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Die Farbe Des Zaubers

Die Farbe Des Zaubers

Titel: Die Farbe Des Zaubers
Autoren: Robert Asprin
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durch das Tor. Er vergewisserte sich, daß es verschlossen wurde, ehe er fortfuhr:
    »Während Ihr weg wart, ist in der Stadt die Hölle ausgebrochen. Doch darüber können wir uns nachher unterhalten. Sucht lieber erst Euren Vater auf. Lowan Vigeles war fast krank vor Sorge um Euch.« Er zog die Brauen zusammen und sagte beinahe vorwurfsvoll: »Ihr hattet versprochen, vor Wintereinbruch zurück zu sein!«
    »Etwas Wichtiges kam dazwischen«, verteidigte sie sich und mied seinen Blick. Sie streckte den Arm aus. Im Schein der Fackeln, die den Innenhof schwach erhellten, schimmerten die Ringe ihrer Rüstung. Wieder pfiff sie. Es war unmöglich, den Vogel im Dunkeln zu sehen, aber sie hörte das weiche Schlagen seiner Flügel, spürte den Luftzug an ihrer Wange, als er sich auf seinem vertrauten Platz auf ihrem Handgelenk niederließ. Chenaya zog einen Riemen aus ihrem Gürtel und legte ihn um Reyks Bein. Aus einer Tasche fischte sie die Haube, die sie ihm überstülpte. Erst dann übergab sie ihn Dayrne. »Laß ihm sofort die Krallen waschen.« Sie streichelte ihren gefiederten Freund. »Er hat mir einen vom Leib gehalten. Sieh zu, daß das Blut nicht verkrustet. Und jemand soll sich um das arme Pferd kümmern. Es mußte den ganzen langen Weg uns beide tragen.«
    Chenaya faßte ihre Reisebegleiterin am Ellenbogen und führte sie über den Hof. Dayrne erteilte den anderen Männern rasch die nötigen Befehle und folgte den beiden. Während sie den Hof überquerten, bemerkte sie, wie weit der Wiederaufbau des alten Landsitzes vorangeschritten war. Landende nannten die Einheimischen ihn, sie konnte sich nicht vorstellen, warum.
    Licht fiel durch eine offene Tür. Sie trat in eine große Eingangshalle und blickte auf die breite Wendeltreppe, die an der Ostwand hochführte. Lowan Vigeles stand am Kopfende. Er wirkte bei ihrem Anblick sehr erleichtert, trotzdem konnte er seinen Ärger nicht unterdrücken.
    Zwei ihrer Gladiatoren, die ehemaligen Diebe Dismas und Gestus, standen wie gewohnt links und rechts von ihm. Während einer möglichen Gefahr durfte Lowan nicht unbeschützt sein. Doch da war noch jemand oben an der Treppe, den sie kaum wahrnehmen konnte.
    Lowan stieg die Treppe hinunter und blieb auf halber Höhe stehen. »Du warst viel länger fort als die ausgemachten drei Monate, Tochter!« Seine Stimme klang scharf, und doch schwang ein Ton der Freude in ihr. »Du hast dein Versprechen gebrochen. Längst hättest du zurück sein müssen!« Dann übermannte ihn die Wiedersehensfreude. Er streckte die Arme aus. »Willkommen daheim!«
    Chenaya öffnete ihren Waffengürtel und ließ ihn am Fuß der Treppe fallen. Sie stürmte zu ihrem Vater hinauf, warf die Arme um seinen Hals und drückte den Kopf an seine Schulter. Lowan Vigeles war ein hochgewachsener Mann, doch in den vergangenen Monaten hager geworden. Er hatte abgenommen, und die Farbe hatte seine Wangen verlassen. »Du hast dir zuviel Sorgen gemacht!« tadelte sie ihn so leise, daß nur er es hören konnte.
    »Wieviel ist zuviel?« entgegnete er und ließ wieder eine Spur seines Ärgers durchblicken. »Alles ändert sich, Chenaya. Das Gesetz gilt in dieser Stadt nichts mehr! Im ganzen Reich ist die Hölle ausgebrochen! Du hättest tot und schon verscharrt sein können, ohne daß ich es je erfahren hätte!«
    »Tut mir leid, Vater.« Das meinte sie ehrlich. »Es war nicht zu ändern. Du weißt, daß ich heimgekommen wäre, wenn ich gekonnt hätte!« Sie bedauerte, daß er ihretwegen gelitten hatte, und sie wußte, daß er sich Sorgen gemacht hatte, aber sie war kein Kind mehr und ließ sich auch nicht wie eines behandeln, nicht einmal von ihrem Vater. Daran wollte sie ihn erinnern, doch da sah sie die Dame am Ende der Treppe.
    Sie hätte nicht überraschter sein können. Abrupt grinste sie. Chenaya war seit langem gegen jedes Entsetzen gefeit, aber der Gedanke amüsierte sie sehr, daß ihr Vater etwa gar seinem eigenen Bruder Hörner aufsetzte.
    »Guten Abend, Tante Rosanda«, sagte sie unbefangen. »Wie geht es Onkel Molin?«
    Rosandas scheues, schwaches Lächeln machte einer Verlegenheit Platz. Dann errötete die Ältere heftig und floh aus Chenayas Blickfeld.
    Die Tochter zwinkerte ihrem Vater zu. »Eine kleine Ablenkung, um dich die Sorgen vergessen zu lassen, hm?«
    Lowan tippte ihr leicht an die Stirn. »Keine Unverschämtheiten, Kind! Sie und Molin haben sich getrennt, und deine Tante ist völlig aus dem Gleichgewicht! Sie bleibt ein paar Tage hier, bis sie
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