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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
Autoren: Thilo Bode
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Neue.
    Die österreichische Firma Pfanner & Co. zum Beispiel scheint das Misstrauen der Verbraucher geradezu heraufbeschwören zu wollen. Auf Pfanners Teegetränk mit dem Namen »Der Gelbe Zitrone Physalis« sind zwar gleich zwei der exotischen Früchte übergroß auf der Verpackung abgebildet, doch im Getränk selbst steckt kein noch so winziges Stückchen Physalis; stattdessen wird der Physalis-Geschmack lediglich durch Aroma imitiert. Auch sonst besteht bei dem Produkt eine krasse Diskrepanz zwischen Behauptung und Realität: Das Getränk wird als »Wellness«-Tee beworben, ihm werden gar »die heilsamen Kräfte der Natur« zugeschrieben. Doch das ist ausgemachter Wellness-Nepp. Denn der namengebende Gelbe Tee, der als besonders hochwertig gilt, macht gerade einmal 15 Prozent aus, der Rest ist Kräutertee, und außer Zitronensäure E 330 stecken noch umgerechnet 47 Stück Würfelzucker im Zwei-Liter-Tetrapack. Wie dieses Getränk eine »wohltuende« Wirkung entfalten und die »Wellness« befördern soll, wird auf immer das Geheimnis von Pfanner & Co. bleiben. Nach der Kritik von Verbrauchern beteuerte das Unternehmen, es wolle »die Konsumenten auf keinen Fall täuschen oder irreführen«, was angesichts der Fakten ziemlich lächerlich klingt. Das Unternehmen verwies auch auf das Kleingedruckte auf der Verpackung, wo doch alle Bestandteile genannt seien. »So ist jeder mündige Konsument in der Lage, sich zu informieren und diese Information richtig zuzuordnen«, wanden sich die ertappten Teemacher.
    So alltäglich wie irreführende Behauptungen auf der Verpackung sind versteckte Preiserhöhungen durch veränderte Verpackungsgrößen. Seit Jahren beobachten Verbraucherschützer die Masche der Hersteller nach dem Motto »Weniger drin, Preis gleich«. Der immer gleiche Trick: Um Kunden nicht durch eine Preiserhöhung vom Kauf abzuschrecken, wird einfach weniger Inhalt für den gleichen Preis geboten – was nur die wenigsten Kunden registrieren. Bis Anfang 2009 bestand vor solchen Mogeleien noch ein gewisser Schutz, weil für bestimmte Produkte wie Milch, Limonade, Fruchtsäfte, Zucker oder Schokolade feste Verpackungsgrößen vorgeschrieben waren. Doch dieser Schutz ist durch eine EU -Richtlinie weggefallen, so dass die Hersteller diese Möglichkeit der Verbrauchertäuschung nun ungebremst nutzen können. Eis zum Beispiel wurde früher üblicherweise in 1000-Milliliter-Fertigpackungen angeboten, inzwischen liegen oft Packungen mit 900 oder gar nur noch 850 Milliliter in den Kühltruhen. Auch bei Fruchtaufstrichen sinkt das Gewicht in den Gläsern, während der Preis oft derselbe bleibt. Die versteckten Preiserhöhungen sind beträchtlich. Der Schokoriegelhersteller Mars etwa reduzierte das Gewicht von »Milky Way« von 26 auf 21,9 Gramm und jubelte seinen Kunden dadurch eine Preiserhöhung von 18,7 Prozent unter. Maggi knöpfte seinen Käufern gar 33 Prozent mehr Geld für seine »Guten Appetit Hühnersuppe mit Tierfiguren« ab, weil der Tüteninhalt nur noch für drei Teller reichte und nicht mehr für vier, wie früher.
    Vertrauensbruch, wo man hinschaut: Nur wenige Wochen vor dem »Lebensmittel-genießen-Vertrauen«-Event in Köln wird bekannt, dass das Bundeskartellamt gegen mindestens 15 Handelskonzerne und Lebensmittelhersteller ermittelt und Hausdurchsuchungen durchgeführt hat. Die Namen der Verdächtigen bilden ein »Who is who?« der Lebensmittelbranche: die Handelsriesen Metro, Edeka, Rewe und Lidl sind darunter, ebenso die Drogeriekette Rossmann, der Tierfutteranbieter Fressnapf oder der Schokoriegelhersteller Mars. Der Verdacht der Behörde: dass die beteiligten Unternehmen über die übliche »unverbindliche Preisempfehlung« hinaus konkrete Preisuntergrenzen für Kaffee, Süßwaren und Tiernahrung festlegten – und damit Preiskonkurrenz zu Lasten ihrer Kunden verhinderten. Brisant aus Verbrauchersicht ist vor allem, dass nun möglicherweise auch vertikale Preisabsprachen, also zwischen Herstellern und Händlern, zum Geschäftsmodell in der Lebensmittelwirtschaft gehören. Bisher waren vor allem horizontale Preiskartelle zwischen Anbietern derselben Produkte bekannt.
    Über eines dieser Kartelle veröffentlichten die Wettbewerbshüter Ende 2009 einen »Fallbericht« aus der Kaffeerösterbranche. Das Kartellamt spricht in dem Bericht von einem »klaren Hardcore-Kartellverstoß« und verhängte deshalb im Dezember 2009 Geldbußen in Höhe von fast 160 Millionen Euro gegen die drei
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