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Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
Autoren: Bernhard Hennen
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Lederschnur. Mit dem Fingernagel des Mittelfingers zog er sie zu sich heran. Unendlich langsam.
    Wieder rutschte Schnee durch die Lücke im Dach und fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden der Räucherkammer. Adrien fluchte stumm. Hörte er da nicht Schritte im Haus? Er sollte nicht bleiben. Er gab es auf, nach der zweiten Wurst zu angeln. Vorsichtig schob er die beiden losen Dachschindeln zusammen. Wenn keine Lücke zu sehen war, dann würde der Fleischhauer vielleicht ein wenig länger brauchen, bis er begriff, was geschehen war. Das bedeutete ein wenig mehr Zeit, um zu entwischen.
    Er ließ sich auf das Dach des Erkers rutschen und sprang von dort auf einen niedrigen Anbau. Noch ein Sprung und er war im Hof. Sein Herz raste. Es gab nur zwei Wege, die vom Hof fortführten. Den Torbogen, der neben dem Fleischerladen auf die Straße zum Heumarkt führte. Und den schmalen Durchgang zwischen den Weberhäuschen auf der anderen Seite. Durch den Torbogen würde der Fleischhauer kommen. Adrien hastete geduckt über den Hof. Er mied es, in Pfützen zu treten. Der nasse Schnee griff schmatzend nach seinen nackten Füßen. Er spürte die Kälte kaum. Das würde erst später kommen. Noch im Laufen biss er in die Wurst. Was er im Bauch hatte, dass konnte ihm keiner mehr nehmen.
    Als er den Durchgang zwischen den Weberhäusern erreichte, hielt er inne. War der Fleischhauer jetzt in seiner Räucherkammer? Vielleicht blieb sein Diebstahl noch die ganze Nacht unentdeckt. Vielleicht hatte das Blumenmädchen ihm gerade ins Ohr geflüstert, was für ein wunderbarer Liebhaber er war?
    Auf jeden Fall sollte er nicht auf die Straße hinter den Weberhäusern hinauslaufen. Wer rannte, erregte Aufmerksamkeit. Und die Straßen waren leer. Adrien dachte an die Geschichten über den Widergänger und biss erneut von der Wurst ab. Köstlich! Der Fleischhauer verstand sein Handwerk! Was er wohl alles unter das Fleisch mischte?
    Adrien trat in den Durchgang. Es stank nach Pisse. Bestimmt wurden hier jeden Morgen die Nachttöpfe der Webersippschaft entleert. Der Junge hielt den Atem an und watete durch den Matsch. Diesen Weg nahm gewiss nur, wem sein Schuhwerk egal war oder wer sich keines leisten konnte.
    Er trat hinaus auf den langen, geraden Seilersteig. Keine Menschenseele war zu sehen. Durch einige Fensterläden fiel gelbes Licht. Im Mondschein leuchteten die Kreidezeichen auf den freigeschaufelten Simsen und Türschwellen. Zeichen, die den Widergänger fernhalten sollten.
    Wo sollte er die Nacht verbringen? Bei der Armenstube ließ er sich besser nicht blicken. Die würden an seinem Atem riechen, was er gegessen hatte. Und sie wüssten, dass diese Wurst kein Geschenk war.
    »Diebesgut mundet gut«, erklang eine Stimme unmittelbar neben ihm.
    Vor Schreck fiel ihm die Wurst aus der Hand. Ein Schatten löste sich aus der Türnische des Weberhauses, eine dunkel gewandete Gestalt mit langem Wanderstock. Adrien bückte sich hastig nach der Wurst und wischte sie an seinem Hosenbein ab. Sollte er loslaufen? Das Gesicht des Fremden war im Schatten seiner Kapuze verborgen. Er trug ein dunkelblaues Gewand wie ein Wanderpriester. Bestimmt könnte er ihm entwischen!
    »Ich muss weiter«, sagte er und wollte gehen, doch der Fremde hielt ihm den Wanderstab quer vor die Brust.
    »Dies ist die letzte Nacht, in der du hungern musst, wenn du es so willst.« Adrien legte die Hand auf den Stab. Ihm stand jetzt nicht der Sinn nach dem Gerede eines Wanderpriesters. Worte waren allzu billig. Als ob es Gerechtigkeit und einen vollen Bauch für einen Jungen wie ihn geben könnte! »Wenn dein Gott so ein netter Kerl ist, warum musst du dann in einer Nacht wie dieser auf einer Straße stehen, die nach Pisse stinkt?«
    »Weil ich ein Seelenfischer bin und dies nun einmal der Ort ist, an dem ich in dieser Nacht deiner Seele begegnen kann, Adrien.«
    Der Junge wich ein Stück zurück. Woher kannte der Priester seinen Namen? Adrien war sich sicher, dem Mann noch nie begegnet zu sein. »Wer bist du?«
    »Ich bin das Geschenk Tjureds an dich.« Er schlug die Kapuze ein Stück zurück. Das Mondlicht spiegelte sich in leuchtend blauen Augen. »Ich bin Bruder Jules.« »Was willst du von mir?« Adrien wich noch etwas weiter zurück. Hinter der Gasse auf dem Hof hörte er einen Wutschrei. Der Fleischhauer!
    »Das sagte ich schon. Ich will deine Seele. Aber ich werde sie nicht nehmen. Ich will sie als Geschenk.«
    »Ja, ja.« Es war an der Zeit zu verschwinden.
    »Du hast
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