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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition)
Autoren: Johannes C. Kerner
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00’ 00.00” West
330 Seemeilen südlich von Bermuda
    Dreyer schaltete das Radar wieder aus, wie erwartet hatte er nichts gesehen. Sie befanden sich fünfhundert Kilometer fernab jeglicher Zivilisation, und in den letzten beiden Tagen hatten sie auf dem AIS, dem automatischen Identifikationssystem der Großschifffahrt, nur einen einzigen Frachter gesehen, der mit Ziel Miami durch das Bermuda-Dreieck fuhr, an dessen Rand sie sich gerade befanden. Er zog sich eine Jacke an und ging nach oben ins Cockpit zu Elena, zwei Tassen Tee in den Händen.
    „Hier ist es nicht schön“, sagte Elena. „Und das GPS sagt, wir kommen im N ovember an.“
    „Der Wetterbericht sagt, dass die Ausläufer des Hurrikans Jerry uns heute oder morgen erreichen.“
    „Das hast du gestern auch schon gesagt.“
    „Ich sag es auch morgen nochmal, und du weißt doch, je später wir in Bermuda sind, desto glaubwürdiger wird das Ganze. Soll ich den Motor anmachen, dann sind wir in drei Tagen da?“
    „Ne, passt schon. Aber wir dümpeln hier seit zwei Tagen auf dem Fleck und h aben keinen Wind.“
    „Wart‘ auf den Hurrikan.“, lachte Dreyer.
    „Du hast gesagt, der schiebt uns nur vor sich her.“
    „Wird er auch.“
    Sie nippte an ihrem Tee.
    „Schön, da wird einem gleich wärmer“, sagte sie, und zog ihre Jacke aus. Auch Dreyer fiel auf, dass es wärmer wurde. Er sah auf das Thermometer, fünfundzwanzig Grad. Sechs mehr als vor ein paar Stunden.
    „Findest du auch, dass es hier komisch riecht?“, fragte Elena. Dreyer schnüffe lte, hustete. „Bäh“, sagte er. In der Luft lag ein schwefliger Geruch. Er stand auf und sah aufs Wasser. Ein paar Dutzend Meter um das Boot herum war das Wasser fahl, milchig, undurchsichtig.
    „Was ist das?“, fragte Elena, sich neben ihm über die Reling beugend.
    „Das Tor zur Hölle“, sagte Dreyer, völlig ernst bleibend. Er nahm ein Infrarot-Thermometer aus der Tasche am Cockpittisch und richtete es auf die Wasseroberfläche. Nach ein paar Sekunden zeigte es fünfunddreißig Grad an. Er zeigte es Elena.
    „Jetzt sag mir, was das ist, sons t bekomme ich Angst“, sagte sie, Angst bekommend.
    „Weißt du nicht, dass im Bermuda-Dreieck regelmäßig Schiffe spurlos ve rschwinden? Schau mal auf den Kompass, der funktioniert auch nicht mehr.“
    Elena sah ihn mit einer Mischung aus Angst und Zweifel an. Sie sah trotzdem auf den Kompass an der Steuersäule, der langsam hin- und herschwankte, als könne er sich nicht entscheiden, wo Norden ist. Dann machte er einen Vol lkreis.
    „Jetzt sag mir endlich, was das ist, ich habe Angst!“, schrie sie fast.
    „Nur“, sagte Dreyer ruhig, „wenn ich endlich Rum in meinen Tee geben darf.“
    Sie blickte ihn böse an, holte aber dann eine Flasche Rum Clement VSOP aus dem Barfach. Daniel hatte in Martinique darauf bestanden, die Destilliere – nein, Rhumerie , zu besuchen. Und kein Problem damit gehabt, dass sie erst ab achtundvierzig Flaschen lieferten. „ Rhum Agricole aus Martinique ist der beste der Welt“, hatte er gesagt. Und eine gute Stunde gebraucht, um die Bilge des Bootes mit Flaschen zu beladen, alle schön in einem Schaumstoffnetz, damit nichts klappert. Wenigstens.
    Sie schenkte ihm einen Schluck Rum in den Tee und sah ihn durchbohrend an.
    „Setz dich doch“, sagte er und spitzte seine Lippen.
    „Aber du erklärst das ordentlich, ja?“, sagte sie und küsste ihn kurz.
    „Wir sind in einer geologisch aktiven Gegend“, begann er. Elena dachte an Erdbeben und Tsunamis.
    „Und ich gehe davon aus, dass irgendwo unter uns ein kleiner Riss in der Er dkruste ist.“
    Sie sah ihn fragend an.
    „Stell dir vor, da bricht gerade ein Vulkan aus.“
    Das war für Elena nicht besonders beruhigend. „Unter uns bricht ein Vulkan aus ?“
    „Das Wasser ist hier drei oder vier Kilometer tief, das bleibt alles schön da u nten und verschließt sich auch selbst wieder – wahrscheinlich hat es das sogar schon. Das um uns rum nennt man weißes Wasser , das ist sehr selten und es gibt nur Theorien. Hauptsächlich eine, und die sind Schwefelgase. Das würde erklären, warum es hier so stinkt.“
    „Du weißt es nicht?“, fragte Elena.
    „Ich bin kein Geologe“, sagte Dreyer. „Aber ich glaube nicht, dass es das Tiefseemonster Trunko ist.“
    „ Trunko ?“
    „Das Monster von Loch Ness, nur im Atlantik.“
    „Du verarschst mich!“
    „Natürlich. Trunko wurde in den zwanziger Jahren in England tot aufgefunden. Aber ich kenne keine anderen
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