soll noch verschiedene andere Dinge gesagt, getan und gesungen haben, bis ich umgefallen und hundert Fuß vor der Schlafbaracke in tiefen Schlaf gesunken sei. Pete und Gordon hätten mich dann auf die Pritsche getragen.

    Ob das alles der Wahrheit entsprach? Ich weiß es nicht. Ich wollte es auch gar nicht wissen, ich wollte bloß, dass der Lokführer, der mit seiner Lokomotive durch meinen Schädel raste, wenigstens aufhörte, ständig die Dampfpfeife zu betätigen.

    Dem Himmel sei Dank war ich jetzt Sheriff und konnte mich vorerst dorthin zurück ziehen, wo der Lärm noch einigermaßen auszuhalten war, während die Arbeiter sägten, hämmerten, Pfosten einschlugen, kurz Dinge taten, die mir an diesem Morgen die Hölle auf Erden bereitet hätten. Durch deren Schädel fuhren ja auch keine Lokomotiven.

    Der Dynamit-Schuppen war auch in der vergangenen Nacht unangetastet geblieben. Die Falle, die ich mit Hank Butch ausgeheckt hatte, war, wie es schien, doch keine so große Verlockung für den Saboteur. Vielleicht hatte er bis jetzt ja auch keine Gelegenheit gehabt, oder er hatte den Braten gerochen. Das wäre schlimm gewesen: Mir sind Verräter lieber, die mit falschem Dynamit versuchen, eine Stadt in die Luft zu jagen, als solche, die mit echtem Gift versuchen, ihre Mitbürger um die Ecke zu bringen.

    Nachdem ich es mir eine Zeit lang auf der Veranda des Sheriff's Office bequem gemacht hatte, entschloss
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