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Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Philippa Gregory
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kann«, sagte die Duenna, die Anstandsdame der spanischen Prinzessin, mit vernichtendem Blick. »Die Adeligen ihres Hofes haben Seine Majestät bereits aufgesucht und ihm eröffnet, dass sich die Prinzessin gemäß unseren Traditionen vor der Hochzeit zurückgezogen hat. Glaubt Ihr etwa, der König von England würde sich erfrechen, sie aufzusuchen, wo die Infantin doch abgelehnt hat, ihn zu empfangen? Was für ein Mann würde denn so etwas tun?«
    »Genau der hier«, erwiderte er und streckte ihr zur Erklärung seinen Finger mit dem großen goldenen Ring entgegen. In diesem Augenblick eilte Graf de Cabra in die Halle und erkannte sogleich den hageren, vierzigjährigen Mann, welcher der Duenna der Infantin mit geballter Faust drohte. Hinter ihm duckten sich ein paar erschrockene Diener.
    »Der König!«, keuchte de Cabra entsetzt. Im selben Augenblick erkannte auch die Duenna das neue Emblem Englands, die vereinten Rosen der Häuser Lancaster und York, und wich erschrocken zurück. Der Graf verneigte sich vor dem König.
    »Er ist der König!«, zischte er der Duenna mit gedämpfter Stimme zu. Die Anstandsdame keuchte entsetzt und sank in einen tiefen Knicks.
    »Steht auf«, befahl der Herrscher. »Und holt sie.«
    »Aber sie ist eine spanische Prinzessin, Euer Gnaden«, wandte die Frau ein und erhob sich mit tief gesenktem Kopf. »Sie muss die Tage vor der Hochzeit in Abgeschiedenheit verbringen. Ihr dürft sie vor der Hochzeit nicht sehen. Das ist unsere Tradition. Ihre Höflinge haben es Euch doch erklärt ...«
    »Das ist Eure Tradition. Nicht die meine. Und da sie in meinem Lande und nach meinen Gesetzen meine Schwiegertochter wird, muss sie sich unserer Tradition beugen.«
    »Sie ist sehr behütet erzogen worden und ist sehr bescheiden und hält auf Anstand ...«
    »Dann wird es sie überaus schockieren, einen zornigen Mann in ihrem Schlafgemach vorzufinden. Madam, ich schlage vor, dass Ihr sie unverzüglich weckt.«
    »Das werde ich nicht tun, Euer Gnaden. Ich nehme meine Befehle ausschließlich von Spaniens Königin entgegen, und diese hat mir aufgetragen, dass der Infantin stets angemessener Respekt bezeugt wird und dass sie sich stets nach den Regeln des Anstands ...«
    »Madam, Ihr könnt Eure Tagesbefehle von mir erhalten - oder auch den Marschbefehl, es ist mir gleich. Nun schickt das Mädel schon heraus, oder ich schwöre bei meiner Krone, dass ich ihre Kammer betrete, und wenn ich sie nackt im Bette sehe, dann ist sie nicht die erste Frau, die ich in solchem Zustand antreffe. Aber in letzterem Falle sollte sie lieber hübsch sein.«
    Die spanische Duenna erbleichte ob dieser Beleidigung.
    »Ihr könnt wählen«, sagte der König mit steinerner Miene.
    »Ich kann die Infantin nicht holen«, entgegnete sie trotzig.
    »Mein Gott! Es reicht! Sagt ihr, ich käme sofort hinein.«
    Sie trippelte zurück wie eine scheue Kuh, das Gesicht weiß vor Empörung. Heinrich gewährte ihr ein paar Augenblicke, dann ließ er es darauf ankommen und stolzierte in die Kammer.
    Diese wurde nur von Kerzen und dem Feuer im Kamin erleuchtet. Die Bettdecke war zurückgeschlagen, als wäre das Mädchen hastig aufgestanden. Plötzlich wurde Heinrich die Intimität der Situation bewusst: ihre Schlafkammer, die noch warmen Laken, ihr Geruch in dem abgeschlossenen Gemach. Dann erst schaute er die spanische Infantin an. Sie stand neben ihrem Bett, eine kleine weiße Hand ruhte am geschnitzten Bettpfosten. Über ihre Schultern hatte sie einen dunkelblauen Umhang geworfen, und durch einen Schlitz blitzte ihr weißes Nachthemd mit dem kostbaren Spitzensaum. Ihr volles kastanienbraunes Haar, für die Nacht zum Zopf geflochten, hing über ihren Rücken, doch ihr Gesicht war vollkommen hinter einer hastig übergeworfenen dunklen Spitzenmantilla verborgen.
    Doña Elvira stellte sich zwischen das junge Mädchen und den König. »Dies ist die Infantin«, mahnte sie. »Sie wird bis zu ihrer Hochzeit verschleiert sein.«
    »Nicht, wenn ich für sie bezahlt habe«, sagte Heinrich Tudor bitter. »Ich will die Ware vorher in Augenschein nehmen, wenn Ihr erlaubt.«
    Er trat einen Schritt vor. Die verzweifelte Duenna war kurz davor, auf die Knie zu fallen. »Ihre Sittsamkeit erlaubt nicht ...«
    »Hat sie vielleicht einen Schönheitsfehler?«, fragte er und gab damit seiner größten Furcht Ausdruck. »Womöglich Pockennarben, die mir verschwiegen wurden?«
    »Nein! Ich versichere es.«
    Stumm streckte das Mädchen eine weiße Hand aus und hob den
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