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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon
Autoren: Jim Butcher
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noch mit dem kleinen Messer bewaffnet, eilte sie zum hinteren Teil des Zeltes und schnitt ein Loch in den Stoff. Während sie hindurchschlüpfte, hörte sie sich selbst wimmern, und ihre Angst trieb sie zum Laufen.
    Als sie einen Blick über die Schulter wagte, sah sie, wie Aldrick die hintere Wand des Zeltes mit dem Schwert zerfetzte und ihr folgte. »Wachen!«, brüllte der Schwertkämpfer. »Schließt die Tore!«
    Vor Amara schwang das Tor, auf das sie zurannte, langsam zu, und sie bog vom Hauptweg ab zwischen zwei Reihen weißer Zelte, raffte die Röcke hoch und fluchte, weil sie sich nicht als Junge verkleidet hatte; dann hätte sie nun wenigstens eine Hose getragen. Aldrick rannte ihr hinterher, doch sie hatte ihn bereits ein Stück abgehängt, wie ein Reh einer großen Schleiche davonläuft, und sie schenkte ihm ein wildes Grinsen.

    Die getrocknete Erde fiel von ihr ab, während sie zum nächstgelegenen Stück der Befestigung lief, und sie betete, dass es ihr jetzt endlich gelingen würde, Cirrus zu rufen. Eine steile Stiege führte auf eine der Verteidigungsplattformen, und mit drei schnellen Schritten war sie oben, wobei sie die Stufen kaum mit den Händen berührte.
    Ein Legionares drehte sich zu ihr um und sah sie erschrocken an. Ohne sich lange aufzuhalten, spannte Amara ihre Handkante und verpasste dem Mann einen Schlag gegen die Kehle. Er taumelte rückwärts und röchelte, dann war sie an ihm vorbei und blickte von der Palisade.
    Es ging zehn Fuß in die Tiefe, und dann waren da noch einmal sieben bis acht Fuß wegen des Grabens dahinter. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie sich beim Aufprall schwer verletzen.
    »Schieß!«, rief jemand hinter ihr, und ein Pfeil zischte an ihr vorüber. Amara warf sich zur Seite, packte die Oberkante der Palisade mit einer Hand, schwang sich hinüber und fiel ins Leere.
    »Cirrus!«, rief sie - und spürte, wie sich um sie herum Wind regte. Endlich. Ihr Elementar drückte sich gegen sie, drehte ihren Körper in die richtige Haltung und fasste sie dann von unten, so dass sie in einer Wolke aus Wind und Staub landete und nicht auf dem harten Boden des Grabens.
    Sie rannte weiter, schaute sich nicht um, sondern sprintete in großen Sätzen davon. Amara schlug die nordöstliche Richtung ein, fort von den Drillplätzen und dem Bach, fort von dem Garganten und dem großen Karren. Die Bäume waren für die Palisade des Lagers abgeholzt worden, und so musste sie fast zweihundert Schritte lang immer wieder über Baumstümpfe springen. Um sie herum bohrten sich Pfeile in den Boden, einer blieb in den Falten ihrer Röcke hängen, und beinahe wäre sie gestolpert. Sie lief und lief, und der Wind wehte ihr in den Rücken. Cirrus war unsichtbar, aber er half ihr.

    Als Amara den Schutz der Bäume erreichte, blieb sie stehen, schnappte nach Luft und schaute sich um.
    Das Tor des Lagers wurde geöffnet, und zwei Dutzend Männer auf Pferden ritten heraus. Ihre langen Speere glänzten in der Sonne, als die Kolonne in Amaras Richtung schwenkte. Aldrick ritt an der Spitze, und neben ihm wirkten die anderen Reiter fast kleinwüchsig.
    Sie rannte weiter, so schnell sie konnte, immer zwischen den Bäumen hindurch. Die Zweige seufzten und ächzten, ihr Laub raschelte, die bedrohlichen Schatten befanden sich unaufhörlich in Bewegung. Die Elementare dieses Waldes waren ihr nicht freundlich gesinnt - was durchaus Sinn ergab, wo sich doch zumindest eine Person mit starken Holzkräften in der Nähe aufhielt. Hier konnte sie sich nicht verstecken, denn diese Bäume würden sie verraten.
    »Cirrus«, rief Amara keuchend. »Hoch!«
    Der Wind sammelte sich unter ihr und hob sie vom Boden in die Höhe. Doch die Äste über ihr verschränkten sich wie Menschenhände und griffen ineinander, bis sie ein festes Flechtwerk bildeten. Amara stieß einen Schrei aus, krachte gegen diese lebendige Decke und taumelte wieder zurück zum Boden. Cirrus federte den Sturz ab und wisperte ihr eine Entschuldigung ins Ohr.
    Amara schaute sich um, doch überall reckten die Bäume ihre Äste, und im Wald nahm die Dunkelheit zu, da das Blätterdach immer dichter wurde. Von hinten hörte Amara Hufschlag.
    Sie raffte sich vom Boden auf, wobei sich der Schnitt am Arm schmerzhaft bemerkbar machte. Doch sie lief weiter, immer weiter, denn die Reiter kamen unaufhaltsam näher.
    Wie lange sie gelaufen war, wusste sie später nicht mehr. Sie erinnerte sich nur noch an die bedrohlichen Schatten der Bäume und das Brennen ihrer
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