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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen
Autoren: Tina Sabalat
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sich weißer Stein über einem hohen grauen Sockel bis zur schmucklosen Decke. Eine gewaltige, marmorne Treppe teilte sich nach wenigen Metern und strebte dann nach links und rechts ins nächste Stockwerk hinauf, in der Halle unten gingen mehrere mattschwarze Türen in unbekannte Räume ab. Das Licht kam durch die Fenster in der Hauswand hinter mir, doch die Regenwolken mit ihrer dämmrigen Stimmung ließen dieses Haus von innen nicht freundlicher wirken als von außen. Keine Möbel, keine Bilder, keine Teppiche, keine Pflanzen - der Raum war absolut leer und hallte laut unter unseren Schritten.
    Andreas bat mich die Treppe hinauf, und ich sah aus dem Augenwinkel, dass der Kreuzritter und der Riese mit Joseph in einer der Türen unten verschwanden. Ich fühlte mich seltsam allein gelassen, folgte den beiden Männern aber die Treppe hinauf. Sie hielten sich rechts, im ersten Stock gingen wir dann einen Korridor entlang, der schon eher meinen Vorstellungen vom Inneren eines Prachtbaus in Rom entsprach und ob seiner Opulenz meine Stimmung ein wenig hob: Dicker, weinroter Teppich bedeckte den Steinboden, die Wände waren über einem Absatz aus dunklem Holz mit seidenen Tapeten in hellem Beige bespannt. Zahlreiche Gemälde schmückten die hohen Wände, die meisten ziemlich alt. Ich wäre fast stehen geblieben, um mich zu vergewissern, ob die Darstellung eines blonden jungen Mannes mit aufwändig bestickter Weste, einem Buch in der Linken und (natürlich!) einem Schwert in der Rechten tatsächlich ein Vermeer war, aber ich beherrschte mich in letzter Sekunde. Ciaran hatte meinen zögernd verlangsamten Schritt wie auch meinen prüfenden Blick bemerkt und schien mein Interesse zu schätzen: Er lächelte mir zu, nickte zu dem goldgerahmten Gemälde hinüber.
    "Ein schönes Bild, nicht wahr? Es zeigt Lukas, ein ehemaliges Mitglied unseres Ordens, und entstand im 17. Jahrhundert."
    Ich nickte.
    Der Korridor wurde von Wandlampen erhellt, rechts und links befanden sich in regelmäßigen Abständen hohe Flügeltüren. Wir gingen bis zu einer reich mit Schnitzereien verzierten Tür am Ende des Flurs, Andreas öffnete sie mir und ich betrat eine große Bibliothek.
    Bücherregale über Bücherregale zogen sich über zwei Stockwerke vom Boden bis zur Decke, eine hölzerne und verschnörkelte Wendeltreppe links neben der Tür führte auf den Wandelgang, der die zweite Etage zugänglich machte. Die Fenster waren von den Regalen ausgespart worden und ließen ein angenehmes, natürliches Licht in den Raum - hier wirkte der regnerische Tag viel weniger trübe als in der steinkalten Eingangshalle. Ich ließ meinen Blick beeindruckt über die Bücher gleiten: Es waren vor allem alt bis uralt aussehende, ledergebundene Bände in jedwedem Format, aber ich entdeckte auch einige jüngere Bücher in bunteren Einbänden. Ein großer Tisch mit Leselampen und bestimmt zwölf Stühlen nahm fast die ganze linke Seite des Raumes ein, an ein paar Plätzen lagen Bücher, Blöcke und Stifte, an einem stand ein Laptop, auf dem ein Bildschirmschoner mit Fotos paradiesischer Strände seine Runden drehte - ja, dieser obskure Ritterorden war im 21. Jahrhundert angekommen, kein Zweifel.
    Rechts vor einem großen, offenen Kamin waren dicke Ledersessel um einen niedrigen Tisch gruppiert, dorthin bat mich Andreas. Ich nahm das angebotene Wasser an, dann ließ ich mich in einen der Sessel sinken, die beiden Männer nahmen links und rechts von mir Platz, nachdem Andreas das Schwert auf dem Tisch abgelegt und die schwarze Stoffhülle weggeschlagen hatte. Das milde, helle Licht des Raumes schmeichelte der alten Klinge, Stahl, Gold und Edelsteine glänzten satt.
    Ich sah auf die Uhr und wartete auf die Eröffnung - es war etwa Viertel vor eins, die Zeit der Kreuzritter lief.
    Magnus

"Spinnst du? Bleib hier", zischte ich ihm zu, dann zog ich ihn mit in die Küche.
    Jo folgte uns und setzte sich zu mir an den Tisch, während Jack begann, vor uns auf und ab zu laufen - noch ein Zeichen dafür, dass er total von der Rolle war, war er doch sonst die Ruhe in Person.
    "Mensch, hock dich hin. Das kann dauern", sagte Jo, während ich mir eine Zigarette anzündete.
    Ich rauchte nicht wirklich viel, weil sich das nicht mit meinem Laufpensum vertrug, aber heute war kein Tag, an dem die üblichen Regeln galten - nein, ganz gewiss nicht: Der heutige Tag würde in die Geschichte eingehen, zumindest in die Geschichte meiner kleinen Welt. Blondie hatte eine Packung dieser
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