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Die einsamen Toten

Titel: Die einsamen Toten
Autoren: S Booth
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das alles ohne Zeugen, das heißt, mit Ausnahme eines verängstigten Jungen vielleicht. Die Obduktion der skelettierten Überreste vom Friedhof hatte diverse Knochenbrüche ergeben. Barry Cully war zu Tode geprügelt und seine Leiche in einem flachen Grab unter anderen Toten von Withens verscharrt worden. Der Schauplatz seiner Ermordung lag in Schutt und Asche.
    Die Vorführung der Border Rats mochte auf eine alte Tradition zurückgehen. Aber die Geschichte, die sie darin erzählten, konnte viel jüngeren Datums sein. War es der Mord an Barry Cully?
    Cooper wartete, lauschte dem Singsang und dem Gebrüll
und beobachtete die Tänzer, die sich dem Höhepunkt ihrer Vorstellung näherten. Die Ratte stürzte zu Boden und wurde symbolisch mit den Stöcken erschlagen. Dann erhob sie sich, und die Border Rats nahmen den spärlichen Applaus der regennassen Zuschauer entgegen.
    War er jetzt irgendwie schlauer? Nein. Aber es war eine interessante Theorie.
    Cooper machte sich entlang der Straße auf den Rückweg und passierte dabei die Kirche. Er schenkte Ruby Wallwin keine weitere Beachtung, die von Marion Oxley gebeten worden war, letzte Hand an die Brunnenverkleidung von Withens zu legen. Die Frau umklammerte eine Hand voll zarter Blütenblätter, die sie an diesem Morgen erst gepflückt hatte. In Hausschuhen war sie hinunter ans Flussufer geschlurft, mit noch steifen Gelenken, da sie erst aufgestanden war. Aber die Blütenblätter mussten nun mal absolut frisch sein. Die schimmernden weißen Hundsrosen waren noch feucht vom Regen, der in der Nacht gefallen war.
    Mrs Wallwin hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, mit dem Pfarrer zu sprechen, und jetzt war es zu spät. Aber wahrscheinlich war es besser so, dass sie nichts gesagt hatte, dachte sie. Langsam fingen die Oxleys an, sie zu akzeptieren, und es würde ihnen sicher nicht gefallen, wenn sie dächten, sie würde Dinge weitergeben, die sie mit angehört hatte, wenn sie einander anschrien und dabei völlig ihre Anwesenheit vergaßen.
    RubyWallwin beugte sich über die untere Ecke des Bildes, wo aus winzigen Erlenzapfen und gerösteten Kaffeebohnen eine Gruppe schwarzer Figuren gelegt worden war. Sie war sich über die Bedeutung des Bildes nicht sicher. Sie wusste nur, dass die weißen Blütenblätter der Rose, die sie zu Füßen der schwarzen Gestalten in den Ton drückte, wie kleine Knochen aussahen.
     
     
    Diane Fry saß mit Detective Inspector Paul Hitchens in einem Befragungsraum in der West Street. Sie fixierte den Mann, der
ihr am Tisch gegenübersaß, und hoffte, dass er nicht wieder so lange schweigen würde wie bei der letzten Vernehmung, die sie hier durchlitten hatte.
    »An dem Stock, der in dem Eisenbahntunnel gefunden wurde, befand sich das Blut von Neil Granger«, sagte sie. »Au ßerdem Spuren seiner Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit und Knochensplitter, die im Holz steckten.«
    Sie blickte auf, aber es kam keine Reaktion.
    »Am anderen Ende des Stocks haben wir Fingerabdrücke gefunden. Wie es der Zufall will, hatten wir diese Abdrücke in den Akten.«
    »Da kann man doch fast von Glück reden, oder?«, warf Hitchens mit einem Lächeln ein. »Manchmal haben auch wir Glück.«
    Fry nickte. »Detective Inspector Hitchens hat Recht. Und diese speziellen Fingerabdrücke haben wir erst vor kurzem abgenommen.«
    Sie erhielt keine Antwort, aber sie hatte auch noch keine Frage gestellt. Fry starrte den Mann gegenüber an, der ihren Blick ruhig erwiderte. Seine äußere Erscheinung, seine Blässe, die Schwärze seines Haars und die dunklen Stoppeln auf seinen Wangen irritierten sie ein wenig.
    »Wir haben diese Fingerabdrücke ursprünglich mit der Absicht abgenommen, bestimmte Personen auszuschließen«, fuhr sie fort. »Dieselben Abdrücke befanden sich auch auf der Bronzebüste, die wir im Wagen gefunden haben, und auf einer kleinen Messingschachtel im Haus.«
    In dem Moment nickte er, als wollte er sie ermutigen, doch fortzufahren.
    »Sie waren überall im Haus Ihres Bruders«, sagte sie.
    Und bei der Erwähnung seines Bruders begann Philip Granger zu lächeln.

42
    B en Cooper war auf der A628 unterwegs und näherte sich der Kreuzung bei Flouch. Ringsum breiteten sich die malerischen Weiten des Black Hill und des Withens Moors aus. Als er ins Tal hinunterschaute, sah er, dass sich der Regen wie ein dünner Vorhang aus Nebel vor die Hänge schob.
    Er hatte auf seinem Weg bereits die ursprünglichen Standorte von zwei verschwundenen Dörfern passiert. Tracy Udall
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