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Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Elizabeth Chadwick
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Schäfer und ihre Hunde gaben gut Acht, aber sie konnten nicht überall zugleich sein, und so erlitten sie häufig Verluste.
    Mit Graupeln durchsetzter Regen peitschte ihm ins Gesicht, und er wandte den Kopf vom Wind ab. Obwohl er Fausthandschuhe trug, fühlten sich seine Finger taub an. Es war eine eisige Jahreszeit, in der viel Hunger herrschte, der Winter wollte nicht weichen, obwohl es früher hell wurde und die Dunkelheit später hereinbrach.
    »Jetzt kann ich mir ein Wolfsfell neben das Bett legen.« Die dunkelgrauen Augen seines dreizehnjährigen Bruders Ralph glänzten.
    Hugh lächelte.
    »Und zum Ausgleich ein Schaffell auf die andere Seite  – um dich daran zu erinnern, warum wir Wölfe jagen.«
    »Ich begreife nicht, was du mit einem Wolfspelz willst. Er stinkt«, meinte William. Mit fast fünfzehn stand er Hugh altersmäßig am nächsten.
    »Nicht, wenn er gut gegerbt und gelüftet ist«, hielt Ralph dagegen.
    William schüttelte den Kopf.
    »Der einzige gute Platz für einen Wolf ist eine Jauchegrube.«
    Hugh, der an derlei Auseinandersetzungen gewöhnt war, schenkte den beiden keine Beachtung. Sie stritten sich ständig, manchmal kam es sogar zu Handgreiflichkeiten, aber der Zwist hielt nie lange an, und gegen einen gemeinsamen Gegner verbündeten sie sich immer.
    Hugh stieg wieder auf Arrow. Die Stute war so genannt worden, weil sie aus dem Stand heraus in einen schnellen Galopp verfallen konnte. Sie konnte es mit jedem Wolf aufnehmen und war sein Stolz und seine Freude. Er zog die Zügel an und musterte die von der Ostküste heranziehenden Wolken, während er darauf wartete, dass Ralph den blutigen Kadaver auf das Packpony lud. Der Wind war so schmerzhaft wie der Biss eines wilden Tieres. Es war ein Tag, an dem jeder vernünftige Mann am Feuer sitzen bleiben und nur ins Freie gehen würde, um seine Blase zu entleeren  – oder um Wölfe zu jagen.
    Hugh war seit fünf Jahren der Lord von Settrington, seit ihm sein Vater nach König Johns Krönung zehn Ritterlehen zugestanden hatte. Er war damals sechzehn gewesen, alt genug, um unter Anleitung Verantwortung zu übernehmen, und er hatte sich hier in Yorkshire auf den Tag vorbereitet, wo er ausgedehnte Flächen fruchtbaren Landes und Küstendörfer in Ostanglien sowie die Burg Framlingham mit ihren dreizehn großen Türmen erben würde. Sein Vater war immer noch gesund
und rüstig, aber eines Tages würde Hugh der Earl of Norfolk sein und mehr als hundertsechzig Ritterlehen besitzen.
    Er blieb bei den Hütten der Hirten stehen, um den Männern die gute Nachricht bezüglich der Wölfe zu überbringen, und ritt dann zum Gutshof. Als der Nachmittag in die Dämmerung überging, trotteten die Pferde durch den eisigen Matsch. Dampfwolken stiegen von ihren Nüstern und Flanken auf. Laternenlicht fiel durch die Ritzen der Fensterläden des Hauses, und Stallburschen standen bereit, um die Jägertruppe zu begrüßen und ihre Pferde zu versorgen.
    »Sir, Euer Vater ist hier«, teilte der Stallmeister Hugh mit, als er abstieg.
    Hugh hatte die Pferde im Stall und die erhöhte Anzahl der Diener bereits bemerkt. Er hatte seinen Vater erwartet, weil sich König John und der Hof in York aufhielten und Settrington nur zwanzig Meilen entfernt lag. Hugh nickte den Stallburschen zu, streifte seine Handschuhe ab, blies in seine Hände und betrat das Haus. Sein Haushofmeister, der auf ihn gewartet hatte, reichte ihm einen Becher mit heißem, gewürztem Wein, den Hugh dankbar entgegennahm. Sein Vater saß mit übereinandergeschlagenen Beinen am Feuer und nippte an seinem Wein, erhob sich aber, als er Hugh sah.
    »Vater.« Hugh kniete nieder und neigte den Kopf.
    »Mein Sohn«, erwiderte Roger Bigod. Stolz schwang in seiner Stimme mit. Er zog Hugh auf die Füße und küsste ihn auf beide Wangen. Hugh spürte den festen Körper seines Vaters durch den pelzgesäumten Mantel, als sie sich umarmten. Er war so hart und kräftig wie ein gekappter Baum.
    William und Ralph trafen ein, wurden genauso begrüßt, und eine Weile lang drehte sich das Gespräch um das schlechte Wetter und die Wolfsjagd. Mehr Wein sowie Platten mit heißen Pasteten wurden gebracht. Da Fastenzeit herrschte, waren
sie weder mit Käse gefüllt noch mit Zucker oder Gewürzen bestäubt, aber dank der Hitze und der Knusprigkeit trotzdem ein Genuss für Männer, die in der klirrenden Kälte einer anstrengenden körperlichen Tätigkeit nachgegangen waren. Hughs Hände und Füße begannen kribbelnd zum Leben zu
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