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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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Merlin lächeln und schüttelte den Kopf. König wovon? Das gesamte Land war verwüstet, und Horden von Goblins und anderen Monstern trieben dort nach wie vor ihr Unwesen. Es würde lange dauern, bis die Narben des Krieges verheilt wären.
    »An was denkst du, Myrrdin?«
    Erschrocken fuhr er von der Zinne hoch, auf die er sich gestützt hatte, um Atem zu holen, und wandte sich zu Morgane um. Auch wenn sie herausfordernd lächelte, hatte das kleine Mädchen Angst, ihr war kalt, und sie musste es bereuen, ihn bis hierher begleitet zu haben. Sie hatte noch nie eine Stadt zu Gesicht bekommen, nicht einmal die grünen Städte im Wald von Eliande, und die Ruinen von Loth hatten nichts an sich, was sie hätte beruhigen können.
    »Du hattest Recht, ich bin alt«, sagte er. »Gönn mir eine kleine Pause, ich muss mich ausruhen ...«
    Sie blickte ihn mit leicht schräg geneigtem Kopf an, schenkte ihm ein freundliches Lächeln, dann schob sie einen Arm aus den Pelzen heraus, in die sie sich eingehüllt hatte, um ein Steinchen vom Wehrgang aufzuheben.
    »Ich zeige dir einen Zaubertrick!«, sagte sie. »Siehst du diesen Kiesel?«
    Merlin nickte. Er wusste, was folgen würde. Sie hob die Hand in die Höhe, stampfte heftig mit dem Absatz auf die Bodenplatten, und Merlin ließ sich täuschen, indem er unwillkürlich den Blick abwendete. Bis er sein Augenmerk wieder auf die Hand mit dem Kiesel gerichtet hatte, war dieser bereits verschwunden (und er tat, als hörte er ihn nicht hinter Morganes Schulter über die Stufen hinunterrollen, die sie soeben erklommen hatten).
    »Magie!«, verkündete das kleine Mädchen.
    »Das ist Magie, ja ... Du hast es begriffen.«
    »Also musst du mir jetzt den Rest beibringen! Alles, was du weißt!«
    Merlin nickte abermals, diesmal mit ernster Miene.
    »Komm«, sagte er.
    Er richtete sich auf und ging in Richtung des Bergfrieds davon, ohne sich weiter um sie zu kümmern. Das Zwischenspiel hatte ein wenig dazu beigetragen, den Kloß, der sich in seiner Kehle zusammengeballt hatte, zu lösen, doch wohin er auch blickte, schlug ihm die Verheerung der Stadt von neuem aufs Gemüt. Überall, auf dem Wehrgang, in den Gassen, durch die eingestürzten Dächer der verwüsteten Behausungen hindurch, sah man die Spuren der Gräuel, die vom Fall der Stadt zeugten. Verwesende Körper lagen offen da, ohne Grabstätte; zerbrochene Waffen, Kleider und Geschirr übersäten den Boden, armselige Beutestücke, die die Plünderer zurückgelassen hat ten. Bis zum Schluss hatte es Menschen gegeben, die lieber gestohlen und Gold oder Schmuck an sich gerafft hatten, als daran zu denken, ihr Leben zu retten. Sie waren schon jetzt von der Habgier der Zwerge beseelt, und bald würde diese die gesamte Menschheit erfassen ... Fette schwarze Ratten taten sich an all diesen Überresten gütlich, ohne sich auch nur im Geringsten von den vorbeigehenden Überlebenden aus der Ruhe bringen zu lassen; wie Würmer, die einen Kadaver zerfressen. Morgane und Merlin kletterten hintereinander eine von zerbrochenen Möbeln überquellende Treppe hinauf, stiegen in einem Gang über unförmige Trümmer hinweg und erreichten schließlich den Ratssaal.
    Dort sank Merlin auf die Knie, und die Tränen, die er seit seiner Ankunft in Loth zurückgehalten hatte, schossen ihm endlich aus den Augen, denn all das Leid zerriss ihm das Herz.
    In der Mitte des Raumes befand sich die große Tafel, auf der noch immer die Spuren der wütenden Hiebe zu erkennen waren, die auf sie niedergegangen waren. Außerdem waren immer noch Seile darum gebunden, die bis zu einer an den Deckenbalken befestigten Zugwinde hinaufliefen. Durch das einzige offene Fenster blies der Wind herein, und auf seine Laibung war, den Kerben und Scharten nach zu schließen, ebenfalls kräftig eingehämmert worden. Die Dämonen hatten ganz offensichtlich alles versucht, um die beiden Talismane fortzuschaffen, doch vergeblich.
    Das Schwert war immer noch an seinem Platz: hineingerammt in den Stein.
    Morgane zauderte, doch da Myrrdin weiterhin schluchzend am Boden kniete, wagte sie sich schließlich vor und packte das Stichblatt des Schwertes. Ein Vibrieren war zu vernehmen, eine dumpfe, unheilvolle Klage, ein Heulen aus einer jenseitigen Welt, und sie schnellte mit einem Schreckensschrei zurück.
    »Nimm es’«, sagte Merlin hinter ihr mit pochendem Herzen und trotz der Tränen weit aufgerissenen Augen.
     
    Da streckte sie erneut die Hand aus, ganz vorsichtig, als fürchte sie, sich zu
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