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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen
Autoren: Tina Sabalat
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interessiert.
    Jo sprach wohl die Hälfte aller Sprachen dieser großen weiten Welt, und scheinbar probierte er gerade eine nach der anderen aus, während das fette Mädchen nur mit dem Kopf schüttelte und sich dumm stellte. Die Blonde hatte sich mittlerweile von der Kamera weggedreht und sprach mit Jack, scheinbar gehörte sie zu den Verweigerern. Noch einer der Nachteile, wenn man in der Kammer Dienst hatte: Es war einfach entwürdigend, auf die Leute einreden zu müssen, damit sie mal kurz an dem Schwert zogen - ich empfand das zumindest so, vor allem bei Menschen, die einem schon vom bloßen Anblick her so zuwider waren, dass man sie am liebsten aus der Kirche gejagt hätte. Laut ausgesprochen hätte mir dies eine böse Rüge von Andreas eingebracht, aber Denken durfte ich ja wohl immer noch, was ich wollte - die goldene Regel Nummer Drei, gilt nur für mich.
    Ich schüttelte den Kopf, um mich wieder zu konzentrieren, und sah erneut nach der Blonden: Es gab natürlich auch echte Highlights, und ehrlich gesagt waren die genau so selten oder häufig wie die ganz fiesen Fälle - die meisten Leute waren einfach zu normal und zu langweilig, um auch nur mehr als einen Blick auf sie zu verschwenden.
    Die Blonde trat gerade wieder an den Stein, Jacks Charme hatte wohl gewirkt. Ich schaltete den Ton aus der Kammer auf meinen Kopfhörer, nur, weil mich ihre Stimme interessierte - und bekam augenblicklich eine Gänsehaut. Das Mikro war direkt über dem Stein angebracht, und so drang mir das Quietschen von Stahl auf Stein messerscharf und schmerzhaft schneidend in den Kopf. Ich beobachtete fassungslos, wie die Blonde das Schwert aus dem Stein zog: Nicht mühelos, es kostete sie sichtlich Kraft, die schwere Waffe anzuheben, aber trotzdem kam diese unzweifelhaft ebenso willig wie geschmeidig aus ihrem Jahrhunderte alten Grab. Das kratzende Geräusch wurde von einem glockenhellen Lachen abgelöst - die Blonde, belustigt, aber auch ein bisschen verärgert, als wäre sie böse mit sich selber, weil sie sich so billig von uns hatte reinlegen lassen.
    Und ich? Ich starrte wie blöd in die Kammer, sah Jacks Überraschung und den Ärger der Blonden - meine Hände kraftlos auf dem Tisch, den Mund offen, das Gehirn im Leerlauf. Ich presste mir die Handballen auf die brennenden Augen und bekam in meiner Schockstarre nicht mit, was die Blonde zu Jack sagte, auch wenn ihre Worte klar und deutlich waren - nicht gut, rügte ich mich selber, gar nicht gut: Du hast Jahrhunderte lang auf diesen Moment gewartet, du bist Jahrhunderte lang auf diesen Moment vorbereitet worden, du musst in genau diesem Moment funktionieren!
    Ich öffnete die Augen wieder, blinzelte, fokussierte - und es war tatsächlich wahr, es war immer noch wahr: Der Stein war leer, das Schwert war frei und die Blonde streckte es Jack herausfordernd entgegen. Sekunden später gellte der Alarm durch die Kirche, und mein Dienst in der Zentrale war nach zweihundert ereignislosen Jahren von einer Sekunde auf die andere beendet - vermutlich für immer.
    Shara

Drei Dinge geschahen gleichzeitig, als der Kreuzritter den Schalter aktivierte: In der Kammer ging das Licht an, die schweren Riegel an der Eingangstür schoben sich knarrend vor und eine Sirene gellte los - sie klang wie ein Feueralarm, schrill und aufpeitschend.
    Die plötzliche Helligkeit blendete mich, die Sirene ließ mich zusammenzucken, wirklich bedenklich fand ich allerdings das Geräusch der sich verriegelnden Tür, da mich das einschloss - in einer Kammer im Keller einer Kirche, mit einem Typen im Kreuzritterkostüm. Vom Ausgang war jedoch nicht dergleichen zu hören gewesen, daher blieb Panik erst einmal aus.
    "Ich werde jetzt gehen. Nehmen Sie das hier", sagte ich mit halbwegs kräftiger Stimme, um den Alarm zu übertönen, und streckte dem Kreuzritter das Schwert entgegen.
    Aus der etwas unheimlichen Gestalt im Halbschatten war im Licht tatsächlich ein außergewöhnlich schöner junger Mann geworden, der mich noch immer anstarrte, er hatte einen schwarzen Stecker im Ohr, dessen Kabel unter dem Kragen der bodenlangen Kutte verschwand. Sein Entsetzen war jetzt abgemildert, der erste Schreck scheinbar vorbei - eine tiefe, ehrliche Überraschung lag nun auf seinen klaren Zügen, hatte seine erstaunlichen Augen erstaunt geweitet.
    Er blickte von mir auf das Schwert, dann schüttelte er langsam den Kopf, begreifend und sich sammelnd.
    "Es steht mir nicht zu, das Schwert jetzt zu berühren. Aber bitte, gehen wir
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