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Die Erfinder Des Todes

Die Erfinder Des Todes

Titel: Die Erfinder Des Todes
Autoren: Val McDermid
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du es selbst rauskriegst, Garn. Am Hals sind Abdrücke, die darauf hinweisen, dass sie mit den Händen erwürgt wurde, obwohl ich glaube, dass der Schnitt durch die Kehle die Todesursache war. Aber die Verletzungen verraten, worum es geht.«
    »Willst du mir damit irgendeinen Hinweis geben, Harry? Außer dass du mir einen guten Grund lieferst, mein Essen wieder loszuwerden?«, erkundigt sich Grant.
    »1888 in Whitechapel, 1999 in Edinburgh.« Gemmell zieht eine Augenbraue hoch. »Ist wohl an der Zeit, die Spezialisten für Täterprofile heranzuziehen, Cam.«
    »Was schwafelst du da, Harry?« Grant fragt sich, ob Gemmell etwas getrunken haben könnte.
    »Ich glaube, Cam, du hast da einen Nachahmungstäter vor dir.
    Du solltest wohl nach einem schottischen Ripper suchen. «

Kapitel 1
    Dr. Fiona Cameron stand dicht am Rand von Stanage Edge und beugte sich vor – dem Wind entgegen. Der einzige unnatürliche Tod, über den sie sich hier Gedanken machen müsste, wäre zur Abwechslung mal ihr eigener, und auch das nur dann, wenn sie leichtsinniger wäre, als sie es je sein könnte. Aber angenommen, sie passte einen Moment nicht genau auf und rutschte auf dem nassen Sandstein aus, so würde sie kopfüber zehn bis fünfzehn Meter in die Tiefe stürzen. Ihr Körper würde wie eine Plastik-puppe auf den vorstehenden Felskanten aufschlagen, Knochen und Haut wären zerschmettert und zerfetzt.
    Sie würde wie ein Mordopfer aussehen.
    Nein danke, dachte Fiona und ließ sich vom Wind von der Klippe zurückdrängen, so dass sie außer Gefahr war. Nicht ausgerechnet hier. Dies war der Pilgerort, zu dem sie kam, um sich alle Gründe ins Gedächtnis zu rufen, warum sie sich zu dem Menschen entwickelt hatte, der sie war. Immer allein kam sie jedes Jahr drei- oder viermal hierher, wenn sie das Bedürfnis hatte, sich in ihre Erinnerungen zu versenken. Auf dieser öden Moorfläche wäre es unmöglich, die Gesellschaft eines anderen lebenden, atmenden Menschen neben sich zu ertragen. Hier war nur Platz für zwei, für Fiona und ihren Geist, ihre andere Hälfte, die in diesem Moor an ihrer Seite ging.
    Merkwürdig, dachte sie. Es gab so viele Gegenden, wo sie viel öfter mit Lesley gewesen war. Aber überall hatten sich dort ihrem Bewusstsein fremde, störende Stimmen und die Gegenwart anderer Menschen eingeprägt. Hier jedoch konnte sie Lesley spüren, ohne abgelenkt zu werden. Sie konnte ihr Gesicht vor sich sehen, lachend und offen oder verschlossen vor konzentrierter Anstrengung, wenn sie eine schwierige Kletterstrecke bewältigte. Sie hörte ihre Stimme, die ihr ernst etwas anvertraute oder laut und aufgeregt über eine gelungene Leistung berichtete. Sie glaubte fast, den schwachen Duft ihrer Haut riechen zu können, wie damals, wenn sie zusammen beim Picknick saßen.
    Hier mehr als irgendwo sonst wurde Fiona klar, welches Licht in ihrem Leben gelöscht worden war. Sie schloss die Augen und ließ Lesleys Bild vor sich aufsteigen. Es war ihr Ebenbild, die gleichen kastanienbraunen Haare, dunkelbraunen Augen und gewölbten Augenbrauen, die gleiche Nase. Alle hatten über ihre Ähnlichkeit gestaunt. Nur ihre Münder waren verschieden, Fionas breit mit vollen Lippen, Lesleys ein kleiner Herzmund, die Unterlippe voller als die obere.
    Hier hatten auch die Gespräche stattgefunden, die letztendlich dazu geführt hatten, dass Lesley aus ihrem Leben gerissen wurde. Dies war der Ort, wo Fiona sich schließlich noch immer Vorwürfe machte und nicht vergessen konnte, was ihrem Leben fehlte.
    Als ihre Augen feucht wurden, riss sie sie auf, um den Wind als Vorwand für die Tränen zu haben. Die Zeit der Verletzlichkeit war vorbei. Sie war hier, sagte sie sich mahnend, um Abstand zu den Opfern zu gewinnen. Sie blickte über die braunen Wedel des Adlerfarns im Hathersage Moor hinüber zum klobigen Daumen des Higger Tor und weiter, drehte sich wieder um und schaute auf einen Wolkenstreifen, aus dem sich weiter hinten Regen auf das Bamford Moor ergoss. Bei diesem Wind, schätzte sie, hatte sie gerade noch zwanzig Minuten Zeit, bevor der Regen Stanage Edge erreichte. Sie lockerte die Schultern, damit der Rucksack bequemer saß. Es war Zeit loszugehen.
    Sie hatte Hathersage mit einem Frühzug von King's Cross Station und dann mit einem Nahverkehrszug etwas nach zehn erreicht. Den steilen Anstieg auf High Neb hatte sie zügig geschafft, hatte genossen, wie ihre Muskeln sich dehnten und wie sie die Spannung ihrer Waden und die Festigkeit ihrer
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