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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
Autoren: Thilo Bode
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Weltkonzernen und Branchen; es muss Schluss sein mit dem »Weiter so« – in der Lebensmittelindustrie genauso wie in der Finanzbranche. Die Lebensmittelkonzerne müssen das tun, was ihre eigentliche Aufgabe ist, den Verbrauchern ehrliche, sichere und gute Nahrungsmittel anbieten.
    Doch von alleine wird sich nichts ändern. Man muss sich vor Augen führen: Die Nahrungsmittelindustrie ist überaus mächtig. Mit 150 Milliarden Euro Umsatz gehört sie neben dem Maschinenbau, der Elektrotechnik, der Autoindustrie und der Chemieindustrie zu den fünf größten Wirtschaftszweigen in Deutschland. Kaum jemand weiß, dass das Werbebudget mit 2,8 Milliarden Euro größer ausfällt als der Etat der in diesem Bereich einschlägig bekannten Autoindustrie. Essen ist Big Business. Mit allen Konsequenzen. Die Nahrungsmittelindustrie handelt nach den Kriterien aller Wirtschaftsunternehmen, der Erfolg wird gemessen an der Rendite und am Wachstum. Doch dem Wachstum des Lebensmittelmarktes sind in unseren Industrieländern Grenzen gesetzt. Um diesem Wachstumsdilemma zu entgehen, sind die Lebensmittelkonzerne erfinderisch geworden: Täuschungs- und Irreführungsstrategien gehören zum ganz normalen Handwerk der Branche.
    Dieses Buch zeigt, wie die große Irreführung funktioniert.
    Denn jeder von uns isst und muss wissen, was uns die Essensfälscher auf die Teller packen. Als Verbraucher kann man die Macht der großen Lebensmittelkonzerne nicht brechen, das kann nur eine Politik, die die Industrie in ihre Schranken verweist. Vor allem brauchen wir wirksame verbraucherfreundliche Gesetze und einen Staat, der ihre Durchsetzung auch garantiert. Aber weil der Konkurrenzkampf auf dem Lebensmittelmarkt so groß ist, können wir Verbraucher den längst überfälligen Wandel anschieben. Beschwerden lohnen sich. Beispiele von Verbraucherprotesten zeigen, dass Konzerne in die Knie gehen. Und noch ein einfaches Mittel der Gegenwehr gibt es: Nichtkaufen.

1 Die große Irreführung
als Wachstumsstrategie der
Lebensmittelkonzerne
    »Lebensmittel genießen Vertrauen« – gleich vier Tafeln rufen das Motto ins Foyer des »Gürzenich«, Kölns »guter Stube« und Bühne für den »Unternehmertag Lebensmittel« im Frühjahr 2010. Nestlé und Dr. Oetker sind mit Ständen vertreten, auch Kaiser’s Tengelmann und PepsiCo sind da, Sinalco und die »Lebensmittel Zeitung«. Überall Körbchen und Tellerchen mit Schinkenschnittchen und Süßigkeiten, beim Gebäckhersteller Lambertz sprudelt der Schokobrunnen, Kaiser’s Tengelmann presst den vielen Herren und wenigen Damen frische Fruchtsäfte, Nestlés Nescafé-Automaten röcheln pausenlos. Bevor zum Brunch gebratene Scampis, Ente, Mousse vom Hecht und Marillenknödel mit Vanillesauce gereicht werden, treffen sich die 600 Top-Manager aus Lebensmittelhandel und -industrie im großen Saal, wo das Motto des Branchenevents noch einmal durch ein Schild am Rednerpult ausgerufen wird: »Lebensmittel genießen Vertrauen«. Dort stehen dann Jürgen Abraham, Schinken-Produzent und Vorsitzender der mächtigen Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie ( BVE ), sowie Josef Sanktjohanser, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels ( HDE ), und sagen, was Verbandsfunktionäre eben so sagen bei solchen Veranstaltungen: dass Lebensmittel »noch nie so sicher und so gut waren wie heute«; dass es »noch nie so viele unternehmensinterne Kontrollen« gab; und dass dennoch »gezielte Angriffe auf Produkte, Unternehmen und Branchen« geführt würden mit der Absicht, »das Grundvertrauen in Lebensmittel zu zerstören und die Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf zu verunsichern«. Fast wortgleich geißeln die beiden Lobbyisten Verbraucherschützer, weil die »kleine Themen skandalisieren« und die Branche »kriminalisieren« würden. Und natürlich warnen sie wieder einmal vor »neuen Reglementierungen und übermäßigen Eingriffen«, die die Branche nur »behinderten«. 50 Millionen Kundenkontakte täglich, ruft Handels-Lobbyist Sanktjohanser mehrfach in den Saal, seien ein deutliches Zeichen für das Vertrauen der Verbraucher in die Ernährungswirtschaft.
    Würde man in diesem Moment den Saal verlassen und am nächstbesten Kiosk nach ein paar Zeitungen und Zeitschriften greifen oder ginge man einfach in den nächstgelegenen Supermarkt, käme man zu einem ganz anderen Ergebnis. Nämlich dem, dass die Lebensmittelbranche das Vertrauen der Verbraucher selbst verspielt, und zwar täglich aufs
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