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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte
Autoren: Jo Nesbø
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hatte, gehörte Lev und lag schon seit einigen Jahren auf dem Dachboden in der Disengrenda. Woher das Gewehr stammte, war nicht herauszufinden, da die Seriennummer herausgefeilt war.
    Für das Versicherungskonsortium der Nordea-Bank kam das Weihnachtsfest in diesem Jahr sehr früh, denn das Geld aus dem Überfall im Bogstadvei wurde im Kofferraum von Tronds Auto gefunden, und nicht eine Krone fehlte.
    Die Tage vergingen, der Schnee kam und die Verhöre gingen weiter. Eines Freitagnachmittags, als alle müde waren, fragte Harry Trond, warum er sich nicht erbrochen hatte, als er seiner eigenen Frau in den Kopf schoss – er konnte doch kein Blut sehen? Es wurde still im Raum. Trond blickte lange zur Videokamera in der Ecke. Dann schüttelte er bloß den Kopf.
    Doch als sie fertig waren und durch den Kulvert zurück zu seiner Zelle gingen, hatte er sich plötzlich an Harry gewandt:
    »Nicht jedes Blut ist gleich.«
     
    Am Wochenende saß Harry auf einem Stuhl am Fenster und sah zu, wie Oleg und die Nachbarjungs draußen im Garten der hölzernen Villa eine Schneeburg bauten. Rakel fragte ihn, an was er denke, und beinahe wäre es ihm herausgerutscht.
    Stattdessen fragte er, ob sie einen kleinen Spaziergang machen sollten. Sie holte Mütze und Handschuhe. Sie gingen am Holmenkollenbakken vorbei, und dort fragte Rakel ihn, ob sie nicht seinen Vater und Søs am Weihnachtsabend einladen sollten. »Es gibt doch nur uns«, sagte sie und drückte seine Hand.
     
    Montag begannen Harry und Halvorsen mit dem Fall »Ellen«. Sie fingen wieder von vorn an. Verhörten die Zeugen, die früher schon einmal verhört worden waren, lasen alte Berichte, überprüften Hinweise, die liegen geblieben waren, und verfolgten alte Spuren. Kalte alte Spuren, wie sich herausstellte.
    »Hast du die Adresse von dem Typ, der behauptet hat, Sverre Olsen in Grünerløkka mit einem Typ in einem roten Auto gesehen zu haben?«, fragte Harry.
    »Kvinsvik. Er soll bei seinen Eltern wohnen, aber ich bezweifle, dass wir ihn dort finden.«
    Harry erwartete keine große Kooperation, als er in Herberts Pizza kam und nach Roy Kvinsvik fragte. Doch nachdem er einem jungen Kerl mit einem T-Shirt mit dem Logo der Nationalallianz ein Bier spendiert hatte, erfuhr er, dass man in puncto Roy nicht mehr der Schweigepflicht unterlag, weil dieser erst neulich den Kontakt zu seinen alten Freunden abgebrochen hatte. Roy hatte anscheinend eine Anhängerin der bekennenden Christen kennen gelernt und den Glauben an den Nazismus verloren. Niemand wusste, wer sie war oder wo Roy jetzt wohnte, aber jemand hatte ihn anscheinend vor der Philadelphia-Gemeinde stehen und singen sehen.
    Der Schnee türmte sich zu Wechten und Wehen auf, während sich die Räumfahrzeuge im Shuttleverkehr durch die Innenstadt schoben.
     
    Die Frau, die in der DnB-Filiale in Grensen angeschossen worden war, durfte das Krankenhaus verlassen. Im Dagbladet zeigte sie mit einem Finger, wo sie die Kugel getroffen hatte, und mit zwei Fingern, wie nah sie an ihrem Herz vorbeigeschrappt war. Jetzt wollte sie nach Hause und das Weihnachtsfest für Mann und Kinder vorbereiten, stand dort. Am Mittwochmorgen um zehn Uhr trat sich Harry im Präsidium vor dem Sitzungssaal 3 den Schnee von den Füßen, ehe er anklopfte.
    »Kommen Sie herein, Hole«, donnerte die Stimme von Richter Valderhaug, der die internen Ermittlungen über die Schießerei im Containerhafen leitete. Harry bekam einen Stuhl vor dem fünfköpfigen Komitee zugewiesen. Neben Richter Valderhaug waren ein Staatsanwalt, ein Polizist und eine Polizistin sowie der Verteidiger Ola Lunde anwesend, den Harry als einen harten, aber tüchtigen und fairen Mann kannte.
    »Wir hätten das Votum des Staatsanwalts gerne noch vor den Weihnachtsferien«, leitete Valderhaug die Besprechung ein. »Können Sie uns so kurz und detailliert wie möglich über Ihren Bezug zur Sache informieren?«
    Harry erzählte von seiner kurzen Begegnung mit Alf Gunnerud, knatternd begleitet von der PC-Tastatur des Polizisten. Als er fertig war, dankte ihm Richter Valderhaug und blätterte eine Weile durch seine Papiere, ehe er gefunden hatte, wonach er suchte, und Harry über seine Brille hinweg ansah.
    »Wir wüssten gerne, ob Sie nach Ihrem kurzen Rendezvous mit Gunnerud überrascht waren, als Sie hörten, dass er gegenüber einem anderen Polizisten die Waffe gezückt hat.«
    Harry dachte an das, was ihm in den Sinn gekommen war, als er Gunnerud auf der Treppe gesehen hatte. Ein Junge,
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