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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Philippa Gregory
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richte mich auf und schließe die Augen, blinzele die Tränen fort. »Das Einzige, was mir fehlt, bist du, Liebster«, flüstere ich. »Immer nur du.«
    »Euer Gnaden, fühlt Ihr Euch nicht wohl?« Die Stimme der Nonne ruft mich in die Gegenwart zurück. Ich öffne die Augen. Meine Beine sind steif, weil ich so lange gekniet habe. »Wir wollten Euch nicht stören, doch Ihr weilt bereits seit Stunden hier.«
    »Oh ja«, sage ich. Ich versuche zu lächeln. »Ich komme gleich. Lasst mich noch einen Moment allein.«
    Ich will in meinen Traum mit Arthur zurückkehren, doch er ist fort. »Warte auf mich in unserem Garten«, flüstere ich. »Dann komme ich eines Tages zu dir. Bald komme ich in den Garten, wenn mein Werk auf Erden getan ist.«

 
 
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    Das Tribunal unter Vorsitz der päpstlichen Legaten, welches die höchst wichtige Angelegenheit des Königs verhandelt.
    Worte besitzen Gewicht. Was einmal gesagt worden ist, kann nicht zurückgenommen werden. Die Bedeutung von Worten ist wie ein Stein, der in einen Teich geworfen wird: Wellen breiten sich aus, und man weiß nicht, an welches Ufer sie schlagen werden.
    Einst gelobte ich einem jungen Mann in tiefster Nacht: »Ich liebe Euch, ich werde Euch ewig lieben.« Einst sagte ich: »Ich verspreche es.« Und dieses Versprechen, das ich vor siebenundzwanzig Jahren gab, um einen sterbenden jungen Mann zu trösten, um den Willen Gottes zu erfüllen, um die Wünsche meiner Mutter und - ehrlich gesagt - auch meinen eigenen Ehrgeiz zu stillen ... dieses Versprechen, dieses Wort fällt nun auf mich zurück wie die Wellen, die gegen den Rand eines Marmorbeckens schlagen und wieder zurückschwappen in dessen Mitte.
    Ich wusste, eines Tages würde ich mich für meine Lüge verantworten müssen, vor dem Angesicht Gottes. Doch niemals hätte ich geahnt, dass ich auch einmal einem weltlichen Gericht Rede und Antwort stehen müsste. Niemals hätte ich geglaubt, dass die Welt mich wegen etwas verhören würde, das ich einst aus Liebe versprochen hatte. Und so habe ich in meiner Verblendung nie über eine wirkungsvolle Verteidigung nachgedacht. Sondern starr an meiner Lüge festgehalten.
    Und das, so glaube ich, hätte jede Frau an meiner Stelle getan.
    Heinrichs neue Geliebte, die Tochter der Elizabeth Boleyn, meine Ehrenjungfer, ist letztlich die, welche ich zu fürchten habe: Denn sie besitzt einen Ehrgeiz, der sogar noch größer ist als der meine. Sie ist tatsächlich noch machtbesessener als der König. Sie besitzt mehr Ehrgeiz, als ich jemals bei einem Mann oder einer Frau erlebt habe. Sie begehrt Heinrich nicht als Mann - ich habe seine Geliebten kommen und gehen sehen und kann in ihnen lesen wie in einem Buch. Anne Boleyn begehrt nicht meinen Mann, sondern meinen Thron. Es hat sie viel Mühe gekostet, den Weg bis hierher zurückzulegen, aber sie ist hartnäckig und entschlossen. Ich glaube, ich wusste von dem Moment an, als er ihr seine Geheimnisse und sein Innerstes anvertraute, dass sie mit der Zeit meine Lüge herausfinden würde - so wie ein gefräßiges Wiesel seine Beute im Kaninchenbau erschnuppert. Und sobald sie meine Lüge erkannt hätte, würde sie sie zu ihrem Vorteil ummünzen.
    Der Gerichtsdiener ruft mich auf: »Katharina von Aragón, Königin von England, tretet vor das Gericht.« Dieser Aufruf ist reine Formalie, denn sie erwarten nicht, dass ich spreche. Es sind keine Anwälte anwesend, die mir zur Seite stehen könnten, ich habe mir keine Verteidigung zurechtgelegt. Stattdessen habe ich deutlich gemacht, dass ich diesem Tribunal jegliches Recht abspreche, über meinen Fall zu urteilen. Sie erwarten, ohne mich fortfahren zu können. Tatsächlich macht sich der Gerichtsdiener schon bereit, den nächsten Zeugen aufzurufen ...
    Aber ich werde aussagen.
    Meine Diener stoßen die Doppeltür des Saales auf, in dem ich so oft die Sitzungen des Kronrates leitete. Ich schreite hinein, hocherhobenen Hauptes, so furchtlos wie stets in meinem Leben. Der königliche Goldbaldachin ist am jenseitigen Ende des Saales aufgespannt, und darunter sitzt mein Ehemann, mein verlogener, verleumdender, ehebrecherischer Gemahl mit seiner Krone, die ihm schlecht zu Gesicht steht.
    Auf einem Podest unterhalb sitzen zwei Kardinäle, ebenfalls von Goldbrokat beschirmt, auf goldenen Stühlen mit goldenen Kissen: Wolsey, der mich verraten hat und in Heinrichs Lager überlief und mir jetzt nicht in die Augen zu schauen vermag; und dieser andere verlogene Freund,
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