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Die falsche Geliebte (German Edition)

Die falsche Geliebte (German Edition)

Titel: Die falsche Geliebte (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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Tugend! Er wurde mager und gelb, bekam einen Fieberanfall und wurde so krank, daß er den Januar hindurch das Bett hüten mußte, wollte aber keinen Arzt kommen lassen. Graf Adam machte sich lebhafte Sorge um seinen armen Thaddäus. Die Gräfin war so grausam, in kleinem Kreise zu sagen: »Laßt ihn doch! Seht ihr nicht, daß er an einer olympischen Krankheit leidet?«
    Dies Wort gab Thaddäus den Mut der Verzweiflung. Er stand auf, ging aus, versuchte sich zu zerstreuen und genas.

Im Februar verlor Adam eine ziemlich beträchtliche Summe im Jockei-Klub, und da er vor seiner Frau Angst hatte, bat er Thaddäus, die Summe auf seine Vergeudungen für Malaga zu buchen.
    »Was ist denn so Ungewöhnliches daran, daß diese Kunstreiterin dich 20 000 Franken gekostet hat? Das geht mich allein an. Wenn aber meine Frau wüßte, daß ich sie im Spiel verloren habe, sänke ich in ihrer Achtung; sie machte sich Sorge um die Zukunft.«
    »Auch das noch!« rief Thaddäus aus und seufzte tief.
    »Ach, Thaddäus, dieser Dienst machte uns quitt, stände ich nicht schon in deiner Schuld.«
    »Adam, du wirst Kinder haben, spiele nicht mehr,« mahnte der Graf.
    »Malaga kostet uns wieder 20 000 Franken!« rief die Gräfin aus, als sie ein paar Tage danach Adams Großmut gegen Paz erfuhr. »Vorher schon 10000, alles in allem 30000! Fünfzehnhundert Franken Zinsen, soviel wie meine Loge im Théâtre des Italiens, das Vermögen vieler Bürgersleute ... Oh! Ihr Polen,« sagte sie, während sie in ihrem schönen Treibhaus Blumen pflückte, »ihr seid unglaublich. Du bist nicht wütend darüber?«
    »Der arme Paz ...«
    »Der arme Paz, arme Paz,« unterbrach sie ihn, »wozu nützt er uns? Ich werde den Haushalt selbst führen. Du wirst ihm die 100 Louisdor Rente geben, die er ausschlug, und mit dem Olympia-Zirkus mag er sich auseinandersetzen, wie er will.«
    »Er ist uns sehr nützlich, er hat uns seit Jahresfrist sicher mehr als 40 000 Franken erspart. Zudem, mein Engel, hat er uns 100 000 Franken bei Rothschild angelegt, und ein Verwalter hätte sie uns gestohlen ...«
    Clementine besänftigte sich, aber gegen Thaddäus blieb sie gleich hart. Ein paar Tage danach bat sie Paz in das Boudoir, wo sie vor einem Jahre einen so überraschenden Vergleich zwischen ihm und dem Grafen gezogen hatte. Diesmal empfing sie ihn unter vier Augen, ohne die mindeste Gefahr darin zu sehen.
    »Mein lieber Paz,« sagte sie zu ihm mit der rein äußerlichen Vertraulichkeit vornehmer Leute gegen ihre Untergebenen, »wenn Sie Adam so lieben, wie Sie sagen, werden Sie etwas tun, um das er Sie nie bitten wird, das aber ich, seine Frau, ohne Zaudern von Ihnen fordere ...«
    »Es handelt sich um Malaga,« sagte Thaddäus mit tiefer Ironie.
    »Sehr wohl, ja. Wollen Sie Ihre Tage mit uns beschließen, wollen Sie, daß wir gute Freunde bleiben, so verlassen Sie sie. Wie, ein alter Soldat ...«
    »Ich bin erst fünfunddreißig Jahre und habe kein weißes Haar.«
    »Es sieht aber so aus,« sagte sie, »das ist das gleiche. Wie kann ein Mann, der so gut rechnet, so vornehm ist ...«
    Es war schrecklich für ihn, daß sie dies Wort mit der offenbaren Absicht sagte, den Seelenadel, den sie bei ihm erloschen wähnte, zu erwecken.
    »Ein Mann, der so vornehm ist,« fuhr sie nach einer unmerklichen Pause fort, die sie auf eine Gebärde von Paz machte, »sich wie ein Kind herein legen lassen! Ihr Abenteuer hat Malaga berühmt gemacht ... Nun also, mein Onkel wollte sie sehen und er hat sie gesehen. Mein Onkel ist nicht der einzige, Malaga empfängt munter alle Herren ... Ich glaubte, Sie hätten eine edle Seele ... Pfui! Sehen Sie mal, ist der Verlust für Sie denn so groß, daß er sich nicht gut machen läßt?«
    »Gnädigste, wenn ich ein Opfer wüßte, um Ihre Achtung wieder zu erlangen, so wäre es bald gebracht. Aber Malaga zu verlassen, ist kein Opfer ...«
    »In Ihrer Lage wüßte ich, was ich sagte, wenn ich ein Mann wäre,« entgegnete Clementine. »Nun also, wenn ich das als großes Opfer betrachte, so ist es kein Grund, sich zu verfeinden.«
    Paz verließ sie voller Furcht, eine Torheit zu begehen. Er fühlte sich von tollen Gedanken gepackt. Er ging spazieren, trotz der Kälte leicht angezogen, ohne daß es ihm gelang, die Glut auf seinem Gesicht und auf seiner Stirn zu löschen.
    »Ich glaubte, Sie hätten eine edle Seele!« Diese Worte tönten ihm immerfort im Ohre.
    »Und vor einem Jahre,« sagte er sich, »habe ich nach Clementines Ansicht fast allein die
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