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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben
Autoren: William Golding
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lehnte. Tanakil war dabei, ein kleines, mageres, schwarzes Wesen, das dort am Boden kauerte, wo das Feuer gewesen war.
    Vom anderen Ende der Terrasse kam ein rhythmisches Klopfen. Zwei der Männer hieben auf den Stamm ein, den Lok hatte fahren lassen, als sie zur Insel hatten hinübergehen wollen, und der sich verklemmt hatte und die anderen Stämme festhielt. Die Sonne vergrub sich in einer Wolke, Rot schoß zur Höhe des Himmels empor, und die Berge waren schwarz.
    Der Hirsch röhrte. Tuami kam aus der Höhlennische gerannt und eilte auf das Stämmegewirr zu, wo die Männer arbeiteten, und Tanakil begann zu schreien. Die Wolken deckten die Sonne ganz zu, und die Härte wich aus dem Rot, daß es in der Schlucht zu schwimmen schien wie ein Wasserhauch. Jetzt hüpfte der Hirsch fort auf den Wirrwarr zu, und die Männer hingen und zerrten an dem Stamm wie Käfer an einem toten Vogel. Lok rannte vor, und in Tanakils Aufschrei hallten die Schreie wider, die er gehört hatte, als Liku das Wasser überquerte, so daß ihn Angst anfiel. Er trat erschauernd in den Eingang zur Höhlennische. »Wo ist Liku? Was habt ihr mit Liku gemacht?« Tanakils Körper streckte sich, verkrampfte sich, und ihre Augen rollten. Sie hörte auf zu schreien und ließ sich auf den Rücken fallen, und Blut war zwischen ihren entblößten Zähnen. Fa und Lok kauerten sich vor ihr nieder. Die Höhlennische hatte sich gleich allem anderen gewandelt. Tuami hatte für den Alten eine Gestalt gemacht, und sie lehnte dort am Felspfeiler und stierte sie an. Sie sahen, wie hastig, wie roh er gearbeitet hatte, denn die Gestalt war verschmiert und nicht so sorgsam geformt wie die Gestalten auf der Lichtung. Es war eine Art Mann. Seine Arme und Beine waren zusammengezogen, als sei er im Sprung begriffen, und er war so rot wie das Wasser geleuchtet hatte. Haare sträubten sich rings an dem Kopf, wie die Haare des Alten sich gesträubt hatten, als er zornig war oder voller Angst. Das Gesicht war ein Lehmgeschmier, doch hatte auch es Kieselaugen, die blind ins Leere starrten. Der Alte hatte die Zähne von seinem Hals genommen und sie in das Gesicht gesteckt und dazu noch die beiden Katzenzähne von seinen Ohren. In einem Riß in der Brust stak ein Holz, und daran war ein Balgstreifen befestigt; und an das andere Ende dieses Streifens war Tanakil gebunden. Fa stieß Laute aus. Es waren keine Worte und es waren keine Schreie. Sie packte das Holz und zerrte, doch es wollte nicht herauskommen, denn das Ende war splittrig, wo Tuami es hineingeschlagen hatte. Lok stieß sie fort und zog, aber das Holz rührte sich nicht. Der letzte rote Schein entstieg dem Wasser, und die Höhlennische tauchte in Dämmer, aus dem die Gestalt herausstarrte mit Augen und Zähnen. »Zieh!«
    Er zog mit dem ganzen Körpergewicht und fühlte, wie das Holz sich bog. Er hob die Füße, stemmte sie der Gestalt in den roten Bauch und drückte, bis seine Muskeln schmerzten. Der Berg schien sich zu bewegen, und die Gestalt neigte sich, als wollte sie ihn mit den Armen greifen. Da schnellte das Holz aus dem Riß, und er rollte damit über den Boden. »Bring sie schnell her!«
    Lok taumelte hoch, packte Tanakil und rannte Fa hinterdrein die Terrasse entlang. Schreien erhob sich bei den Gestalten um den hohlen Stamm, und ein lautes Dröhnen kam von dem Hölzergewirr. Der vorderste Baum begann davonzutreiben, und die anderen torkelten ihm schwerfällig nach wie die Beine eines Riesen. Die knittergesichtige Frau rang mit Tuami auf dem Felsen neben dem hohlen Stamm; sie riß sich los und kam auf Lok zugestürzt. Überall war Bewegung, Geschrei, wildes Durcheinander. Der Alte schritt über die Stämme daher. Er warf etwas nach Fa. Männer hielten den hohlen Stamm an der Terrasse fest, und der Baum mit seinem ganzen Gewicht von Ästen und nassem Laub schwamm an ihnen vorüber. Die dicke Frau lag in dem Stamm, auch die knittergesichtige Frau war auf einmal darin mit Tanakil, und der Alte stolperte in das hintere Ende hinein. Die Äste des großen Baumes krachten und schleiften über den Fels mit aufjammerndem Quietschen. Fa saß am Wasser und hielt sich den Kopf. Die Äste erfaßten sie, und sie glitt mit ihnen hinaus aufs Wasser, und der hohle Stamm löste sich vom Ufer und zog flußaufwärts davon. Der Baum wurde von der Strömung erfaßt, und Fa hockte schlaff zwischen den Ästen. Lok begann wieder zu erschauern. Er rannte die Terrasse auf und nieder, aber der Baum ließ sich nicht schmeicheln noch
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