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Die Falken Gottes

Die Falken Gottes

Titel: Die Falken Gottes
Autoren: Michael Wilcke
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entscheidenden Phase der Friedensverhandlungen gefährdet sein würde, wenn auch nur die Spur eines Gerüchtes aufkäme, die schwedische Königin hätte deutschen Boden betreten, um dem Protestantismus abzuschwören.
    Christina indes hatte ihr Vorhaben entschlossen verteidigt, aber letztendlich eingesehen, daß die Zeit für diesen Schritt noch nicht gekommen war. Sie willigte ein, an den schwedischen Hof zurückzukehren, doch zugleich hatte sie |308| Salvius versichert, daß ihre Konversion nur aufgeschoben sei, bis Schweden einen sicheren Frieden erlangt habe. Salvius hatte dies mit einem abfälligen Brummen zur Kenntnis genommen. Er und auch Magnus wußten nur zu gut, mit welcher Sturheit Christina ihren Willen durchzusetzen versuchte.
    Magnus bemerkte, daß Anneke den Blick auf ihn richtete. Er nahm ihre Hand. Sie wandte die Augen nicht von ihm ab. »Was wird nun aus dir?« fragte er.
    Sie zuckte unschlüssig die Achseln. »In der Monsbach-Schenke kann ich mich nicht mehr blicken lassen. Seybert würde mich prügeln wie einen Hund und mich dann zum Teufel jagen.«
    Seine Finger strichen über ihre Hand. Es tat gut, diese Wärme zu spüren. Zwar beschämte es ihn, ausgerechnet an Svantes Totenbett bei Anneke Trost zu finden, doch er wollte ihre Nähe nicht missen. In den vergangenen Tagen war etwas zwischen ihnen entstanden, das ihm nach dieser schweren Zeit neue Kraft geben konnte. Davon war er überzeugt.
    Magnus zögerte einen Moment, dann sagte er: »Ich würde dich gerne bei mir haben, Anneke.«
    »Als Eure Magd?« fragte sie erstaunt.
    »Würde dir das genügen?«
    »Würde es Euch … würde es dir genügen?«
    Es fiel ihm schwer, eine Antwort darauf zu finden. Behutsam legte Magnus eine Hand hinter Annekes Kopf und küßte sanft ihre Stirn. »Gib mir Zeit«, bat er.

|309| Epilog
    Wie schon am Tag zuvor, als Königin Christina mit ihren Begleitern in Stralsund eingetroffen war, zog Anneke auch an diesem Morgen der Anblick des belebten Hafens in den Bann. Sie schmeckte die salzige Luft auf der Zunge, und ihr Blick folgte den unzähligen Vögeln, die kreischend das halbe Dutzend Schiffe umschwärmten, das hier im Hafen vor Anker lag. Die Masten, Sprieten und Wanten der wuchtigen Galeonen und Karavellen schaukelten träge auf dem Wasser, während es auf der Mole sehr geschäftig und hektisch zuging. Zahlreiche Matrosen und Hafenarbeiter liefen umher und streckten ihre Arme nach der Fracht aus, die mit Lastkränen aus den Laderäumen auf das Festland geladen wurde, oder rollten Fässer über die Mole. Zwischen ihnen tauchten immer wieder Kaufleute und Offiziere auf, die wild mit den Händen herumfuchtelten und lautstark Anweisungen ausriefen.
    Das einzige Schiff, das bereits die Segel gesetzt hatte, war die
Fama,
die Karavelle, die Christina zurück nach Stockholm bringen würde. Magnus hatte Anneke anvertraut, daß Johan Adler Salvius darauf verzichtet hatte, den Kapitän der
Fama
darüber in Kenntnis zu setzen, welch außergewöhnlicher Passagier auf seinem Schiff reisen würde. Christina blieb also auch auf dieser Reise der junge Edelmann. Selbst die fünf Gardisten, die Salvius in Osnabrück zu Christinas Schutz abgestellt hatte und die sie bis nach Stockholm begleiten würden, hatte man darüber im unklaren gelassen, daß die schwedische Königin in ihre Obhut gegeben worden war.
    |310| Sie waren am Tag zuvor mit zwei Kutschen in der Hafenstadt angekommen und hatten die Nacht in einer Herberge verbracht. Die Reise auf den holprigen Wegen hatte sich als anstrengend erwiesen, doch Anneke bereute nicht einen Moment, daß sie Magnus’ Bitte gefolgt war, die Königin und ihn an die Ostseeküste zu begleiten. Für sie gab es in Magnus’ Haus in der Lohstraße in diesen Tagen ohnehin nicht viel zu tun. Nach Svantes Tod schien alles von einer gewissen Trägheit befallen zu sein. Magnus verhielt sich still und zurückhaltend, schien oft in Gedanken versunken zu sein, behielt diese aber zumeist für sich. Anneke akzeptierte das. Ihr reichte es, ihn in ihrer Nähe zu wissen. Oft dachte sie an den Moment zurück, als sie im Keller die Leiche unter den Holzscheiten entdeckt und geglaubt hatte, daß Magnus getötet worden war. In diesem Augenblick hatte sie begriffen, welchen Schmerz ihr sein Verlust bereiten würde, und sie dankte Gott an jedem Tag dafür, daß Magnus lebte und daß er sie bei sich behalten wollte.
    Vor der Abreise nach Stralsund war Magnus nach Lengerich geritten und hatte die Stute Charlotta den
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