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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Oliver Becker
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auf ihre Worte ein: »Gewiss, gewiss. Dieser Herzog verbaute jenem Paar eine Zukunft in besten Kreisen.«
    Mittlerweile folgten sie einem langen dunklen Gang im obersten Stockwerk.
    »Ich nehme an«, sagte Bernina, »bei dem Herzog handelt es sich um Maximilian, den heutigen Kurfürsten von Bayern.«
    »Richtig, Bernina«, gab er unumwunden zu. »Und Sie hätten allen Grund, Maximilian gegenüber tiefen Groll zu hegen.«
    Nun war es Bernina, die ein wissendes Lächeln zeigte. »Ich kann mir durchaus denken, warum Sie das sagen.«
    »Und dennoch bitte ich Sie … «
    »Sie bitten mich?«, unterbrach sie ihn mit scherzhaftem Klang. »Wieder einmal?«
    »Meine Dreistigkeit ist grenzenlos – Sie kennen mich inzwischen.« Er zwinkerte ihr zu. »Also, Bernina. Ich bitte Sie in aller Offenheit, dem Kurfürsten wohlwollend gegenüberzustehen. Zugegeben, als er in die Zukunft dieses jungen Paares eingriff, gab er – mittelbar – auch Ihrer Zukunft eine neue Richtung. Wie Sie mit Sicherheit bereits durchschaut haben.«
    Vor einer geschlossenen Tür aus dunklem, massivem Holz blieben sie stehen.
    »Er ist nicht mehr derjenige«, sprach Mentiri weiter, »der er als Herzog war. Er hat sich dafür geschämt, was er tat, er hat sich geändert. Und heute liegt es in seiner Macht, Gutes zu bewirken.«
    »Ich soll also ihm gegenüber keinen Groll hegen?«, wiederholte Bernina.
    »Eine meiner zahllosen Bitten an Sie.« Mentiri stieß die Tür auf. »Allerdings wird es auch meine letzte sein.«
     
    *
     
    Die Sonne ging langsam unter, umkränzt von Wolkenfetzen, die wie in Blut getränkt am Himmel prangten; ein feuriger roter Teppich schien sich nach und nach über der Landschaft auszubreiten.
    Der Mann, der in vorderster Reihe ritt, musste mit der Hand die Augen beschatten, um besser sehen zu können. Nach kurzer Überlegung hob er den Arm und zügelte gleich darauf sein Pferd.
    Das Zeichen zur Rast wurde nicht ungern wahrgenommen, es war ein scharfer Ritt gewesen, fast durchweg in schwierigem Gelände. Doch Franz von Lorathot würde seinen Leuten nicht sonderlich viel Ruhe gönnen. Er war wütend. Von den Männern, die er vorausbeordert hatte, waren lediglich drei zurückgekehrt. Sogar Feldwebel Euler war bei dem Einsatz auf der Strecke geblieben. Und was die Überlebenden zu berichten hatten, war ähnlich jämmerlich wie das Bild, das sie abgaben. Es war geradezu unglaublich. Nicht nur, dass Mentiri beinahe unsterblich zu sein schien, auch dass ausgerechnet dieser Nils Norby Lorathots Absichten immer wieder im Wege stand. Er hätte den Schweden töten sollen, damals, vor Jahren, als sie sich als feindliche Offiziere bekämpft hatten.
    Der Feldmarschall stieg aus dem Sattel, und sein Gefolge tat es ihm gleich. Erneut wog er ab, wann er angreifen sollte. Lieber erst das Morgengrauen abwarten? Nein, die Stimme der Ungeduld riet ihm dazu, dass genügend Zeit verstrichen war. Der Kurfürst war gewiss längst gewarnt worden. Der fehlgeschlagene Angriff auf die Bücherwagen konnte für Maximilian keinen Zweifel daran lassen, dass er vor offener Gewalt nicht zurückschreckte. Die Karten lagen auf dem Tisch. Maximilian ahnte mit Sicherheit, dass sein wichtigster Offizier zu einem Widersacher geworden war. Aber der Kurfürst trug selbst die Schuld daran. Warum war er weich geworden, warum ließ er sich bequatschen, einlullen, verführen? Das alles würde ihm großen Schaden einbringen, seine Position und seine Macht schwächen. Man durfte niemals von der klaren Linie abweichen, man durfte niemals nachgeben. Ja, er trug allein die Schuld daran, dieser töricht und alt gewordene Mann.
    Heute, an diesem Abend, würde Franz von Lorathot Maximilian zeigen, dass es ein Fehler war, auf die andere Seite zuzugehen.
    Er blickte noch einmal zur blutroten Sonne und ging in Gedanken bereits die nächsten Schritte durch. Wie sich herausstellte, wäre es doch nicht verkehrt gewesen, mehr Soldaten mitzubringen. Andererseits wäre er dann nicht derart schnell vorangekommen. Und der Kurfürst hatte ebenfalls auf große Truppenstärke verzichtet – ein weiterer Beleg dafür, dass dieser Mann nicht mehr der alte war, dass er nachließ, und zwar in jeder Hinsicht.
    Ein Angriff. Dieser Abend würde allen Träumern beweisen, dass die Welt nicht für Fantastereien gemacht war, sondern allein für jene Männer, die Stärke und Schneid besaßen.
    Die Minuten vergingen. Das letzte Stück würde man zügig hinter sich bringen. Und dann – der Angriff. Er
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