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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen
Autoren: Tina Sabalat
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formten, sahen beweglich aus, scheinbar konnte man damit die ganze Tür verriegeln - tatsächlich bewegte sich aber im Moment stets nur der linke Flügel: Er sprang auf, sobald ein Besucher die Ausgangstür auf der anderen Seite der Kammer von außen geschlossen hatte und das Schwert damit für den nächsten potentiellen Weltherrscher bereit war. Okay - den 'Weltherrscher' hatte ich dazu gedichtet, das kam mir bei diesen Excalibur-Geschichten immer in den Sinn. Mein Reiseführer palaverte nur etwas von der 'Herrschaft des Guten und Reinen', was ich aber ein wenig abstrakt fand - vor allem, wenn man dazu ein Schwert benötigte.
    Ich war der Tür mittlerweile näher gekommen, gerade ging das dicke Mädchen rein: Wahrscheinlich hatte sie den ultimativen Plan, das Schwert mittels des Vibrationsalarms ihres Handys frei zu rütteln. Sie blieb eine halbe Ewigkeit drin, ich verstaute den Reiseführer in der Tasche, aß ein Pfefferminz, überprüfte den Akku meines Fotoapparates - dann sprang die Tür vor mir wieder auf und ich war an der Reihe.
    Hinter der Tür wartete ein kleiner Raum aus altem, im Lauf der Jahrhunderte nachgedunkeltem Mauerwerk - ebenso breit und lang wie die Kammer davor, kühl und mit leichtem Geruch nach Keller, Moder und dem Ruß längst erloschener Fackeln. Geradeaus eine weitere Tür, durch die man den Raum zu verlassen hatte, selbstverständlich kein Fenster. Links hinter der Eingangstür nichts als rabenschwarze Dunkelheit und rechts das Schwert in seinem Stein.
    Der Stein war größer, als ich ihn mir vorgestellt hatte: ein Koloss von etwa eineinhalb Meter Höhe und ebensolcher Breite. Gesteinsarten waren nicht unbedingt mein Fachgebiet, aber dieser erinnerte an natürlich abgebrochenen, grau-weißen Marmor und glänzte leicht, als sei er feucht. Der Boden der Kammer war mit schwarzen Kieseln ausgelegt und mir fiel auf, dass der Monolith aus dem Boden emporzuwachsen schien - die Bodensteine waren ringförmig um ihn angeordnet und strebten dann in die dunklen Ecken der Kammer davon, was einen erstaunlich ... ja, bewegten Effekt ergab: Alles führte auf den Stein zu oder eben von ihm weg, er war das Zentrum des Raumes und unzweifelhaftes Ziel desjenigen, der diesen betreten hatte.
    Jemand klopfte ungeduldig an die Tür, durch die ich gerade erst herein gekommen war - wahrscheinlich dieser ungewaschene Typ hinter mir, der schien die Weltherrschaft dringend nötig zu haben. Ich trat trotzig näher an den Stein heran und nahm das Schwert in aller Ruhe in Augenschein: Ich hatte eine Viertelstunde gewartet, das konnte dieser Idiot auch. Über Schwert und Stein war ein einzelnes Spotlight installiert, nicht besonders hell und die einzige Lampe im Raum - es tauchte das Schwert in ein sehr schönes, warmes Licht und ließ die in den Knauf eingesetzten Edelsteine satt funkeln. Ich musste nah heran treten, um die feinen Ornamente bewundern zu können, die den Griff bedeckten und dann auf dem sichtbaren Stück der Klinge weiter liefen, bis sie mit ihr im Stein verschwanden: Ich erkannte das Schwingenkreuz wieder, welches schon die Eingangstür geschmückt hatte, aber auch verschnörkelte, orientalisch anmutende Formen. Der Griff war aus Gold, die Klinge aus einem blaugrau schimmernden Stahl, das Schwert steckte absolut senkrecht im Stein, sichtbar waren unter dem Griff noch etwa zwanzig Zentimeter der Klinge.
    Gar nicht martialisch und wirklich wunderschön, dachte ich abschließend und bereute den Ausflug nach Rom trotz aller Widrigkeiten schon viel weniger. Ich wandte mich zum Ausgang und streckte gerade die Hand nach der Klinke aus, als eine leise, aber klare Stimme aus der Dunkelheit erklang, die die andere Seite der Kammer füllte - mein Herz setzte einen Schlag aus.
    "Wenn Sie schon einmal hier sind, sollten Sie Ihr Glück auch versuchen."
    "Gott, haben Sie mich erschreckt!"
    Ich lachte auf, peinlich berührt von meiner eigenen Furchtsamkeit, und blinzelte in die Schwärze. Doch erst, als er einen Schritt nach vorn machte, konnte ich halbwegs den Mann ausmachen, zu dem die Stimme gehörte - na ja, eigentlich war es nur ein Schemen, den ich aufgrund der Stimmlage und der Größe einfach mal als männlich einordnete.
    "Ich bitte um Entschuldigung. Aber wie gesagt: Versuchen Sie Ihr Glück, dafür sind Sie doch gekommen."
    Definitiv ein Mann, ein höflicher noch dazu. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, ich wollte es mir nur ansehen."
    "Und Sie denken sicher auch, dass sich das Schwert ohnehin nicht lösen
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