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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe
Autoren: James King
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selbst für einen Moment wie verwandelt war. Mit einem Lächeln auf den Lippen beobachtete sie
     der Gentleman. Er verbeugte sich leicht.
    »Mein Name ist Mitchell.«
    April fand sich verstrickt in eine dieser schrägen Erwachsenensituationen und wusste, dass sie jetzt nur etwas ganz Einfaches
     sagen musste, etwas wie – puh! – »Ich bin April.« Und ebenso wusste sie, dass sie den Mann mit seinem Vornamen anreden sollte,
     aber er war doch viel zu alt, als dass sie ihm beim Vornamen hätte nennen dürfen. Oder war Mitchell sein Nachname? Manchmal
     trieben Erwachsene ja solche Spielchen mit einem.
    Weil ihr partout nichts anderes einfiel, streckte sie die Hand aus. Der Mann lächelte, kam auf April zu und schüttelte sie.
     »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte er.
    April sah, dass ihr Großvater immer noch mit dieser Frau Händchen hielt, aber dabei ließ er Mitchell keinen Moment aus den
     Augen, so als wolle er im nächsten Moment aus seinem Stuhl springen und einen Kung-Fu-Tritt oder dergleichen ansetzen.
    »Grandpa!«
    Mitchell hob eine Hand und streckte den Zeigefinger ein wenig vor, so als wolle er sie beruhigen. Oder vielleicht wollte er
     ja auch ihren Großvater beruhigen. Jedenfalls sprach er ihn jetzt an. »Wir machen uns nur miteinander bekannt«, sagte er.
     »Wie ich sehe, hat Ihre Enkelin ihre guten Manieren von Ihnen.«
    »Verdammt richtig«, antwortete ihr Großvater und warf der Frau einen Seitenblick zu, so als wolle er sich vergewissern, dass
     sie das Kompliment auch gehört hatte. Die Frau lächelte immer noch einen unbestimmten Punkt in der Ferne an. April meinte
     zu sehen, wie sie ihrem Großvater die Hand drückte.
    Mitchell lächelte und machte April unauffällig Zeichen, ihm zu folgen. Neben einem Stapel Bücher zog er für sie einen Stuhl
     zurück. Während sie sich hinsetzten, flüsterte April: »Tut mir leid. Sonst ist er überhaupt nicht so.«
    »Da bin ich mir sicher, April«, antwortete Mitchell. »Machen Sie sich keine Gedanken.«
    April sah ihn an.
    »Woher wissen Sie meinen Namen?«
    Der Mann lächelte wieder. Seine weißen Zähne waren ebenso makellos wie seine Kleidung und seine Manieren. »Ihr Großvater spricht
     oft über seine Kinder. Und ich nehme an, eines von diesen Kinder ist vermutlich Ihr Vater oder Ihre Mutter.«
    April nickte. »Marcy.«
    Mitchell nickte wissend zurück. »Aber seine Lieblingsgeschichten scheinen doch die über seine Enkeltochter zu sein. Sie sollten
     ihn mal hören:
April hier, April da
. Ich dachte mir schon, dass Sie das sind. Sie müssen ja ein ganz besonderes Fräulein sein. Ich bin hocherfreut, Sie kennenzulernen.«
    »Dito«, sagte April und wünschte sich, sie hätte höflichere und geschliffenere Umgangsformen. Dito hörte sich an, als sei
     sie ebenfalls hocherfreut, Mitchell kennenzulernen. Ob sie solche Situationen wohl jemals ungezwungen meistern würde?
    »Stimmt es wirklich, dass Sie einem Polizisten gesagt haben, er solle sich zum Teufel scheren?«, fragte Mitchell.
    Als April darauf nur den Kopf schütteln konnte, lachte er.
    »Er erzählt gern Geschichten, nicht wahr?«
    »Wem sagen Sie das?«, antwortete April.
    »Oh, mir gefallen sie. Natürlich erzählt er sie nicht mir. Aber wenn ich eine Weile nur ganz still dagesessen habe, fängt
     er an zu plaudern. Es scheint ihn zu beruhigen. Was aber noch wichtiger ist, wenn Sie mir diese Selbstsucht verzeihen – Sie
     beruhigen meine Gattin.«
    Seine Gattin? April blickte hinüber zu der Frau, die die Hand ihres Großvaters hielt. Was machte der liebe Gott denn da mit
     ihr? Als sie hereingekommen war, hatte sie diesen Tag noch voll im Griff gehabt, und jetzt passierte eine Sache nach der anderen,
     die sie vom Hocker haute. Als Nächstes würde Mitchell ihr womöglich noch eröffnen, dass er ihr Großonkel war.
    April fiel partout nichts ein, was sie sagen sollte. Ihr Großvater flüsterte der Frau gerade etwas zu. Die Frau nickte lächelnd
     und glotzte dabei weiter vor sich hin. April fragte sich, ob sie wirklich seine Worte verstand oder nur auf etwas in der Stimme
     ihres Großvaters reagierte, das sie vielleicht an irgendeine Begebenheit von vor fünfzig oder mehr Jahren erinnerte.
    Schließlich machte April den Mund auf.
    »Stört Sie das denn gar nicht? Die beiden da … ich meine … dass sie Händchen halten?«
    Mitchell lächelte. »Wie ich schon sagte, es scheint sie zu beruhigen. In diesem Stadium ist das das Einzige, worauf es noch
     ankommt.«
    April fragte
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