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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Robert Muchamore
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roten Ding auf seinem Adamsapfel.

    Sein Biker-Look mit ausgetretenen Nikes, ölverschmierten Jeans und einem ärmellosen AC/DC-T-Shirt wurde noch durch eine überdimensionale Totenkopf-Gürtelschnalle aus Chrom vervollständigt.
    Er winkelte seine kräftigen Arme an und war äußerst zufrieden mit dem, was er im Spiegel sah: muskulöse Schultern, großer Bizeps und dichte Haarbüschel unter den Achseln. Nachdem er einen erneuten Wachstumsschub gemacht hatte  – wahrscheinlich zum letzten Mal  –, war er jetzt genau einen Meter fünfundachtzig groß.
    Â»Na, Sweetie?«, begrüßte er sein Spiegelbild. Dann verzog er das Gesicht zu einer drohenden Grimasse, ließ eine Faust auf den Spiegel zuschießen und rief: »Was glotzt du so? Willst du dich mit mir anlegen? Na, dann pass mal gut auf, was du davon hast, du Tottenham-Trottel! Peng!«
    James musste lachen, als der imaginäre Tottenham-Fan zu Boden ging, aber es war niemand da, der ihn hätte hören können. Im vorigen Sommer hatte er das Haus mit einer Einsatzleiterin und zwei jüngeren Agenten bewohnt, um seine Identität als James Raven aufzubauen, aber während dieser zweiten Phase der Mission hatte er es ganz für sich allein. Laut seiner Coverstory hatte er sich mit seinen Eltern gestritten, die Schule kurz vor dem Abschluss geschmissen und sich nach Devon in das Ferienhaus seiner Familie verdrückt, um sich dort seiner Karriere als Vollzeit-Biker zu widmen.

    James schnappte sich seine schwarze Lederjacke und schlüpfte hinein, während er die Treppe hinunterpolterte. Aus einer Kristallschale neben der Tür angelte er sich die Schlüssel und sein Handy. Mit # 69 gelangte er zum geheimen Telefonbuch und wählte die Nummer seines Einsatzleiters John Jones.
    Â»Noch keine Spur vom Commander«, erklärte James. »Es wird mindestens fünfzehn Minuten später werden.«
    John klang nicht im Mindesten aufgeregt. »Wann war der Kerl denn jemals pünktlich?«
    Â»Ist bei euch alles bereit?«, fragte James. »Geht es Kerry gut?«
    Â»Perfekt«, antwortete John. »Kerry weiß, was sie tut.«
    Â»Wir dürfen den Commander jetzt nicht mehr vom Haken lassen«, warnte James eindringlich. »Ich klebe ihm jetzt schon seit mehr als zehn Monaten am Arsch.«
    Â»Kriegst du das Flattern?«, fragte John amüsiert.
    Â»Feuchte Hände und Grummeln im Bauch«, gab James zu. »Ich hab ja schon genügend Einsätze hinter mir, aber es gibt immer wieder aufs Neue echt spannende Situationen.«
    John lachte. »Nur dass das hier, wenn alles gut geht, dein letztes Mal sein wird.«
    Â»Ich gehe jetzt lieber, sie werden gleich hier sein«, sagte James. Wie betäubt ließ er das Handy in seine Jackentasche fallen.
    Dein letztes Mal.

    Die drei Worte trafen ihn wie ein Hammerschlag. Er musste an all seine Einsätze denken: Help Earth, KMG, Arizona Max, Leon Tarasov, die Survivors, die AFA, Denis Obidin, die Mad Dogs, die Street Action Group. War der Commander wirklich seine letzte Zielperson? War heute wirklich der letzte Tag seiner CHERUB-Karriere?
    Bei dieser Vorstellung durchzuckte James ein schmerzhafter Stich, und wenn er daran dachte, was er eben im Badezimmerspiegel gesehen hatte, wurde er noch trauriger. CHERUB-Agenten waren Kinder, klein und unschuldig und deshalb so wirkungsvoll einsetzbar, weil Erwachsene ihnen nicht misstrauten. Aber James war kein Kind mehr. Er war siebzehn und von so beeindruckender Statur, dass die Leute bei seinem Anblick lieber die Straßenseite wechselten. Mit seinem unrasierten Gesicht und der schiefen Nase sah er in etwa so unschuldig aus wie ein russischer Panzer.
    James spürte, wie ihm die Tränen kamen, die jedoch von einem plötzlichen Adrenalinstoß zurückgedrängt wurden, als er den Mercedes des Commanders hörte. Der Wagen schoss an den eleganten Villen vorbei in die Sackgasse, in der James wohnte, und kam dann in der Einfahrt zum Stehen; eine Edelkarosse, E-Klasse, die neueste AMG-Sport-Version mit V8-Motor, abgedunkelten Scheiben, breiten Reifen und schicken Radkappen.
    Als er die hintere Tür öffnete, konnte James erkennen, wer alles darin saß. Der Commander auf dem Fahrersitz, klein und giftig, mit seinem idiotischen Bärtchen,
das ihn als Hitler-Fan kennzeichnete; neben ihm Rhino, ein Biker und langjähriger Verbündeter der Bandits, der dem Club jedoch nie
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