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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Hannah Siebern
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genau.“
    „Oh, natürlich weiß ich das, Darrek. Aber wir führen dieses Gespräch ja auch nicht, damit ich etwas lerne, sondern damit du deine Gedanken sortieren kannst. Es wäre doch jammerschade, wenn du am Ende etwas tun würdest, was du später bereuen würdest.“
    Darrek verdrehte die Augen.
    „Ich kann mich nicht den Ältesten stellen, weil die Gefahr zu groß ist, dass Akima mich in ihre Gewalt bringen lässt. Denn wenn das geschieht, ist wirklich alles verloren. Das bedeutet, ich bin der Mann aus Johannas letzter Vision. Ich bin der Falsche. Vielleicht gewinnen die Aufständischen, wenn ich bei Laney bleibe. Aber zumindest sie und ich werden dann sterben.“
    Kara atmete tief ein und wieder aus. Dann schüttelte sie den Kopf.
    „Du hast überhaupt nichts verstanden, nicht wahr?“, fragte sie. „Es mag kitschig klingen, aber am Ende wird es Liebe sein, die über Sieg und Niederlage in diesem Krieg entscheidet. Und zwar die Liebe von dir. Wenn du also nicht genug für Laney empfindest, dann solltest du dich wirklich von ihr und diesem Krieg fernhalten. Ich entbinde dich hiermit von deinem Versprechen, Laney vor den Ältesten zu beschützen.“
    „Das kannst du nicht“, widersprach Darrek. „Du bist nicht wirklich Kara, sondern nur meine Projektion von ihr.“
    „Ja. Und solange du dich nicht von mir trennst, wirst du auch niemals dazu imstande sein, eine andere Frau wirklich zu lieben. Triff eine Entscheidung, Darrek. Laney hat das bereits getan. Sie wird zurückgehen und sie will, dass du sie begleitest, um dich mit ihr zu verbinden. Aber was willst du? Wie wirst du dich entscheiden?“
    Darrek sah noch einmal durch das Wolkenloch hinunter zu dem friedlich schlafenden Pärchen und bei dem Gedanken, dass Laney bald schon mit einem anderen Mann Arm in Arm so daliegen könnte, zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen. So etwas hatte er noch nie erlebt. Laney hatte sich so gut angefühlt in seinen Armen. Ihr Geruch, ihr Geschmack, ihr Körper. Alles an ihr war hundertprozentig richtig gewesen. Aber Liebe und Verbindung?
    Niemals zuvor hatte Darrek das Bedürfnis danach verspürt sich zu verbinden. Sein ganzes Leben lang hatte er eine Frau begehrt, die für ihn unerreichbar gewesen war und mit der eine Verbindung nie infrage gekommen wäre. Und nun? Nun fühlte er sich zu jemandem hingezogen, mit dem eine Verbindung unausweichlich war. Aber war er dazu bereit? Würde seine Zuneigung für Laney genügen, um Akima zu trotzen? Oder würde er am Ende alles nur noch schlimmer machen?
    Kara hatte recht. Er musste sich entscheiden. Aber er hatte keine Ahnung, welches die richtige Entscheidung war.

Kapitel 39
Der Brief
    Johanna konnte nicht schlafen. Schon vor Stunden waren die anderen Feiernden zu Bett gegangen. Und somit war sie die Einzige, die draußen die Sonne begrüßte.
    Das Gefühl der Wärme war einfach wunderbar. Zwischen all dem Schnee war es richtig angenehm, die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut zu spüren. Sie vertrieben die Bilder aus ihren Visionen und machten sie besser erträglich. Johanna hatte ihre Visionen immer schon gehasst. Sie fügten ihr nur Schmerzen zu und waren abgesehen davon stets uneindeutig. Immer gab es Optionen. Verschiedene Möglichkeiten, die die Zukunft auf die eine oder andere Art und Weise beeinflussen würden. Einerseits beruhigte Johanna das. Bedeutete es doch, dass das Schicksal nicht hundertprozentig vorherbestimmt war. Andererseits bürdete es den Betroffenen eine große Verantwortung auf. Und niemand trug gern große Verantwortung.
    Johanna blickte verträumt über den Marktplatz, als sie plötzlich bemerkte, wie eine Gestalt aus Viktorias altem Haus geschlichen kam. Sie erkannte ihren Bruder sofort und stieß sich vom Brunnenrand ab, um ihn zur Rede zu stellen. Er wollte sich gerade davonmachen, als Johanna ihn erreichte.
    „Du wolltest also gehen, ohne dich zu verabschieden?“, fragte sie enttäuscht. „Das zeugt von sehr schlechten Manieren, Bruderherz.“
    Darrek zuckte zusammen und drehte sich zu ihr um.
    „Verdammt, Johanna“, schimpfte er. „Wie kannst du mich nur so erschrecken?“
    „Du hättest dich verabschieden können“, wiederholte sie. „Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir uns dieses Mal wirklich zum letzten Mal sehen.“
    Traurig betrachtete Darrek seine Schwester und zog sie dann in die Arme.
    „Tut mir leid, Systir“, sagte er. „Du hast recht. Ich hätte mich verabschieden sollen. Zumindest bei dir. Es gefällt mir nicht,
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