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Die Farbe der Ewigkeit

Die Farbe der Ewigkeit

Titel: Die Farbe der Ewigkeit
Autoren: Dana Kilborne
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Menschenmassen unter und wurde praktisch unsichtbar.
    Jeder andere Verfolger hätte in dem Gewirr aus dicht aneinandergedrängten, schwitzenden Menschenleibern vermutlich schon bald sein Ziel aus dem Auge verloren. Er aber konnte auf ein Werkzeug zurückgreifen, das weit verlässlicher war als das menschliche Auge.
    Die Luft war erfüllt von Geräuschen. Händler priesen lautstark ihre Waren an, Marktbesucher unterhielten sich, lachten und stritten miteinander. Fett zischte in den Pfannen und Töpfen der Garküchen, Hühner gackerten und Schweine grunzten. Niemand – nicht einmal die Menschen, die ganz in seiner Nähe standen – hörte das Schnüffeln des Vermummten.
    Der Meister nahm Witterung auf.
    In den engen Marktgassen der Altstadt von Tripoli herrschte ein Gedränge, wie Hope es noch nie erlebt hatte. Das hier schlug selbst den Andrang beim letzten Ausverkauf im Flagshipstore von Jimmy Choo auf dem Las Vegas Strip, zu dem sie ihre Schwester Katie begleitet hatte.
    Die Luft war flirrend heiß. Der Duft von exotischen Gewürzen und fremdartigen Speisen vermischte sich mit dem stechenden Geruch von Schweiß und Staub. Nadine, Shelly und Hope wurden von der Masse mitgezogen. Sie standen Ellbogen an Ellbogen, und es war gar nicht daran zu denken, an irgendeinem der Marktstände für einen Augenblick zu verweilen, um sich die Auslagen anzuschauen.
    Dabei gab es durchaus einiges zu sehen. Das Angebot reichte von frischen Früchten über Gemüse und Fleisch bis hin zu Kleidung und Tüchern aus herrlich glänzenden Seidenstoffen und kostbarem Schmuck. Doch Hope interessierte sich im Augenblick eigentlich nur für eines – nämlich dafür, so schnell wie möglich wieder aus diesem Gewühl herauszukommen. Sie litt zwar nicht direkt unter Platzangst, fühlte sich in beengten Räumen jedoch immer ein wenig unwohl. Und langsam, aber sicher spürte sie, wie ihr die Luft knapp wurde.
    Sie erschrak, als sie plötzlich von jemandem am Arm festgehalten wurde. Ein Händler in einem strahlend weißen Burnus stand vor ihr und redete in schnellem Arabisch auf sie ein.
    „Tut mir leid, aber ich verstehe nicht!“ Verzweifelt hielt sie nach Nadine und Shelly Ausschau, die offenbar gar nicht mitbekommen hatten, dass eine von ihnen verloren gegangen war.
    „Kaufen!“, sagte der Mann, der offenbar begriffen hatte, dass sie seiner Sprache nicht mächtig war, nun in gebrochenem Englisch. Dabei deutete er auf einen hohen Korb, auf dessen Boden zwei junge Kaninchen kauerten. „Gut Fleisch für Braten. Delikatesse!“ Er unterstrich seine Worte, indem er sich mit einer Hand über den Bauch strich. „Rôti de lapin, très dèlicieux!“
    Obwohl ihr die französische Sprache aus der Highschool nur bruchstückhaft in Erinnerung geblieben war, verstand sie, was der Mann ihr mitteilen wollte: Die Kaninchen waren für den Kochtopf gedacht!
    Sie schluckte. Wenn sie daran dachte, dass diese niedlichen Tierchen demnächst als Braten auf irgendeinem Teller landen sollten, wurde ihr ganz übel.
    Ohne lange zu überlegen, fragte sie: „Wie viel?“
    Als der Mann sie verständnislos anschaute, rieb sie Zeigefinger und Daumen aneinander. Sofort hellte sich seine Miene auf. Er nannte ihr eine unverschämt hohe Summe, doch Hope nickte.
    „Aber der Korb ist im Preis enthalten“, stellte sie klar. „Avec la … la corbeille – oui?“
    Der Händler war offenbar einverstanden, denn nachdem Hope ihm ein ansehnliches Bündel Scheine übergeben hatte, drückte er ihr das Behältnis mit den Kaninchen in die Hand.
    Irgendwie gelang es Hope, sich mitsamt ihrem Neuerwerb durch das Gewühl zu quetschen. Wieder draußen im Freien, atmete sie befreit auf.
    „Und nun?“, wandte sie sich an ihre beiden neuen Haustiere, die mit ihren schwarzen Knopfaugen vom Boden des Korbs zu ihr aufblickten. „Was fange ich jetzt mit euch an?“
    Sie beschloss, dass sie sich mit diesem Problem auch später noch befassen konnte. Jetzt musste sie erst einmal zusehen, dass sie Nadine und Shelly wiederfand.
    Auch draußen vor den Markthallen herrschte noch immer ein ziemliches Gedränge. Hope stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute sich suchend um. Irgendwann erblickte sie einen blonden Schopf in der Menge und lief darauf zu.
    Es war tatsächlich Nadine, und sie wirkte ziemlich verunsichert.
    „Nadine!“, rief Hope laut. „Hey, hier bin ich!“
    „Gott sei Dank!“, stieß ihre Mitbewohnerin erleichtert aus. „Ich dachte schon, ich hätte euch beide in dem Gewühl
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