Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Die fabelhafte Miss Braitwhistle

Titel: Die fabelhafte Miss Braitwhistle
Autoren: Sabine Ludwig
Vom Netzwerk:
stammten die Sachen aus der Findekiste. Nach Schulschluss sammelt Herr Pommerenke alles ein, was so liegen bleibt, und stopft es in eine große Kiste. Wenn man was verloren hat, eine Mütze oder Jacke, dann darf man da nachschauen. Als ich mal meinen Turnbeutel gesucht und in die Kiste geguckt hab, lag da drin sogar eine Unterhose mit Marienkäfern drauf, die nichtsehr sauber aussah, und ein Kuscheltier, bei dem man nicht erkennen konnte, ob es ein Teddy oder ein Hase sein sollte, es hatte nämlich keine Ohren mehr.
    »Der Schulinspektor ist jetzt da, Herr Direktor«, hat Herr Pommerenke gesagt.
    »Schicken Sie ihn erst einmal in die 4b«, sagte Herr Fischli. »Da bekommt er gleich einen guten Eindruck.«
    Aki hat das Gesicht verzogen und geschnaubt. »Guten Eindruck, von wegen!«
    Die 4b ist unsere Parallelklasse. B wie brav sagen die Lehrer, wir finden B wie blöd. Eine richtige Streberklasse. Noch nicht mal prügeln kann man sich mit denen, solche Langweiler sind das. Bei denen hätte der Inspektor von der Schulpolizei ja nicht viel zu tun.
    Annalisa hat aufgehört zu weinen. Sie kann das an- und abschalten wie eine Lampe. »Was sollen wir denn jetzt machen ohne Frau Taube?«, fragte sie Herrn Fischli.
    »Nach Hause gehen!«, haben wir gerufen.
    Hugo hat sich gemeldet. »Sie können uns doch ein paar Aufgaben geben, Herr Direktor.« Aki hat gegen Hugos Stuhl getreten und der Stuhl mit Hugo drauf ist umgekippt.
    »Wie ich euch kenne, habt ihr bestimmt eure Hausaufgaben nicht gemacht«, sagte Herr Fischli. »Das könnt ihr jetzt nachholen. Ich kümmere mich um eine Vertretung.«
    »Ich mach immer meine Hausaufgaben«, meinte Annalisa beleidigt, aber Herr Fischli hörte es nicht mehr, er war schon aus der Klasse.
    Natürlich haben wir alles Mögliche gemacht, nur keine Hausaufgaben. Aki zog Hugo wegen seinem Mädchenpullover auf, Max holte aus seinem Rucksack eine Banane, die schon etwas braun war, und aß sie trotzdem. Clemens und ich spielten Schiffe versenken. Was die Mädchen machten, weiß ich nicht, das ist ja nie besonders interessant.
    Gerade als sich Hugo den Pullover auszog, um ihn verkehrt rum wieder anzuziehen, damit man das Pony und die Glitzersterne nicht sehen konnte, ist die Tür wieder aufgegangen, und Herr Fischli kam herein. Er ist aber nicht allein gewesen. Bei ihm war eine Frau.

3. KAPITEL
    Miss Braitwhistle steht kopf
    Die Frau sah freundlich aus und auch wieder nicht. Sie sah jung aus und auch wieder nicht. Auch ihre Haare waren seltsam. Nicht richtig rot und nicht richtig blond. Sie hat ihre Tasche auf den Lehrertisch gestellt, die Tasche war ziemlich groß und sah aus wie die von meiner Oma. Dann hat sie uns über ihre Brille hinweg prüfend angeschaut. So wie ein Forscher, der gerade ein Insekt entdeckt hat, von dem er nicht weiß, ob es giftig ist oder nicht.
    Aki hat mich angeschaut und ich hab Aki angeschaut. »Wer ist die denn?«, flüsterte er.
    »Vielleicht die neue Schulzahnärztin«, flüsterte ich zurück. Die alte hatte auch so eine große Tasche und diesen forschenden Blick und hat jedes, auch das allerkleinste Loch im allerletzten Zahn sofort entdeckt.
    Doch es war keine Zahnärztin, es war unsere neue Lehrerin.
    Herr Fischli hat gesagt: »Darf ich euch Miss Braitwhistle vorstellen? Sie kommt aus England und ist seit heute als Englischlehrerin an unserer Schule. Netterweise hat sie sich bereit erklärt, Frau Taube für heute zu vertreten.«
    Und schon war er wieder zur Tür raus und ließ uns mit der englischen Miss allein.
    »Wie heißt die?«, hat Annalisa gefragt. »Bratwiesel?«
    Sie hatte es nicht laut gesagt, aber die Miss hat es trotzdem verstanden.
    »Bratwiesel!«, sagte sie abfällig. »Wasch dir die Ohren, my dear, oder hast du noch nie gehort von William Arthur Brandon Braitwhistle?«
    Sie schien ein Problem mit dem Ö zu haben.
    Annalisa schüttelte den Kopf.
    »Das solltest du. William Arthur Brandon Braitwhistle, Sir William Arthur Brandon Braitwhistle, um zu sein genau, hat erfunden die heiße Wasserflasche. Mein Urgroßvater«, fügte sie stolz hinzu.
    Wir wussten nicht, was eine heiße Wasserflasche sein sollte. Aber Clemens, der von uns allen der Klügste ist, hat sich gemeldet.
    »Meinen Sie eine Wärmflasche?«
    »Warme Flasche, genau!«
    Sie schien ein Problem mit dem Ä zu haben.
    Die meisten von uns fanden die Erfindung der Wärmflasche nicht besonders beeindruckend, und Hugo rief in die Klasse: »Aber Alexander Graham Bell hat die Glühbirne erfunden und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher