Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)

Titel: Die Einheit: Thriller (Tokio Killer) (German Edition)
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
Kindes. Aber natürlich sprach ich mit Larison weder über sein Privatleben noch über Horton.
    Er bedankte sich bei mir, als wir uns verabschiedeten, und ich wusste nicht recht, wofür – weil ich sein Geheimnis bewahrt hatte, weil ich ihn daran gehindert hatte, uns auf eine Art zu verlassen, die er bereut hätte, für das Risiko, das ich eingegangen war, indem ich ihm vertraute?
    »Keine Ursache«, sagte ich. »Das war alles nur Selbsterhaltung.«
    »Pferdekacke«, sagte er. »Ich stehe in Ihrer Schuld.«
    »Wofür denn? Sie haben mich an einer Operation beteiligt,die mich um fünfundzwanzig Millionen reicher gemacht hat.«
    Er antwortete nicht gleich, und mir wurde klar, was er dachte, dass in seinem ursprünglichen Plan nicht vorgesehen gewesen war, dass ich die Diamanten behielt. Anscheinend löste die Erinnerung daran für ihn uncharakteristische Gewissensbisse aus. Ich hatte Glück gehabt, dass die Sache sich so entwickelt hatte. Es hätte leicht auch ganz anders ausgehen können.
    »Ich weiß noch nicht genau, wo ich sein werde«, sagte er. »Aber wenn Sie mich brauchen, werde ich Ihnen den Rücken decken.«
    Ein solches Angebot von Larisons Seite musste ebenso selten wie bedeutungsvoll sein. Ich wusste es zu schätzen und das sagte ich ihm auch. Ich hatte das Gefühl, wir würden uns wiedersehen.
    Und so löste sich unsere Einheit auf. Jedenfalls für eine Weile.
    Ich kehrte natürlich nach Tokio zurück, wie ich es anscheinend immer tue, ein Lachs, der instinktiv flussaufwärts schwimmt zum Ort seiner Geburt. Ich lebte mich wieder ein und genoss das Gefühl, dass in meinem Leben Flaute herrschte. Die Stadt erholte sich langsam vom Trauma des Erdbebens und des Tsunamis und ich spendete einen unmöglich großen und entsprechend anonymen Betrag für die Hilfsmaßnahmen im Norden. Die Enthüllungen über das ganze Ausmaß der Korruption, die zur Kernschmelze im Reaktor von Fukushima geführt hatte, erstaunten sogar einen Zyniker wie mich. Trotzdem schienen sie nichts zu bewirken. Japan unterschied sich, zumindest was die Apathie der Bevölkerung anging, anscheinend nicht sehr von Amerika.
    Denn auch von dort erreichten mich erstaunliche Nachrichten. Enthüllungen, Entlassungen, Anklagen wegen Hochverrat. Größtenteils die Wahrheit, wie Horton prophezeit hatte, und die wenigen Lügen waren so sorgfältig in das Gewebeeingeflochten, dass niemand, der nicht die Entstehungsgeschichte des Bildteppichs kannte, sie je bemerkt hätte. Wie er vorausgesagt hatte, gewann Horton enorm an Einfluss. Manche Stimmen forderten seine Präsidentschaftskandidatur. Zu seiner Ehre muss gesagt sein, dass er sich dagegen sträubte, und ich konnte mir vorstellen, dass das, was die Leute für noble Widerstandskraft gegenüber den Verlockungen der Macht hielten, eines Tages die Hochglanzpolitur auf seiner Legende abgeben würde.
    Doch trotz aller Enthüllungen, Verhaftungen und dem öffentlichen Aufschrei konnte ich keine großen Veränderungen erkennen. Die Kriege zogen sich zäh in die Länge. Die Menschen gingen nicht auf die Straße, keine Bauern stürmten mit ihren Mistgabeln das Kapitol oder hängten die Wallstreet-Barone auf, wenigstens als Puppen. Es wurde von einer dritten Partei gesprochen – sie als zweite zu bezeichnen, hätte es meiner Ansicht nach besser getroffen –, aber es kam nichts von Bedeutung dabei heraus. Obwohl alle Dokumente für die Enthüllungen von Wikileaks stammten, heimsten die New York Times und die anderen Mainstream-Medien die Lorbeeren ein. Dabei hätten sie diese Informationen ohne die vorherige Veröffentlichung durch Wikileaks nicht einmal mit einer Beißzange angefasst. Es war, wie Kanezaki prophezeit hatte. Die Menschen schienen die Perfidie des Systems als ein Problem einzelner Persönlichkeiten zu betrachten, nicht als etwas, das sich heimtückisch wie ein Krebs in ihren Institutionen ausbreitete.
    Horton blieb seiner Linie treu und spielte mit den Hebeln seiner Macht und Popularität, aber ich hatte den Eindruck, dass seine Expertenkommission, weit davon entfernt, sich von ihm nach Belieben lenken zu lassen, sich mehr und mehr zu einem Klotz am Bein entwickelte, der seine Bestrebungen unter Kontrolle bringen und entschärfen sollte. Ich fragte mich,ob ihn die Enttäuschung quälte und er in den dunklen, stillen Stunden kurz vor Tagesanbruch manchmal schlaflos im Würgegriff der Verzweiflung lag, während die Verantwortung für all die Lebensfäden, die er brutal abgeschnitten hatte, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher