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Die einzige Wahrheit

Die einzige Wahrheit

Titel: Die einzige Wahrheit
Autoren: Jodi Picoult
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schon in Ordnung bringen. Wie immer. Ich legte die Füße auf einen zweiten Stuhl und lächelte. Seit fünfzehn Minuten war ich in Paradise, und schon fühlte ich mich besser.

3
N ee!« kreischte Katie und trat nach dem Sanitäter, der sie in den Rettungswagen schob. »Ich will net geh!«
    Lizzie sah, wie das Mädchen sich wehrte. Der untere Teil ihres grünen Kleides war inzwischen schwarz von Blut. Die Fishers, Samuel und Levi sahen entsetzt zu. Der große, blonde Mann trat vor. »Lassen Sie sie herunter«, sagte er.
    Der Sanitäter wandte sich um. »Hör mal, Kumpel, ich will ihr helfen.« Es gelang ihm, Katie in den Rettungswagen zu bugsieren. »Mr. und Mrs. Fisher, Sie können gerne mitfahren.«
    Sarah Fisher schluchzte, hielt ihren Mann am Hemd fest und flehte ihn in einer Sprache an, die Lizzie nicht verstand. Er schüttelte den Kopf, wandte sich dann ab. Sarah kletterte in den Rettungswagen, nahm die Hand ihrer Tochter und flüsterte ihr beruhigende Worte zu, bis sie still wurde. Die Sanitäter schlossen die Türen, und der Wagen rollte die lange Einfahrt hinunter, Staub und Steinchen aufwirbelnd.
    Lizzie wußte, daß sie zum Krankenhaus fahren und mit den Ärzten sprechen mußte, die Katie untersuchen würden, aber sie blieb, wo sie war. Sie beobachtete Samuel, der Aaron Fisher nicht gefolgt war, sondern wie angewurzelt dastand und dem Rettungswagen nachschaute, bis er verschwunden war.
    Die Welt jagte vorbei. Die Neonlampe an der Decke sah aus wie die Streifen auf der Straße, die schnell dahinflogen, wenn man sie von hinten aus einer Kutsche heraus betrachtete. Der Wagen hielt unvermittelt an, und eine Stimme neben ihrem Kopf rief: »Auf drei – eins, zwei, drei!« Dann wurde Katie wie von Zauberhand in die Luft gehoben und schwebte nach unten auf einen kalten, glänzenden Tisch.
    Der Sanitäter nannte den anderen ihren Namen und sagte, daß sie da unten geblutet hatte. Das Gesicht einer Frau schwebte über ihr, prüfend. »Katie? Sprechen Sie Englisch?«
    »Ja«, murmelte sie.
    »Katie, sind Sie schwanger?«
    »Nein!«
    »Können Sie uns sagen, wann Ihre letzte Periode war?«
    Katies Wangen liefen scharlachrot an, und sie wandte sich schweigend ab. Unwillkürlich registrierte sie die Lichter und Geräusche dieses eigenartigen Krankenhauses. Auf leuchtenden Bildschirmen schlängelten sich Wellenlinien; von allen Seiten hörte sie Piepen und Surren; vereinzelt ertönten Stimmen, deren Rhythmus sie an Kirchenlieder erinnerte: »Blutdruck achtzig zu vierzig«, sagte eine Krankenschwester.
    »Puls hundertdreißig.«
    »Atmung?«
    »Achtundzwanzig.«
    Der Arzt wandte sich Katies Mutter zu. »Mrs. Fisher? War Ihre Tochter schwanger?« Benommen von dem Aufruhr, starrte Sarah den Mann nur stumm an. »Himmel«, sagte der Arzt leise. »Zieht ihr schnell den Rock aus.«
    Katie spürte, wie Hände an ihrer Kleidung zogen, aufdringlich an ihr herumzerrten. »Es ist ein Kleid, und ich kann die Knöpfe nicht finden«, beklagte sich eine Schwester.
    »Da sind auch keine. Nur Häkchen. Was zum –«
    »Dann schneidet es auf, wenn’s sein muß. Ich brauche eine Blutsenkung, ein Blutbild, einen Urintest, und schickt eine Probe zur Blutbank, und zwar alles so schnell wie möglich.« Wieder schwebte das Gesicht des Doktors über Katie. »Katie, ich werde jetzt Ihre Gebärmutter untersuchen. Verstehen Sie mich? Bitte entspannen Sie sich –«
    Bei der ersten sanft tastenden Berührung trat Katie wild aus. »Haltet Sie fest«, befahl der Arzt, und zwei Schwestern drückten Katies Fußgelenke in die Halterungen. »Bitte entspannen Sie sich. Ich tu Ihnen nicht weh.« Tränen rannen über Katies Wangen, während der Arzt diktierte und eine Krankenschwester alles aufschrieb: »Vermutlich blutiger Wochenfluß, außerdem ein schwammiger, nicht kontrahierter Uterus, Größe etwa vierundzwanzigste Woche. Geöffneter Gebärmuttermund. Wir sehen uns das gleich mal auf dem Ultraschall genauer an. Wie steht’s mit der Blutung?«
    »Hält an.«
    »Wir brauchen sofort einen Gynäkologen.«
    Eine Schwester wickelte Eis in ein Tuch und legte Katie die Packung zwischen die Beine. »Das wird dir guttun, Kleines«.
    Katie versuchte, sich auf das Gesicht der Schwester zu konzentrieren, doch mittlerweile zitterte ihr Blick ebenso heftig wie ihre Arme und Beine. Die Schwester sah das und legte noch eine Decke über sie. Katie wünschte, sie hätte die Worte, um ihr zu danken, wünschte, sie hätte die Worte, um ihr zu sagen, daß sie jetzt
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