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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere
Autoren: Cynthia Webb
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mit ihrem Leben nun endlich anfangen, was sie wollten. Aber Paps war ein knallharter Scheißkerl gewesen, und Russo war sicher, der alte Mann würde ihn unverzüglich heimsuchen, wenn er irgendetwas anderes machte als das, was er jetzt tat. Nicht, dass Russo das je ernstlich in Erwägung gezogen hätte.
    Im ersten Tageslicht waren die hässlichen Konturen des Viertels noch verschwommen, die Straßen ruhig. Die beste Zeit des Tages, dachte er. Und dann: Der Kerl, der das getan hat, ist irgendwo da draußen. Und Russo hatte ihn nach dem ersten Mal nicht erwischt. Sicher, es gab noch andere, denen das mit anzulasten war, wenn er so wollte. Aber er, Russo, nahm es immer persönlich.
    Jemand hatte ein Messer genommen und den Jungen da hinter ihm abgeschlachtet, buchstäblich geschlachtet, und dieser Jemand war unterwegs auf diesen Straßen, in denen es jetzt gerade hell wurde. Russo musste ihn kriegen. Die Sonne stand inzwischen hoch genug, dass er den Müll auf den Gehwegen erkennen konnte. Und wieder fühlte er das Summen in seinen Adern.
    Russo drehte sich um und sah nach, was Malone trieb. Sie sprach immer noch mit Fogey, die gerade die nächste Zigarette ausmachte. Er rief: »Fogey, wenn das Ihre Methode ist, aufzuhören, wird Sie das ein Vermögen kosten. Weiterrauchen ist billiger.«
    Drei Wochen später fanden sie den dritten Jungen. Auf einem leeren Abrissgrundstück hinter einem Schutthaufen. Inzwischen nannten sie den Täter Jack. Ihm einen Namen zu verpassen machte es erträglicher, gab ihrem Hass eine Art Ziel. Seit dem Tag, als sie die zweite Leiche gefunden hatten, verbot Russo seinen Kindern, auf der Straße herumzuhängen. Er wollte auch nicht, dass sie nach Einbruch der Dunkelheit noch Freunde besuchen gingen.
    An diesem Abend kam Russo spät nach Hause. Der Kick war längst verflogen, die Frustration hatte eingesetzt. Er hatte den Scheißkerl nicht gekriegt, und der Scheißkerl hatte es wieder getan. Dieses Schwein spielt mit mir, dachte Russo.
    Rosemarie war in Sorge, weil sie Andy erlaubt hatte, zum nächsten Häuserblock zu gehen und mit einem anderen Kind an seinem Wissenschaftsprojekt zu arbeiten. Schließlich war Russo zu selten da, um ihm bei seinen Schulaufgaben eine Hilfe zu sein, daher fand sie, das müsste sie ihm zubilligen.
    Das ging schon in Ordnung. Denn sie hatten jetzt drei Morde und ein klares Muster. Die körperlichen Merkmale der Opfer zeigten deutlich einen bestimmten Typ – Schwarze oder dunkle Latinojungs zwischen dreizehn und sechzehn Jahren. Alle klein und schmächtig, für ihr Alter eher unterentwickelt.
    Andy war erst elf und rundlich, und Johnny Junior war ein großer Junge, breitschultrig und muskulös vom regelmäßigen Krafttraining. Vor allem aber kamen die Opfer nicht aus Familien, wie er und Rosemarie für ihre Kinder eine geschaffen hatten. Es waren Kids, die auf der Straße lebten oder in überfüllten engen Wohnungen. Zu viele Leute und immer zu wenig Geld. Der letzte Junge hatte in einer Art Jugendasyl gehaust, so schlecht stand es um ihn. Jack machte Jagd auf Kids aus einem anderen Leben. Von ihrer Realität so weit entfernt, als lebten sie in einem anderen Land.
    Als Russo ihr das erklärt hatte, sprach Rosemarie ein leises Dankgebet und schämte sich dabei. Schämte sich, weil sie so dankbar war, dass nur anderer Leute Kinder in Gefahr waren, dass nur andere Mütter krank vor Sorge sein mussten.
    Russo setzte sich mit einem Bier an den Tisch und dachte an die Gegend, wo sie den dritten Jungen gefunden hatten. Als er während der mittlerweile vertrauten Routinechecks mit Malone in der Gasse herumstand, hatte sie gefragt: »Glaubst du, das ist jetzt der Letzte?«
    »Was redest du da?«, blaffte er ungläubig. »Fragst du mich im Ernst, ob ich glaube, der Kerl hat genug und hört einfach auf?«
    Sie starrte ihn an, empört, weil er überhaupt in Betracht zog, dass sie es so gemeint haben könnte. »Ich meinte hier. Der Letzte hier bei uns. Ich will nicht, dass er weggeht und woanders weitermacht. Ich will, dass er hierbleibt, wo wir ihn kennen, wo wir ihn schnappen können.«
    »Ich auch«, sagte ihr Partner grimmig. »Ich will, dass wir es sind, die das Schwein drankriegen.«
    »Hey«, sagte sie, »wir kriegen ihn schon noch.« Aber sie sagte nicht, dass sie ihn kriegen würden, bevor er die nächste Tat beging.

1
    Wenn man nur lange genug für die Stadt arbeitet, dachte Katherine, kriegt man doch gewisse Extras: Noch vor der Mittagspause darf man die
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