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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes
Autoren: Michael Wilcke
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Monsbachs zurückgebracht. Magnus hatte zudem zum wiederholten Mal seine Geldbörse geöffnet und so mit Lucia Monsbach eine rasche Einigung darüber erzielt, daß Anneke aus den Diensten der Wirtsleute entlassen wurde. Seybert, so hatte er Anneke berichtet, war die ganze Zeit über recht schweigsam gewesen, und als er mit Magnus an die Tür getreten war, hatte sein Gang einer watschelnden Ente geähnelt, wobei er bei jedem Schritt das Gesicht verzogen hatte. Danach hatte Magnus Annekes Mutter aufgesucht und auch von ihr das Einverständnis erhalten, daß Anneke fortan in seinem Haushalt arbeiten würde.
    In den Tagen, die sie nun in Osnabrück verbracht hatte, war es für Anneke stets eine willkommene Abwechslung gewesen, wenn sie von Königin Christina in das Quartier |311| der Gesandten geladen worden war. Die energische und tatendurstige Königin hatte sich sehr in ihrer Kammer gelangweilt und sich als Gefangene bezeichnet, denn Johan Adler Salvius wachte streng darüber, daß Christinas Aufenthalt ein Geheimnis blieb. Eine gute Nachricht war hingegen aus Münster eingetroffen. Christina hatte einen Botenreiter zum Jesuitenkolleg ausschicken lassen, der ihr nach seiner Rückkehr eine Depesche überbrachte, in der Pater Vigan ihr mitteilte, daß er zwar noch ans Bett gefesselt war, aber seine Verletzung zufriedenstellend verheilte. Anneke erfuhr, daß der Jesuit Christina in seinem Brief gebeten hatte, nach Münster zurückzukehren, um ihr Vorhaben zu beenden. Welche Absicht die Königin verfolgt hatte, darüber schwiegen sowohl Christina als auch Malin Sörenstam und Magnus eisern. Magnus hatte ihr nur verraten, daß die Königin eine Antwort auf den Weg geschickt hatte, in der sie Vigan auf einen späteren Zeitpunkt vertröstete.
    Auch die genesene Malin Sörenstam hatte sich oft zu ihnen gesellt. Bei Wein, Pasteten und Zuckergebäck führten sie dann belanglose Plaudereien, und Malin Sörenstams grimmige Blicke verrieten Anneke, daß es die Schwedin wohl ein wenig eifersüchtig machte, wenn Christina einer Magd soviel Aufmerksamkeit schenkte.
    Anneke, Malin und die Königin warteten mit den Gardisten nahe der Kutsche auf Magnus, der den Hafenmeister aufgesucht hatte, um die nötigen Formalitäten zu klären. Nun sah Anneke ihn über die Mole treten, gefolgt von zwei stämmigen Matrosen, die auf sein Zeichen hin den Sarg vom Dach der Kutsche hievten, um ihn auf die
Fama
zu schaffen. Malin Sörenstam hatte darauf bestanden, daß ihr Bruder Jasper in Schweden seine letzte Ruhe finden sollte, und als die beiden Matrosen den Sarg davontrugen, hatte Anneke das Gefühl, daß für sie nun endgültig dieses Kapitel beendet war, das vor einem Monat im Wald bei Lengerich |312| seinen Anfang genommen hatte, als sie den Mord an Jasper Sörenstam beobachtet hatte.
    Der Moment des Abschieds war gekommen. Königin Christina schloß Anneke in die Arme und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen.
    »Meine tapfere Anneke«, sagte die Königin. »Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast.«
    »Gottes Segen für Euch«, erwiderte Anneke.
    Christina preßte ihre Lippen auf Annekes Mund, und sie spürte, wie ihr verlegen das Blut in die Wangen schoß. Erst recht, als die Königin sich Magnus zuwandte und nun Malin Sörenstam neben sie trat und ihr zuraunte: »Sie hat ein Faible für dich.«
    »Glaubt Ihr?« fragte Anneke.
    »Bilde dir nur nichts darauf ein. Sie verschenkt ihr Herz schneller, als ein Hase im Lauf einen Haken schlägt. Es wird nicht viel Zeit vergehen, bis sie am schwedischen Hof eine neue Favoritin erwählt.«
    »So wird es sein.« Anneke reichte der mißmutigen Malin Sörenstam die Hand und beugte ihre Knie. Christina, Malin und die Gardisten betraten über eine breite Planke das Deck der
Fama
. Magnus stellte sich hinter Anneke und legte seine Arme um ihre Hüfte. Bald darauf tauchte Christina hinter der Reling des Vorderdecks auf und hob die Hand. Anneke seufzte. Sie würde die Königin vermissen.

    Die gekräuselten Wellen plätscherten um die Pferdehufe, während Magnus und Anneke gemächlich über den Strand ritten. Magnus’ Brust und seine Arme gaben ihr soviel Halt im Sattel, daß sie mit beiden Händen die Augen gegen die Sonne abschirmen und der Karavelle hinterherschauen konnte, die am Horizont nurmehr als kleiner Punkt auszumachen war und einen nördlichen Kurs eingeschlagen hatte.
    »Wie ist es dort in Schweden?« wollte sie wissen.
    |313| »Was meinst du?« fragte Magnus.
    »Das Land. Die Menschen.
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