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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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Trauer.
    Gero von Aha zog ihn hoch, legte ihm den Arm über die Schulter und führte ihn zum Einsatzfahrzeug. Die beiden schauten sich an.
    Was für ein erbärmlicher Kerl und welch übertriebene Geste, dachte Burmeester, der den beiden hinterherblickte. Gerade wollte er sich abwenden, als ihm eine kleine Bewegung auffiel. Nichts Weltbewegendes, nein, eine kaum bemerkbare Handbewegung. Die Hände von Carl Stricker und Gero von Aha berührten sich einen Moment lang, zwischen ihren Fingern blitzte ganz kurz auf, was von Aha entgegennahm. Mit resignierendem Kopfschütteln, gar leicht erbostem, aber mühsam beherrschtem Gesichtsausdruck ließ von Aha einen Schlüsselbund in seine Hosentasche gleiten.
    Burmeester schaute sich um, kein anderer blickte in diese Richtung. Er allein hatte gesehen, was sich in dem kurzen Augenblick abgespielt hatte. Stricker hatte von Aha einen Schlüssel zugesteckt. Der Herr Kommissar als ungewollter Komplize? Hatte der alte, kranke Mann es darauf angelegt, dass jemand anders Con erschießen würde? Hatte der Neue einem vermutlich dreifachen Mörder geholfen? Was wäre, wenn er wirklich eine Schlüsselübergabe beobachtet hätte? Ging seine Phantasie mit ihm durch?
    Erst da schaute Burmeester zu dem Haus am Großen Markt, aus dem die verfeindeten Geschwister gekommen waren. Dort wohnte von Aha seit Neuestem. Burmeester kombinierte, dass der Schlüssel zu dieser Wohnung passen musste. War dort der geplante Fluchtort gewesen? In diesem Fall hätte von Aha dem Entführer geholfen, irdische Gerechtigkeit zu schaffen, wo juristische Strafe verjährt und nicht mehr möglich war. Der Gedanke schien Burmeester absurd. Hatte von Aha zusammen mit Carl Stricker einen Showdown inszeniert, bei dem am Ende eine gezielte Polizeikugel die Todesstrafe des Vaters rächte? Dann hätte von Aha auch Moritz und Karin Krafft bei einer ausgeklügelten »Entführung« benutzt, um Schicksal zu spielen.
    Burmeester schloss für einen kurzen Moment die Augen. Aha scherte sich nicht um Regeln, war durchaus ein Zyniker, aber kein Hasardeur und kein Verbrecher. Es konnte nur eine Erklärung geben: Gero hatte dem vom Leben hart gezeichneten und todkranken Carl Stricker lediglich helfen wollen, Con verhaften zu lassen, und bei der inszenierten Entführung mitgespielt. Doch nun hatte der mörderische Zwillingsbruder den zu naiven von Aha als Helfershelfer benutzt, um Con zu vernichten. Ja, so könnte es gewesen sein, bilanzierte Burmeester. Wie auch immer, der Neue hatte Schuld auf sich geladen. Verstört blickte Burmeester von Aha nach, der den Blick gesenkt hielt.
    Was hatte er eigentlich genau gesehen? Waren die Verstrickungen zu beweisen? Schon wurde aus einer Beobachtung, einer Vermutung, einer Verdächtigung ein Nichts. Was blieb, war ein uraltes Gefühl, das er gut kannte: Misstrauen.

Epilog
    »Blut-Traudl« musste nie vor Gericht. Sie starb 1995 als gut versorgte Pensionärin nach vielen Jahren im Staatsdienst.
    Carl Stricker erlag nach drei Wochen in Haftgewahrsam den Folgen seiner Krankheit. Die Toten in der Sonsbecker Schweiz und der Anschlag auf Cornelia Garowske gingen auf sein Konto. Schon Wochen vor den Taten war er zwischen Erfurt und dem Niederrhein hin- und hergependelt.
    In einer Gaststätte in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs war er auf Spurensuche nach seinem geköpften Vater auf Patrick Leschek gestoßen. Jung, naiv und geldgierig, wie dieser war, ließ er sich für die Todesfahrt mit einem Lkw auf die Pilgergruppe anheuern. Als er Sektenführerin Con verfehlte, beschloss Carl Stricker, ihn aus dem Weg zu räumen. Sein Bruder Conrad, im Glauben, dem lange Verschollenen bei einem gesundheitlichen Problem zu helfen, besorgte aus einem Seniorenstift illegal Insulin. Er ahnte nicht, dass sein Zwillingsbruder damit den gedungenen Mörder Leschek beseitigen würde.
    Die Sekte der »Gerechten der Welt« wurde von Amts wegen aufgelöst, was in der Öffentlichkeit auf gegensätzliche Meinungen stieß. Vereinzelte Proteste gegen die Unterdrückung der Glaubensfreiheit verliefen schnell und folgenlos.
    Der Diakon Conrad van Laak verkraftete die Erlebnisse nicht. Ihm konnte die Verwüstung des Sektenzentrums nachgewiesen werden, wo er belastende Unterlagen gegen Con gesucht hatte. Er hatte nach dem vom versteckten Burmeester beobachteten Streit mit Con in der GdW-Zentrale vergeblich gehofft, dass seine Schwester ihre Schuld gegenüber Carl bekennt. Die Idee zur Entführung von Moritz Krafft war ihm bei der
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