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Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Chadwick
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Faust und warf sie auf das Spielbrett.
    »Nicht?« Ein sardonischer Funke glomm in Johns Augen auf. »Du verbringst doch genug Zeit bei den Bigods. Ich dachte, du hättest vielleicht eine ungefähre Ahnung.«
    »Der Earl spricht nicht über sein Vermögen, und danach sollte ein Gast auch nicht fragen.«
    »Aber du bist ja nicht nur ein Gast, du gehörst zur Familie«, sagte John mit samtweicher Stimme.
    Longespee fluchte stumm, als er eine Eins und eine Zwei würfelte. Auf anderen Gebieten mochte es mit Johns Glück nicht zum Besten stehen, aber beim Würfeln hatte er den ganzen Abend gewonnen. Die so freundlich ausgesprochenen Worte sollten ihn treffen wie Nadelstiche, das wusste er. Sein königlicher Halbbruder war sich der widersprüchlichen Gefühle
durchaus bewusst, die Longespee seinen Bigod-Verwandten entgegenbrachte, und er nutzte sie bedenkenlos aus. »Ich gehöre auch zu Eurer Familie, weiß aber trotzdem nicht, wie viel Silber sich in Euren Schatztruhen befindet.«
    John lachte böse. »Du weißt, dass bald wenigstens eine Silbermark hinzukommen wird.« Er deutete mit seiner freien Hand auf das Spielbrett. »Das Schlimme ist, dass ich dir immer mehr leihen muss, um es zurückzugewinnen. Leiht der Earl of Norfolk dir auch Geld, wenn ihr spielt?«
    Longespee errötete.
    »Wir spielen nicht.«
    »Nein, vermutlich nicht. Roger Bigod würde das Risiko nicht eingehen.« John blätterte die Seiten des erlesenen kleinen Buches behutsam um.
    Longespee griff nach seinem Wein. Es war ein Privileg, dass er John Gesellschaft leisten durfte, dass er in seinem Privatgemach in der Burg von York sitzen, rubinroten Wein trinken und sein Silber beim Glücksspiel verlieren durfte. Aber wäre er nicht als Bastard geboren worden, wäre er selbst ein Prinz. Seine Mutter war fünfzehn gewesen, als Johns Vater, König Henry, sie zur Mätresse genommen und geschwängert hatte. Sie hatte Roger Bigod, den Earl of Norfolk, geheiratet, als Longespee ein Kleinkind gewesen war, und Longespee war im Haushalt des Königs aufgewachsen. Sie hatte ihm erzählt, wie sehr sie unter der Trennung von ihm gelitten, sein Vater, der König, ihr aber in dieser Angelegenheit keine Wahl gelassen hatte. Ihrem rechtmäßigen Ehemann hatte sie eine Schar legitimer, aber rangniedrigerer Kinder geboren und sie weit entfernt von höfischen Kreisen in Yorkshire und Ostanglien aufgezogen. Longespee verachtete seine Halbgeschwister und beneidete sie zugleich um das, was sie besaßen und er nicht. Er stattete ihrer großen Festung Framlingham gelegentlich Besuche
ab, was ihn stets mit einer Mischung aus Freude und Schmerz erfüllte.
    »So.« John klappte das Buch vorsichtig zu  – er brachte Literatur und dem geschriebenen Wort mehr Respekt entgegen als Menschen. »Was hältst du von diesem Ehekontrakt zwischen der ältesten Marshal-Tochter und deinem Halbbruder?«
    »Es klingt nach einem geschickten politischen Schachzug«, erwiderte Longespee ausweichend.
    John fuhr mit der Zunge durch den Mund. Ein verächtlicher Unterton schlich sich in seine Stimme.
    »Bigod war schon immer auf seinen Vorteil bedacht, aber natürlich nur im Rahmen des Gesetzes.« Er musterte Longespee abwägend. »Deine Ela war bei eurer Hochzeit neun Jahre alt, nicht wahr?«
    Longespee nickte zögernd.
    »Ungefähr.«
    »Und jetzt ist sie süße sechzehn. Wie lange hast du gewartet?«
    Longespees Miene verfinsterte sich.
    »Lange genug.«
    »Trotzdem schwillt ihr Bauch noch nicht an.« John grinste wölfisch. »Aber sie hält dich auf Trab, nicht wahr? Du wirst deinem Bruder viele Ratschläge erteilen können, wenn es so weit ist.«
    Longespee erwiderte nichts darauf, aber seine Züge erstarrten. Er hasste es, wenn John in diesem Ton über sein Privatleben sprach. Genau hier lag das Problem: John betrachtete es nicht als persönliche Angelegenheit, Longespee dagegen sehr wohl. Er betete Ela an und wollte sie um jeden Preis beschützen. Da er wusste, wie John Frauen nachstellte, brachte er sie selten an den Hof, und er achtete darauf, möglichst nicht von ihr zu sprechen, da er bemerkt hatte, wie eifersüchtig John
über jene wachte, die er als seinen ureigenen Besitz ansah. Longespee wusste, dass auch er gewissermaßen zu Johns Besitztümern zählte, störte sich aber nicht sonderlich daran, weil ihm dies hohes Ansehen verlieh und einen zentralen Platz am Hof verschaffte. Man musste für alles im Leben einen Preis zahlen. Er selbst trachtete danach, sich stets ehrenhaft zu verhalten,
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