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Die Falken und das Glück - Roman

Die Falken und das Glück - Roman

Titel: Die Falken und das Glück - Roman
Autoren: Reber Sabine
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mit ihren Gefühlen spielte. Und sobald sie ihm nicht mehr böse war, griff er erneut an. Sie gab zurück, auf ein paar Beleidigungen mehr oder weniger kam es nicht mehr an. Es machte ihr sogar Spaß, ihn auf seine Schwächen aufmerksam zu machen.
    Sie ertrage seinen Misserfolg nicht, warf er ihr vor, sie ertrage nicht, wenn es ihm schlecht ginge.
    Sie ertrage nicht, dass er seine Launen an ihr abreagiere, antwortete Linda.
    Schon wieder drehst du mir den Spieß um!
    Dreh du nicht den Spieß um! Deine Lügen stinken. Deine Worte sind schon faul, wenn sie aus deinem Mund kommen.
    Er sprang auf, lief zur Türe.
    Linda zwang sich, sitzen zu bleiben.
    Er würde das Restaurant nicht verlassen, bevor das Essen aufgetragen war.
    Daniel kam zurück, setzte sich kleinlaut. Linda fühlte sich müde und leer, ihr Nacken schmerzte, sie konnte den Kopf kaum mehr drehen. Stets war sie bereit, sich zu ducken, sich zu entschuldigen. Daniel strengte sie an, er laugte sie aus. Seine Stimmungen wechselten schneller als die Gezeiten. Sie war noch keinen Tag in seiner Nähe, und das Leben war wieder unendlich kompliziert.
    Schön, dass du gekommen bist, sagte er schließlich, schenkte ihr Wein nach.
    Wie geht es dir? Kommst du alleine zurecht?
    Er sah ihr lange in die Augen. Sie hielt seinem Blick stand. Im Schein der Kerze sah sie, die Sterne waren noch da.
    Du hast Sterne in den Augen, sagte sie.
    Ich hab einen Apfel geschält, als du diesen Satz zum ersten Mal gesagt hast.
    Und Pharao hat mich eifersüchtig angeknurrt.
    Er hat dich vermisst, sagte Daniel.
    Was ist mit deinem Arm passiert?
    Da war ich selber schuld, gestand Daniel.
    Linda legte ihm die Hand auf den Arm. Tränen schossen ihr in die Augen. Daniel reichte ihr seine Serviette. Sie aßen schweigend ihre Hamburger, tunkten die dicken Pommes frites in den Ketchup, leerten ihre Gläser. Daniel bezahlte das Essen und kaufte an der Bar ein paar Dosen Guinness. Als sie den Pub verließen, nickten die Stammgäste ihnen zu.
    Hand in Hand gingen sie zum Hafen, ihre Füße kannten den Weg durch die Nacht. Und sie kannten jede einzelne Stufe der vermoosten Turmtreppe.
    Sie saßen auf der Brüstung und tranken schwarzes Bier. Mücken surrten um ihre Köpfe, gelegentlich tauchte ein Seehund auf, starrte sie mit Totenschädelblick an. Sie stritten nicht mehr. Unter ihnen rauschte die Brandung, schwarz ragten Felszähne aus der Gischt, die Wellen leckten am Fundament des Turms, gaben pelzigen Algenbewuchs frei, leckten erneut. Linda sah ein, dass sie mit ihm nicht leben konnte, und ohne ihn könnte sie es erst recht nicht. Daniel starrte aufs Meer hinaus und sagte, er liebe sie immer noch. Er strich ihr übers Haar, sie wich zurück, wankte, sie hatte mehr getrunken als sonst. Ein vogelartiger Schrei entfuhr ihr, sie griff instinktiv nach seiner Hand. In all den Jahren hatte sie sein Vertrauen nicht gewinnen, hatte seine Erwartungen nicht erfüllen können. Wer nach den Sternen greift, erwischt auch mal einen, wie oft hatte sie sein Lebensmotto nachgebetet. Aber es stimmte nicht. Linda schämte sich für ihren Hochmut. In ihrem nächsten Leben würde sie ganz klein sein, eine Maus, ein Wurm. Sie musste lernen, die Dinge geschehen zu lassen.

Epilog
    Die Asche glomm noch, als ich den Weg zum Cottage hinaufstieg. Der Wind ließ Funken aufstieben, trug sie in Lindas Garten.
    Am Tag, bevor ich auf die Insel kam, hatte Daniel das Ehebett verbrannt, hatte es mit der Axt in handliche Stücke zerteilt. Auf dem Scheiterhaufen seiner Trauer loderte auch die Liebe, die er für Linda empfand, diese absolute, verzehrende Liebe, angesichts derer sie nur hatte scheitern können. Sie war die Frau gewesen, die alles falsch gemacht hatte in seinen Augen. Nun wünschte er nichts sehnlicher, als die Zeit zurückzudrehen. Er zeigte mir die Pritsche, auf der er seine Nächte verbrachte, eine dünne Schaumstoffmatratze und ein Gewühl aus schmutzigen, alten Wolldecken.
    Ich werde nie mehr in einem Bett schlafen können, verkündete er.
    Sein Gesicht war rund und voll, er sah jünger aus. Die Augen wirkten noch dunkler als sonst, beinahe schwarz.
    Ich setzte mich zu ihm auf die Holzbank in der Küche. Wir tranken spanischen Rotwein. Wir schwiegen. Bei der zweiten Flasche Wein begannen wir zu reden, wir sprachen über das Leben, über den Tod. Wir sprachen über die Liebe. Wir tranken die ganze Nacht, wir schwiegen, redeten. Mit fortschreitender Stunde verwischte die Erinnerung. Letztlich weiß ich nur noch, dass
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