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Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
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können. Von diesen Lebensmitteln wurden 40 Prozent noch nicht einmal angerührt, und mindestens 10 Prozent landen noch vor dem Ablaufdatum im Müll. Dabei waren die Forscher durchaus großzügig und zählten zum unvermeidbaren Müll nicht nur die Kartoffelschalen, sondern auch Brotrinde, die oft abgeschnitten in der Tonne landet. Plus Zubereitungsreste, weil zu viel gekocht wurde, noch einmal 1,6 Millionen Tonnen. Fazit: Die britischen Verbraucher werfen ein Drittel des Essens, das sie kaufen, wieder weg. Dazu kommt noch, dass der Handel den Müllberg um weitere acht Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr vergrößert.
    Die britische Regierung nannte die Zahlen »alarmierend« und »schockierend«. Doch warum kümmert sich die Regierung in London um weggeworfenes Essen, während in Berlin sich kein einziger Politiker mit dieser Frage beschäftigt? Dazu muss man wissen, dass Großbritannien rund 40 Prozent seiner Nahrungsmittel importieren muss – in Deutschland sind es nur etwa 20 Prozent.
    Als 2007 und 2008 die Preise auf der Weizenbörse in die Höhe schossen und damit auch die Preise der meisten anderen Grundnahrungsmittel, begann sich der damalige Premierminister Gordon Brown Sorgen zu machen. Sorgen um die Ernährungssicherheit, die gleichen Sorgen wie die Länder der Dritten Welt.
    Damals lancierte die Regierung eine gigantische öffentliche Kampagne unter dem Motto »Love Food Hate Waste«. Sie kooperierte, um wirklich jedes Dorf zu erreichen, mit Verbänden wie dem Women’s Institute ( WI ), einer Art britischem Hausfrauenbund. Das WI propagierte einen »Leftover Day«, einen Tag, an dem wie früher die Reste der Woche verbraucht werden. Und lobte den Preis »Love Food Champion« aus, womit Gruppen gekürt wurden, die es binnen vier Monaten schafften, ihren Lebensmittelmüll zu halbieren. Ceri Crossland, Gewinnerin in der Grafschaft Gloucestershire: »Wir hatten viel Spaß in unserer Gruppe, ständig kamen neue Leute, und jedes Mal tauschten wir Tipps aus, wie man tägliche Küchenzutaten wie Brot, Käse oder Spinat aufbrauchen kann.«
    Heftig kritisiert wurde auch die gängige Verkaufspolitik der Supermärkte »Buy one get two«, die die Kunden zum Kauf von Waren verführt, die sie oft nicht brauchen. Kreativ wandelte die Supermarktkette Sainsbury’s das Angebot um: Heute heißt es »Buy one now, get one later« – wer also ein Brot kauft, erwirbt einen Gutschein, mit dem er den zweiten Laib später umsonst holen kann – dann, wenn er gebraucht wird.
    2009 schließlich beschloss die damalige Labour-Regierung einen 20-Jahres-Plan zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung, unter dem Titel »Food 2030«, es war der erste Masterplan zur Ernährungspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg.
    Premierminister Gordon Brown: »Es ist richtig, die Menschen daran zu erinnern, dass sie jede Woche Lebensmittel im Wert von 8 Pfund verschwenden.« Der Schotte Brown wurde gerne als überkorrekt, ja geizig kritisiert. Doch die Ziele der Kampagne werden auch von der neuen konservativen Regierung getragen.
    Besonders delikat: Der Minister für Umwelt und Ernährung Hilary Benn wagte sich auch an die »heilige Kuh« Mindesthaltbarkeitsdatum und schlug vor, verderbliche Waren sollten nur noch ein »Use before«-Datum tragen, denn nur dieses sei rechtlich notwendig. Die derzeit üblichen Begriffe wie »Best before« und »Sell by« würden beim Verbraucher nur für Verwirrung sorgen und sollten abgeschafft werden. »Zu viele Menschen werfen Lebensmittel auf den Müll, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie noch gut sind oder nicht, und weil sie die Daten auf den Etiketten falsch deuten«, so der Minister.
    Das kommt mir bekannt vor. Das gleiche Trauerspiel findet täglich vor deutschen Kühlschränken statt, die Menschen verwechseln Mindesthaltbarkeitsdatum (Best before) und Verbrauchsdatum (Sell by). Während das Verbrauchsdatum – es gilt nur für Fleisch-, Fisch- und Eiprodukte – unbedingt zu beachten ist, bedeutet das Mindesthaltbarkeitsdatum keineswegs, dass die Lebensmittel danach ungenießbar werden. Damit garantieren die Hersteller nur bestimmte Produktqualitäten – etwa dass ein Joghurt noch so cremig ist wie in der Fabrik.
    Warum klärt keiner die Verbraucher auf? Der Handel hat offenbar kein Interesse – das hieße ja, die Menschen würden weniger kaufen, dann ginge ja der Umsatz zurück. Das Gleiche gilt für die Hersteller, jeder will mehr verkaufen und nicht weniger. Und die Politik? Die vertritt die
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