Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe
Autoren: James King
Vom Netzwerk:
an, aber April hatte den Eindruck, als versuche er gar nicht erst herauszubekommen,
     was das war.
    »Erinnerst du dich noch an meine ersten Fahrstunden bei dir? Die ganze Sache mit dem Unfall und dem Krankenhaus? Wie Mom dir
     die Hölle heiß gemacht hat?« April wartete. Langsam wurde sie ungeduldig. »Deine Tochter, Grandpa! Marcy!«
    Ihr Großvater sah auf. April dachte, jetzt sei sie endlich zu ihm durchgedrungen.
    »Wo ist Clare?«, fragte er.
    April seufzte. Sie hatte gehofft, ihn in besserer geistiger Verfassung anzutreffen. Und nicht etwa nur, damit er sich über
     ihren Führerschein freuen könnte, sondern auch, weil doch Onkel Mike kam. Wenn er Onkel Mike sowieso nicht wahrnahm, warum
     sollte Onkel Mike ihn dann überhaupt noch einmal besuchen kommen? Im Geiste hörte sie ihren Onkel schon genau diese Frage
     stellen. Wegen der Vorbereitungen zum achtzigsten Geburtstag ihres Großvaters hatte sie ihn inzwischen durch Emails und SMS
     viel besser kennengelernt. Als sie ihm auf die Voicemail gesprochen hatte, dass er nach Woodlake kommen solle, hatte er eine
     SMS zurückgeschrieben, über welches Überraschungsgeschenk sich wohl ein Mädchen in ihrem Alter freuen würde. April fand es
     cool, dass er mit SMS umgehen konnte, aber offenbar hatte er nicht kapiert, zu wessen Feier er eingeladen war.
    Grpas gebtag, n meiner
, textete sie zurück.
    Fr m tochter, n fr dich
, kam die Antwort.
    Je näher der Tag rückte, desto öfter tauschten sie Nachrichten über SMS und Email aus. April erfuhr, dass er irgendwo in ChicagoArbeit gefunden hatte und jetzt Zeugs übers Telefon verkaufte … irgendwas mit Geld, mehr hatte sie nicht kapiert. Er gab es
     zwar nie offen zu, aber aus seinen Fragen – Welche Bands mögen die Jungs von heute? Für welchen Laden hätte ein Mädchen deines
     Alters gerne einen Einkaufsgutschein? – schloss April, dass ihr Onkel wohl versuchte, seine Familie zurückzugewinnen. Es hörte
     sich nicht so an, als hätte er dabei großen Erfolg.
    Evt mal zus setzen + reden?
, schlug sie vor.
    Tante Col kratzt mir Augen aus, antwortete er.
Zu Recht.
    Dieses
zu Recht
war einer der Gründe, warum April ihren Onkel mochte, selbst nachdem sie von ihrer Mutter genau erfahren hatte, warum Tante
     Colleen Onkel Mike womöglich ans Leder wollte.
    »Wo ist sie?«, wollte ihr Großvater inzwischen lauthals wissen. »Sie sollte doch hier sein.«
    Die Türen zur Bibliothek gingen auf. Ein Mann kam rückwärts herein und zog einen Rollstuhl hinter sich her. Als er den Rollstuhl
     umdrehte, sah April, dass es ein älterer, tadellos gekleideter Mann war, mit Schlips und Tweedsakko und einem weißen Taschentuch,
     das er sich in die Brusttasche seines Jacketts gesteckt hatte.
    »Sieh mal einer an«, sagte er mit tiefer, freundlicher Stimme. »Bill hat eine hübsche junge Besucherin.«
    Die Frau, die er jetzt heranschob, war offenbar viel zu sehr damit befasst, böse dreinzuschauen, um ihn zu hören. Sie hielt
     den Blick starr nach links gewandt. Auch sie war adrett gekleidet. April hatte den Eindruck, dass das auf das Konto des Mannes
     ging, obwohl er gar nicht angezogen war wie die anderen Krankenwärter. Vielleicht half er ja nur aus.
    »Hallo, mein Fräulein.«
    «Hi«, piepste April, während der Mann die Frau an ihr vorbeirollte.Als sie bei ihrem Großvater angekommen waren, drehte der Gentleman – denn als solchen nahm April ihn jetzt schon wahr – ihren
     Stuhl so, dass die Frau und ihr Großvater nebeneinander saßen.
    »Da wären wir«, sagte er. Seine Stimme klang wie ein sanftes Donnergrollen nach einem Gewitter.
    Und dann blieb April schier die Luft weg, als sie sah, wie ihr Großvater beide Hände ausstreckte, die Hand der Frau nahm und
     sie zwischen seine nahm.
    »Wo warst du denn, Clare?«, fragte er mit einer Stimme, die April noch nie an ihm gehört hatte. »Ich warte schon so lange.«
    Der finstere Blick der Frau verschwand. Sichtlich entspannten sich ihre Gesichtszüge, beinahe so, als lege sie einen Wintermantel
     ab. Sie lächelte. April meinte fast, irgendeiner Wunderheilung beizuwohnen, dem Beweis für eine von diesen Geschichten, wie
     man sie manchmal im Fernsehen oder Radio unter Gesundheitstipps hörte: Schon so etwas Einfaches wie Händchenhalten kann Sie
     um Jahre verjüngen, in ein missgestimmtes Gesicht ein strahlendes Lächeln zaubern, Verspannungen in Rücken und Schultern lösen
     und dafür sorgen, dass Sie sich wieder pudelwohl fühlen.
    April merkte, dass sogar sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher