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Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)

Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)

Titel: Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
Autoren: Michael Rusch
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erst Kinder in die Welt zu setzen, wenn sie älter als einhundert Jahre waren.
    Jodaryon war, als er dieses Alter erreichte, schon in Gefangenschaft geraten, nachdem er mit seinen Heeren die Schlacht gegen Bossus verloren hatte. Es war ihm nicht vergönnt, ein Kind zu haben. Sein Weggefährte und Mitstreiter war ihm so lieb geworden, dass er für ihn tatsächlich nicht nur freundschaftliche, sondern auch väterliche Gefühle entwickelt hatte. Er hatte dem jungen Mann so viele Zaubertricks beigebracht, hatte ihm so viel vom Leben erklärt, hatte ihn auch schon so manches Mal nachts zugedeckt, als er sich im Schlaf seine Decke vom Körper gezogen hatte. So oft sah der Junge ihn für seine Freundschaftdienste dankbar an. Gerne hätte der alte Mann den jungen Burschen einmal in seine Arme genommen, aber das traute er sich dann doch nicht. Zu jeder Zeit würde er sein Leben diesem Jungen anvertrauen. Wasgo würde Jodaryon nicht enttäuschen. Das wusste der alte Zauberer mit absoluter Sicherheit.
    Nachdem sie schweigsam gegessen hatten, befahl Jodaryon: „Verstaue alles wieder in deinem Gepäck, und zwar so, dass wir morgen früh sofort weitermarschieren können! Danach legst du dich schlafen. Ich wecke dich später, damit auch ich etwas schlafen kann, und dann wachst du über uns.“
    Schnell hatte Wasgo alles erledigt. Jodaryon sah ins Feuer und entspannte sich, als er plötzlich eine Hand auf seinem Arm spürte. „Willst du dich nicht zuerst etwas ausruhen und schlafen?“, fragte der junge Mann.
    „Nein, mein Junge, du brauchst mehr Schlaf als ich. Lege dich nur hin und schlafe. Ich pass gerne auf dich auf, dass dir nichts Böses geschieht“, antwortete Jodaryon fast liebevoll und sah Wasgo dabei direkt ins Gesicht.
    Aus seinen freundlichen Augen erwiderte der junge den Blick des alten Mannes und sagte leise: „Danke, mein Freund.“
    Jodaryon stand auf und zog den Jugendlichen, der Wasgo mit seinem Alter von achtzehn Jahren noch war, zu sich. Der ließ es geschehen. Umständlich nahm Jodaryon seinen jungen Freund nun doch in seine Arme und drückte ihn sanft an sich. „Es ist alles gut, mein Junge, ich bin stolz darauf, dass wir so gute Freunde sein können und uns gegenseitig unser Leben anvertrauen. Ich werde immer auf dich aufpassen, denn du bist mir wie ein Sohn in der Zeit unserer Abenteuer geworden. Was wir alles schon zusammen erlebt haben, das erleben viele Väter nicht mit ihren Söhnen“, sagte der Alte und streichelte dem jungen Mann über die Haare und sein Gesicht.
    Und dann sagte er in einem befehlenden Ton, der keine Widerrede duldete: „Und nun lege dich schlafen! Aber sofort!“
    Wasgo kam gerne der Aufforderung seines väterlichen Freundes nach. Kaum lag er nah am Feuer und spürte dessen Wärme an seinem Körper, übermannte ihn eine tiefe Müdigkeit. Noch dachte Wasgo über die Zärtlichkeit des älteren Mannes nach, die er soeben das erste Mal von Jodaryon empfangen hatte. Der Jüngling spürte es immer deutlicher, dass Jodaryons Herz aus Eis langsam ein warmes und mitfühlendes Herz wurde. Die Nachtgespenster kamen und trieben ihren sanften Schabernack mit Wasgo und schickten ihn in das Land der Träume.
    Jodaryon wachte über den jungen Mann. Mehrmals sah er sich den schlafenden Jüngling an, der ruhig und zufrieden wirkte, dessen jugendliche Schönheit ihn eher dazu verleiten ließ, Wasgo zu behüten und zu beschützen, aber nicht, mit ihm in einen Kampf auf Leben und Tod zu ziehen.
    Weder der alte Zauberer noch die Nachtgespenster ahnten, dass der junge Mann schon am nächsten Tag nach dem Willen des Herrschers der Welt sterben sollte.
     
     
    Bossus tobte. Schon wieder waren seine Feinde entkommen. Schon wieder hatten sie seinem Zauber widerstehen können. Was für einen Schutzengel mussten sie nur haben, dass alle seine Bemühungen, die ungleichen Gefährten zu töten, misslungen waren? Voller Wut packte er die Seherkugel und schleuderte sie in irrer Raserei gegen die Wand. Wäre zu diesem Zeitpunkt einer seiner Diener bei ihm gewesen, hätte er ihn in Stücke gehauen. So war es die Seherkugel, die den Hass des Bossus ausbaden musste. Sie prallte gegen die Wand und zersprang mit einem lauten Knall in Tausende von kleinen Einzelteilen. Dicker, schwarzer Rauch quoll aus der zerstörten Seherkugel hervor. An der Stelle der Wand, an der die Kugel auftraf, züngelte für wenige Sekunden ein munteres Feuer in roten und blauen Farben.
    Bossus verspürte einen plötzlichen Schmerz in seiner
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