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Die Eisprinzessin schläft

Die Eisprinzessin schläft

Titel: Die Eisprinzessin schläft
Autoren: Camilla Läckberg
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Familienname mußte natürlich geschützt werden. Alles andere hatte dahinter zurückzustehen.«
    »Und wie stellst du dich dazu? Daß dein Bruder ein Pädophiler war und deine Mutter es gewußt hat und ihn schützte?«
    Jan ließ sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Er klopfte ein paar unsichtbare Staubfussel vom Mantelrevers und hob nur eine Augenbraue, als er Patrik nach ein paar Sekunden Bedenkzeit antwortete.
    »Ich kann Mutter natürlich verstehen. Sie verhielt sich auf die einzige Weise, die sie beherrschte, und der Schaden war ja nun mal geschehen, oder?«
    »Ja, so kann man es selbstverständlich auch sehen. Die Frage ist nur, wohin Nils dann verschwunden ist. In der Familie hat keiner je wieder was von ihm gehört?«
    »Dann hätten wir als gute Bürger dieser Gesellschaft natürlich die Polizei informiert.« Die Ironie im Tonfall war so geschickt verborgen, daß sie kaum zu vernehmen war.
    »Aber ich begreife, daß er es vorzog zu verschwinden. Was hätte er hier gehabt? Mutter wußte nun, was er in Wirklichkeit für einer war, und in der Schule konnte er auch nicht mehr bleiben, dafür zumindest hätte Mutter gesorgt. Also ist er abgehauen. Vermutlich lebt er irgendwo in einem warmen Land, wo der Zugang zu kleinen Mädchen und Jungen einfacher ist.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ach ja, und warum nicht? Hast du eine Leiche im Keller gefunden?«
    Patrik ignorierte den spöttischen Tonfall. »Nein, das haben wir nicht. Aber, weißt du, ich habe eine Theorie …«
    »Sehr interessant, wirklich.«
    »Ich glaube nicht, daß nur Anders und Alex von Nils mißbraucht worden sind. Ich glaube, an erster Stelle gab es ein Opfer in der nächsten Umgebung des Täters, zu dem er den leichtesten Zugang hatte. Ich glaube, daß auch du mißbraucht worden bist.«
    Zum erstenmal meinte Patrik einen Riß in Jans blank polierter Fassade zu erkennen, aber eine Sekunde darauf hatte der sich wieder unter Kontrolle, so schien es wenigstens.
    »Wirklich eine interessante Theorie. Worauf baust du die auf?«
    »Auf nicht viel, muß ich zugeben. Aber ich habe eine Verbindung zwischen euch drei gefunden. Aus der Kindheit. Ich habe ein kleines Lederstückchen in deinem Arbeitszimmer gesehen, als ich dich dort aufgesucht habe. Das hat offenbar eine ziemlich große Bedeutung für dich. Es symbolisiert irgend etwas. Einen Pakt, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, eine Blutsbrüderschaft. Du hast es über fünfundzwanzig Jahre aufgehoben. Das haben Anders und Alex mit ihren Lederstückchen auch getan. Auf der Rückseite eines jeden davon ist ein verwischter blutiger Fingerabdruck zu sehen, deshalb glaube ich, daß ihr auf die dramatische Weise von Kindern eine Blutsbrüderschaft eingegangen seid. Auf der Vorderseite des Leders waren außerdem drei Buchstaben eingebrannt: >D.D.M.< Das habe ich nicht entschlüsseln können. Vielleicht kannst du mir in diesem Punkt helfen?«
    Patrik sah förmlich, wie in Jans Brust zwei Seelen miteinander stritten, doch er baute auf Jans Ego. Er hätte darauf wetten können, daß es für Jan unwiderstehlich war, vor jemandem sein Herz auszuschütten, der mit Interesse zuhörte. Er beschloß, ihm die Entscheidung einfacher zu machen.
    »Alles, was heute hier gesagt wird, bleibt unter uns. Ich habe weder die Kraft noch die Mittel, um einer Geschichte nachzugehen, die vor fünfundzwanzig Jahren passiert ist, und ich glaube auch kaum, daß ich, selbst wenn ich es versuchen würde, irgendwelche Beweise fände. Es ist für mich persönlich von Gewicht. Ich muß es einfach wissen.«
    Jan widerstand der Versuchung nicht länger. »Die Drei Musketiere, das ist es, wofür das >D.D.M.< steht. Albern und verdammt romantisch, aber so haben wir uns gesehen. Wir drei gegen die ganze Welt. Wenn wir zusammen waren, konnten wir vergessen, was mit uns passiert war. Wir haben nie darüber geredet, das brauchten wir auch nicht. Wir haben es trotzdem gewußt. Wir haben einen Pakt geschlossen, daß wir immer füreinander dasein wollten. Mit einer Glasscherbe schnitten wir uns in den Finger, vermischten das Blut und stempelten unser Emblem damit. Ich war der Stärkste von uns. Ich mußte der Stärkste sein. Die anderen konnten sich zumindest zu Hause sicher fühlen, ich habe mich unentwegt umgedreht, um hinter mich zu schauen, und abends lag ich mit der Decke bis zum Kinn und lauschte auf die Schritte, die, wie ich wußte, kommen würden, erst durch die Diele und dann immer näher und näher.«
    Es war, als wäre ein Damm
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