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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers
Autoren: Joseph Delaney
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Dunkelheit gegenübertrat.
    Doch ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Plötzlich begann die Hexe zu lächeln und ihre Augen hörten auf zu glühen. Die Schlangen wanden sich nicht mehr und verwandelten sich zu schwarzen Haaren und die verzerrten Züge glätteten sich zu einem außerordentlich hübschen Gesicht. Ich betrachtete die spitzen Schuhe, die ich so gut kannte. Es war Alice, die mich anlächelte.
    Ich erwiderte ihr Lächeln nicht. Ich konnte sie nur entgeistert anstarren.
    »Freu dich, Tom«, sagte sie. »Ich habe ihnen so viel Angst eingejagt, dass sie uns nicht folgen werden. Du bist jetzt in Sicherheit. Du musst dir keine Sorgen mehr machen.«
    »Was hast du getan, Alice?«, fragte ich kopfschüttelnd. »Ich habe das Böse gespürt. Du hast ausgesehen wie eine maligne Hexe! Dazu musst du schwarze Magie eingesetzt haben!«
    »Ich habe nichts Falsches getan, Tom«, erwiderte sie und begann, meine Fesseln zu lösen. »Die anderen haben Angst gekriegt und die hat sich auf dich übertragen. Eigentlich ist es nur eine optische Täuschung …«
    Voller Entsetzen wich ich von ihr zurück.
    »Das Mondlicht zeigt die wahre Gestalt der Dinge, das weißt du, Alice. Das ist etwas, was du selbst mir erzählt hast, als wir uns kennenlernten. Also, was habe ich da gerade gesehen? Das, was du wirklich bist? Habe ich die Wahrheit gesehen?«
    »Nein, Tom, sei nicht albern. Ich bin es nur, Alice. Wir sind doch Freunde, oder? Du solltest es wirklich langsam besser wissen. Ich habe dir mehr als einmal das Leben gerettet. Ich habe dich vor der Dunkelheit gerettet. Es ist nicht fair, mir jetzt Vorwürfe zu machen. Nicht jetzt, wo ich dich schon wieder gerettet habe. Wo wärst du denn jetzt ohne mich? Das kann ich dir sagen – auf dem Weg in einen Krieg, aus dem du vielleicht nie zurückgekommen wärst.«
    »Wenn der Spook das gesehen hätte …«
    Ich schüttelte den Kopf. Das wäre mit Sicherheit das Ende von Alice gewesen. Das Ende ihrer Zeit bei uns. Vielleicht hätte mein Meister sie für den Rest ihres Lebens in eine Grube gesperrt. Denn das tat er für gewöhnlich mit Hexen, die schwarze Magie einsetzten.
    »Komm schon, Tom. Lass uns hier verschwinden und wieder nach Chipenden gehen. Mir wird langsam kalt.«
    Mit diesen Worten schnitt sie meine Fesseln durch und wir gingen zum Haus des Spooks zurück. Ich trug den Sack mit dem Rest unserer Vorräte, während wir schweigend durch den Wald gingen. Ich war immer noch nicht glücklich über das, was ich gesehen hatte.
    Auch am nächsten Morgen beim Frühstück fragte ich mich immer noch, was Alice eigentlich getan hatte.
    Der Hausboggart des Spooks bereitete unsere Mahlzeiten zu. Meist war er unsichtbar, doch gelegentlich nahm er die Gestalt einer roten Katze an. An diesem Morgen hatte er mir mein Lieblingsfrühstück gemacht – doch so schlecht zubereitet hatte ich es selten gegessen. Wenn er sich über etwas aufregte, kochte der Boggart manchmal sehr schlecht. Er schien Dinge zu spüren, ohne dass man ihm etwas erzählte. Ich fragte mich, ob er dieselben Sorgen hatte wie ich: Alice.
    »Als du gestern die Lichtung betreten hast, hast du mir Angst eingejagt, Alice. Richtige Angst. Ich habe geglaubt, vor mir stünde ein maligne Hexe – von einer Art, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Genau so hast du ausgesehen. Du hattest Schlangen statt Haare auf dem Kopf und dein Gesicht war hassverzerrt.«
    »Hör auf herumzunörgeln, Tom. Das ist nicht fair. Lass mich gefälligst in Ruhe frühstücken.«
    »Nörgeln? An dir muss man herumnörgeln. Was hast du getan, los, sag es mir!«
    »Nichts! Ich habe gar nichts getan! Lass mich in Ruhe! Bitte, Tom, es tut weh, wenn du so mit mir redest.«
    »Und mir tut es weh, wenn man mich anlügt. Du hast etwas getan und ich will genau wissen, was!« Ich hielt inne, zornbebend, und bevor ich es verhindern konnte, entfuhren mir die Worte: »Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, Alice, dann kann ich dir nie wieder vertrauen!«
    »In Ordnung, schon gut, ich sage dir die Wahrheit«, rief Alice mit Tränen in den Augen. »Was sollte ich denn tun, Tom? Wo wärst du jetzt, wenn ich nicht gekommen wäre, um dich zu holen? Es ist doch nicht meine Schuld, wenn du Angst gekriegt hast. Das war doch für sie bestimmt, nicht für dich.«
    »Was hast du benutzt, Alice? War es schwarze Magie? Etwas, was Knochenlizzie dich gelehrt hat?«
    »Nichts Besonderes. Eine Art Blendung oder Faszination, das ist alles. Nennt sich Grauen. Es macht Leuten Angst und
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