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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex
Autoren: Jo Clayton
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entschied sie sich dagegen; es war nicht nötig, schlimmstenfalls konnte es ein falsches Ergebnis bringen. So wartete sie einfach weiterhin ab.
    Mehrere Minuten vergingen in angespanntem Schweigen; der Mann starrte sie lange an, dann wandte er den Kopf und sah auf einen Punkt innerhalb der Blase.
    Im nächsten Sekundenbruchteil spürte Aleytys ein behutsames Tasten auf ihrer Haut und überlegte, ob sie sich und die anderen verteidigen sollte. Wieder unternahm sie nichts. Die Sonden sammelten nur Informationen; sie bedrohten sie nicht. Wer immer sich dort im Innern der Blase aufhielt, sie würden jetzt einige Details über ihren Körper erfahren - gut. Den Sonden zu widerstehen, mochte ihnen viel gefährlichere Details liefern - über ihre ganz speziellen Fähigkeiten. Vielleicht gelang es ihr, sie zu bluffen…
    Vielleicht nahmen sie an, sie könne nichts dagegen unternehmen; und vielleicht wurden sie dann ein wenig unvorsichtiger. Ein hübscher Bonus für ein wenig Geduld.
    Der Mann starrte sie wieder an; unter einer Maske aus scheinbarer Höflichkeit pulsierte Überheblichkeit. „Um mit Kenton Es-gard sprechen zu können, mußt du Sil Evareen erreichen und betreten.”
    Aleytys hob eine Braue. „Das ist einigermaßen logisch, guter Mann.”
    „Deine Gefährten werden hier auf dich warten. Wir bringen dich zurück, unnötig, sich darüber zu sorgen.”
    „Nein. Völlig unnötig. Denn meine Gefährten werden bei mir bleiben.”
    „Das ist nicht möglich.”
    „Dann machst du die Schotte deiner hübschen Blase am besten dicht und entschwebst nach Hause. Zu gegebener Zeit werden wir da sein.”
    „Es besteht keine Notwendigkeit für solcherlei Unnachgiebigkeit, gute Frau. Wir werden dem Kind und dem Haustier genügend Lebensmittel und Kleidung zur Verfügung stellen; außerdem eine Unterkunft.”
    „Das ist ein kleiner Junge, kein Haustier. Mit dieser Art von Ignoranz beeindruckst du mich nicht sonderlich, Mann; ein Armutszeugnis, wenn man den Unterschied nicht sieht zwischen einem Tier und einem menschlichen Wesen.” Sie ließ Verachtung in ihre Stimme tröpfeln und hatte das Vergnügen, ihn wieder erröten zu sehen. „Einen guten Tag, Mann.” Sie wandte sich ab.
    Die Stille hinter ihr wurde zum Schneiden dick. Shadith drückte ihre Hand und grinste wölfisch. In der alten Sprache ihres Volkes sagte sie: „Das geht ihm verdammt unter die Haut, das hat weh getan… Nicht, daß es mir etwas ausmachen würde, ich glaube nicht, daß er und ich je seelenverwandt sein werden. Aber sag mal
    - kannst du mir erklären, was das Ganze soll?”
    „Wenn es nach ihm geht, sollt ihr hier zurückbleiben; er sagte, er wird mich wieder hierherbringen. Der erste Teil ist sowieso klar, den Wahrheitsgehalt des zweiten bezweifle ich allerdings gewaltig.
    Hier geht viel vor, das ich nicht verstehe, Shadi. Je länger ich mich mit dem Burschen unterhalte, desto mehr bin ich davon überzeugt, daß er einen guten Grund hat, mich haben zu wollen. Was ihn betrifft, und seinem ganzen Benehmen nach, stehe ich im Vergleich zu seinem erhabenen Ich in etwa auf der Stufe eines Gyrs. Trotzdem läßt er sich von mir beleidigen - und verhandelt sogar.” „Wie Wakille? Das Diadem?”
    „Madar allein mag das wissen. Ich werde das Gefühl nicht los, daß Esgard ziemlich schnell und freimütig geplaudert hat. Und das hört sich überhaupt nicht nach dem Esgard an, den mir Hana beschrieben hat. Was meinst du?”
    „Paßt genausowenig zu Swardhelds Beschreibung. Esgard soll ein durchtriebener Bursche sein, mit allen Wassern gewaschen, schwer hereinzulegen; jemand, der nichts aus der Hand gibt. Frage mich, was sie mit ihm angestellt haben. Bist du sicher, daß du das Risiko eingehen möchtest?”
    „Wenn ich eine Wahl hätte…” Sie brach ab, als man ihren Namen rief; eine neue Stimme.
    Sie wandte sich um, und Shadith drehte sich mit ihr um. Seite an Seite standen sie nebeneinander. - Eine Frau stand jetzt in der Öffnung, wenigstens nahm Aleytys an, daß dies eine Frau war: dasselbe längliche Gesicht, die gleichen kurzen, eisgrauen Haare, die gleichen vorgewölbten, eisgrauen Augen; seine kalte, wie gemeißelt wirkende Schönheit. Nur Hüften und Schultern waren vage anders geformt, und jene äußerst schwache Wölbung in Brusthöhe allein ließ verhaltene Weiblichkeit vermuten. Die Evareenerin verriet mehr Vitalität; in ihren starren Augen funkelte Energie. „Viyn Aleytys”, sagte sie mit einer hellen, kühlen, melodischen Stimme, und
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