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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman
Autoren: Reber Sabine
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sagte Linda. Er kann mir gar nichts tun. Wenn ich morgen tot im Garten liege, wissen doch alle Bescheid.
    Du hast niemandem etwas gesagt, wandte Sidonie ein. Geh in das B&B am Hafen, und morgen früh fährst du los!
    Aber ich liebe ihn, jammerte Linda.
    Und dann packte Linda. Daniel stand grimmig in der Tür und ließ sie nicht aus den Augen. Noch bevor sie fertig war, hatte er eine Flasche Jack Daniels geleert. Er torkelte weinend ins Dorf und fiel jedem in die Arme, der das zuließ.
    Sie bündelte ihr Manuskript.
    Er lallte, wie sehr er sie liebe.
    Sie tröstete ihn, wie man ein Kind tröstete. Pharao lag daneben und sah sie mit traurigen Augen an. Es würde andere Hunde geben in ihrem Leben, hoffte Linda, es würde andere Männer geben. Aber das Glück käme nicht zurück. Als sie ging, weinte Pharao. Daniel stand mit hängenden Armen und roten Augen am Tor und sah zu, wie sie in das Auto ihres Nachbarn stieg.
    Schwere weiße Wolken schoben sich über den Himmel von Galway, dazwischen schien die Sonne. Sogar zwischen den Rollfeldern leuchteten die Wiesen grün. Noch einmal zeigte sich das irische Wettertheater, schob seine Wolkenmassen über die Himmelsbühne, und dann wurde alles grau. Die Maschine rollte auf die Startbahn, ein Regenvorhang schloss die Vorstellung. Linda verdrückte eine Abschiedsträne. Der Airbus drehte eine Kurve über der Bucht, stieg über der Insel, abermals zeigte sich die Sonne. Wolken zeichneten schwere Schatten auf die Wiesen, die hingewürfelten Felder, riesengroße, graue Schafe, die sich langsam vorwärts bewegten. Und die jahrhundertealten Steinmäuerchen überschäumten von blühendem Weißdorn.
    Jede Ecke des Londoner Flughafens erinnerte Linda an einen Streit, es gab kaum einen Quadratmeter, kaum eine Sitzecke, keine Bar oder Bank, auf der sie sich nicht beim Umsteigen auf einer ihrer Reisen angeschrien und gestritten hatten.
    Wie betäubt lief sie durch das Minenfeld, das ihre Ehe gewesen war. Sie würgte an einem Sandwich, das nach Karton schmeckte, sie gab auf, schaffte es mit Mühe, einen Becher Kaffee zu trinken, der aber auch nach Karton schmeckte.
    Russen, Portugiesen, Japaner, Polen standen mit ihr in der Kolonne vor der Passkontrolle, eine Gruppe orthodoxer Juden, eine afrikanische Familie. Niemand regte sich auf. Wie Schafe, hörte sie Daniel sagen und dachte, wie schön, dass sich niemand ereiferte. Zum ersten Mal seit langem konnte sie in einer Menschenschlange stehen, ohne das Gefühl zu haben, sie müsse sich deswegen aufregen.
    Sie wartete, und es kam ihr so selbstverständlich vor, als habe sie in den letzten Jahren nicht viel anderes gemacht, als zu warten. Auf Kundschaft warten, auf besseres Wetter warten, warten, bis Daniel zum Essen kam, warten, ob sie nicht doch noch einmal schwanger würde, ob eine Anfrage käme, ob sie den Durchbruch schafften, warten, bis die Kartoffeln wuchsen und die ersten Rosen blühten, warten auf bessere Zeiten.
    Linda entspannte sich. Sie genoss die Ruhe, beobachtete die Leute. Sie waren nicht so schlecht, wie Daniel immer behauptet hatte.
    In der Mansarde war es gemütlich. Auf der einen Seite stand ein Arvenbett. Ein alter Schreibtisch wartete an der Wand gegenüber, mit einer Leselampe und einem mit Schnitzereien verzierten Stuhl, auf dem ein Kissen lag. Die Wände in der Mansarde waren mit Büchergestellen vollgepackt. Das Fenster war klein, aber man sah den Garten, links eine Ahnung der Alpen. Vor allem sah man ein Stück Himmel, darüber war Linda dankbar.
    Sie stellte ihre Schuhe in einer Reihe auf. Sidonie staunte.
    Alle neu, sagte sie, hast du die alle gekauft?
    Daniel hat meine Schuhe behalten, sagte Linda. Sie lächelte verlegen.
    Ich hätte sie sowieso nicht mehr getragen.
    Was brauchst du noch?, fragte Sidonie.
    Ein Kleiderständer wäre gut, sagte Linda. Und ein kleiner Schrank. Und ein Badetuch! Ein flauschiges, weißes Badetuch würde mir gefallen.
    Linda hatte keine Ahnung, wie sie mit ihrem Schmerz umgehen sollte. Sie kaufte sich ein dickes Notizbuch. Erst einmal würde sie alles der Reihe nach aufschreiben, so gut sie es vermochte. Zur Not konnte sie das Notizbuch dann auch verbrennen.
    Wochen später, als sie mit ihrer Geschichte fertig war, stellte sie das Notebook auf den Schreibtisch und überarbeitete ihr Manuskript über Granuaile. Fernab der Insel sah sie den Text wie mit fremden Augen. Sie korrigierte hier und dort ein Wort, strich einen Satz, änderte einen Titel. Insgesamt war sie zufrieden mit ihrer
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