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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen
Autoren: Tina Sabalat
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Kammer nicht genau gemustert, hatte nur seinen missbilligenden Gesichtsausdruck registriert und mich dann auf scheinbar wichtigere Personen konzentriert, nämlich Andreas und Ciaran. So fielen mir erst jetzt die Geschmeidigkeit und die Schnelligkeit auf, mit der Joseph sich bewegte: Er war groß und sehr schlank, mit langen Gliedern und unzähligen schmalen Zöpfen, seine Nase kühn geschwungen, die Zähne strahlten blendend Weiß aus der wirklich sehr dunklen Haut - ein bemerkenswerter Mann, der einen mit einer schwarzen Kutte in einer düsteren Kirche aber ganz sicher auch zu Tode erschrecken konnte.
    "Wohin fahren wir?", fragte ich Andreas, er wandte sich leicht zu mir um und antwortete erneut auf diese in meinen Ohren sehr förmlich klingende, bei ihm indes aber ganz natürlich wirkende Art.
    "Wir haben in Rom ein Haus - an der Via della Conciliazione, zwischen Petersplatz und Engelsburg. Wir würden uns überaus geehrt fühlen, Sie dort als unseren Gast begrüßen zu dürfen."
    Eigentlich wäre mir ein öffentlicher Ort lieber gewesen, andererseits war wohl alles besser als dieser unheimliche, von Grabplatten umgebene Raum in der düsteren Kirche, also nickte ich nur und schwieg.
    Jackson fuhr auf ein Zeichen von Andreas los und fädelte sich geschickt in den munter fließenden Verkehr ein. Es regnete jetzt stärker, dicke Tropfen klatschten wie Trommelschläge auf das Auto. Die Straßen hatten sich ein wenig geleert, aber noch immer waren viele Menschen und noch mehr Autos unterwegs: Regenschirme in fröhlichen Sommerfarben leuchteten im gräulich dampfenden Dunst, lachende Touristen drängten sich unter den Markisen der Geschäfte und brachten Fotoapparate und Stadtpläne vor dem Regen in Sicherheit.
    Ich fühlte mich plötzlich sehr einsam, sehr abgeschnitten von der normalen Welt, den normalen Menschen - und mein Magen fragte mich nun ganz ernsthaft und mit dem leichten Pieken der Angst, warum ich nicht einfach an der nächsten Ampel aus dem Wagen sprang und auf Nimmerwiedersehen zwischen den vielen Leuten verschwand. Weil du auch verdammt neugierig bist, was am Ende dieser Fahrt auf dich wartet, antwortete mein Kopf, was den murrenden Magen allerdings nicht wirklich zufrieden stellte.
    Um mich von meiner aufkeimenden Angst abzulenken, musterte ich meine Begleiter noch einmal genauer: Kreuzritter Jackson konzentrierte sich auf den Verkehr, doch ich erwischte ihn in kürzester Zeit zweimal dabei, wie er mich über den Rückspiegel ansah. Seine Augen waren prüfend, ein wenig fragend auch - und sehr, sehr, sehr grün. In der Kammer war es ein sattes Dunkelgrün gewesen, ähnlich dem der Smaragde auf dem Schwert, in dem besser beleuchteten Aufenthaltsraum dann etwas heller - ein mildes Tannengrün vielleicht. Jetzt, im Tageslicht, funkelten die Augen in einem strahlenden Grasgrün, das mir ein wenig den Atem raubte, als es mich das erste Mal unvermittelt traf: Ich musste geschockt wegsehen, war mir selber dafür böse und konzentrierte mich stattdessen auf ungefährlichere Körperteile. Jacksons Haare waren hier draußen immer noch irgendwo zwischen Dunkelbraun und Schwarz, dicht und lockig - sie sahen aus, als könnte man ihnen weder mit Kamm noch Bürste beikommen und weckten in mir den ganz und gar unangebrachten Wunsch, meine Hände in dieser weichen Pracht zu vergraben. Seine Haut war hell und so rein, dass manches Mädchen (mich eingeschlossen!) ihn darum beneidet hätte, die schlanken Hände lagen ruhig auf dem Lenkrad. Er mochte ein paar Jahre älter sein als ich, aber viele waren es nicht. Beunruhigend schön, fuhr es mir durch den Kopf, als mein Herz (das leicht zu beeindruckende, dumme Ding!) unter einem dritten grünen Blick schneller zu Klopfen begann: Bei dem musste ich vorsichtig sein, hatten doch seine zwei, drei bittenden Worte unten in der Kammer schon dazu geführt, dass ich mich hatte überreden lassen, dieses verdammte Schwert anzufassen.
    Ich ließ von Jackson ab: Andreas neben mir hatte die Hände bedächtig in den Schoß gelegt und schenkte mir ein verhaltenes Lächeln, als er meinen Blick auffing. Er war ein paar Zentimeter kleiner als ich, aber kräftig gebaut, allerdings ohne ein Gramm Fett - breiter Brustkorb, kräftige Gliedmaßen, große Hände. Zu ihm passte das Schwert viel besser als zu mir: Er sah aus, als wisse er damit umzugehen, auch wenn ich nicht hätte sagen können, wie ich zu diesem Urteil kam. Sein Gesicht war ebenso robust wie sein Körper – markant, ein wenig
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