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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie
Autoren: Jay Bonansinga
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Alaska.»
    «Das hier ist eine sehr imponierende Anlage.» Sie nickte und deutete auf die Türen der gegenüberliegenden Lobby. «Ich gebe Ihnen eine kleine Führung, die Projektleiterin wartet hinten im Labor auf uns.»
    Grove nickte. «Dann sollten wir sie nicht länger warten lassen.»
    Das Paläo-DNA-Laboratorium der University of Alaska ist das größte seiner Art in Nordamerika. Es befindet sich in den unteren Etagen des Schliemann-Gebäudes, und in seinen Räumen werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit streng reguliert. Was die Sicherheitsmaßnahmen betrifft, kann es die Anlage spielend mit dem Pentagon aufnehmen. Das Labyrinth aus Korridoren und Zugangstunneln dehnt sich schier endlos aus. Jeder organische Fund auf der westlichen Hemisphäre, der von einiger archäologischer Bedeutung ist, findet letztendlich seinen Weg hierher, um datiert, geprüft, sequenziert, analysiert, katalogisiert, studiert oder ausgestellt zu werden. Die Einrichtungen des Labors dienen natürlich auch der Lehre, doch die Forschung ist die eigentliche Aufgabe der Einrichtung. Die Industrie finanziert das Labor jährlich mit mehreren Millionen Dollar an Stiftungsgeldern. Fast jeder multinationale Konzern von Exxon bis Union Carbide hat in diese Anlage Geld investiert. Es kommt deshalb auf dem Campus immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Umweltschutzgruppen, die es kritisieren, wenn sich die Industrie die wissenschaftliche Gemeinschaft mit ihren Geldspritzen gefügig macht. Doch die Forschungen in dem Labor laufen ungestört, nicht zuletzt wegen des Führungsstils von Dr. Lorraine G. Mathis, Senioranalystin und Labordirektorin. Sie regiert die Einrichtung mit eiserner Faust.
    Ulysses Grove spürte bereits wenige Augenblicke, nachdem man ihn der spröden, etwa fünfzigjährigen Frau im weißen Laborkittel vorgestellt hatte, dass sie ein Bündel von passiver Aggression und Paranoia war.
    Sie führte die Gruppe durch einen schmalen, mit Teppich ausgelegten Korridor, der von gläsernen Schaukästen mit den Skeletten exotischer Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien gesäumt war.
    «Sie werden nun den Nassraum sehen, in dem die erste Säuberung und Sichtung archäologischer Überreste vorgenommen wird», erklärte sie.
    Neben Grove und Maura County hatte sich der Archäologe Michael Okuda der Gruppe angeschlossen. Der hagere Wissenschaftler mit den feinen asiatischen Gesichtszügen war vor fast einem Jahr der Erste gewesen, der die Mumie zu Gesicht bekommen hatte.
    Er war von einem der Untersuchungsbeamten angerufen worden und hatte die zweihundert Kilometer weite Reise mit der Erwartung angetreten, dort am Lake Clark die erfrorene Leiche eines Wanderers aus der Carter-Ära vorzufinden. Aber in dem Augenblick, als er den brüchigen, ledrigen Körper auf einem Parkplatz in der Nähe einer Rangerhütte liegen sah, wusste er, dass er über etwas Epochales gestolpert war. Er konnte es an den getrockneten Tierhäuten, die noch immer über den spindeldürren Armen der Mumie hingen, erkennen, an den mit Gras ausgestopften Fellen um die perfekt erhaltenen Füße und an dem primitiven Axtblatt, das neben dem Körper lag.
    Dr. Mathis hielt vor einer Sicherheitstür inne und zog eine Magnetkarte aus der Tasche. «Das Problem bei all diesem dämlichen Medienrummel», murmelte sie, als sie die Karte durch das elektronische Schloss zog, «ist der Zustand der Mumie. Sie muss bei einer konstanten Temperatur von acht Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von achtundneunzig Prozent gelagert werden, um die Konservierung zu garantieren. Jedes Mal, wenn man ihn auftaut, um ihn zu untersuchen oder Proben zu nehmen, trocknet das Gewebe, und die Zellen zerfallen noch weiter.»
    Grove stand hinter der Wissenschaftlerin und hoffte möglichst bald ins Labor geführt zu werden. Die Schwindelgefühle hatten in dem engen Korridor wieder eingesetzt. Übelkeit stieg in ihm auf, und es kam ihm vor, als würden sich die Wände der unterirdischen Anlage auf ihn zu bewegen.
    Die Tür öffnete sich zischend, und Mathis führte die Gruppe in einen schmalen Raum. Der beißende Gestank von Desinfektionsmitteln stieg Grove sofort in die Nase, doch darunter lag noch ein anderer Geruch: der süßliche Gestank verfaulten Fleisches. Durch die Luft schwirrte das Stimmengewirr der Forscher, die im Labor arbeiteten, und das Piepen und Sirren von Zentrifugen.
    «Dies ist die einzige Anlage in Nordamerika, die dafür ausgerüstet ist, einen solchen Fund zu beherbergen»,
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