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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe
Autoren: Melanie Gideon
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Wiedersehen, Alice.«
    Ich lasse meinen Blick über die Anwesenden schweifen, die lässig ihre Lychee FiGtinis schlürfen. Ich kichere leise vor mich hin, so als fiele mir gerade etwas Lustiges ein, und versuche dabei, auch mal richtig locker zu wirken. Wo ist mein Ehemann?
    Â»Frank Potter ist ein Arschloch«, flüstert mir jemand ins Ohr.
    Gott sei Dank, ein freundliches Gesicht. Es ist Kelly Cho, schon lange Mitglied in Williams Kreativ-Team – lange für jemanden in der Werbung, wo die Fluktuation enorm ist. Sie trägt einen Hosenanzug, der sich gar nicht so sehr von meinem unterscheidet (besseres Revers), aber sie sieht darin trendig aus. Sie hat ihn mit Overknee-Stiefeln kombiniert.
    Â»Wow, Kelly, du siehst fantastisch aus«, sage ich.
    Kelly wischt mein Kompliment mit einer Handbewegung beiseite. »Woran liegt es denn, dass wir dich nicht öfter zu sehen bekommen?«, fragt sie.
    Â»Ach, weißt du, die Fahrt über die Brücke ist jedes Mal ein Kampf. Der Verkehr. Und ich fühle mich immer noch nicht ganz wohl dabei, die Kinder abends allein zu lassen. Peter ist erst zwölf, und Zoe ist ein typischer verwirrter Teenager.«
    Â»Was macht die Arbeit?«
    Â»Toll, außer dass ich in dem ganzen Drumherum versinke: die Kostüme, der Hickhack der Eltern, Spinnen und Schweinchen, die ihren Text noch nicht gelernt haben und beruhigt werden müssen. Die dritte Klasse führt dieses Jahr Schweinchen Wilbur und seine Freunde auf.«
    Kelly lächelt. »Ich liebe dieses Buch! Wahnsinn, das klingt nach einem idyllischen Leben.«
    Â»Findest du?«
    Â»Unbedingt. Ich würde liebend gerne aus diesem ständigen Konkurrenzkampf aussteigen. Jeden Abend ist irgendeine Veranstaltung. Ich weiß, es klingt glamourös – die Essen mit den Kunden, Logenplätze für die Spiele der Giants, Konzertkarten –, aber nach einer Weile ist es nur noch anstrengend. Na ja, das weißt du ja selbst. Du bist seit Urzeiten eine Werbe-Witwe.«
    Werbe-Witwe? Ich wusste nicht, dass es ein Wort dafür gibt. Für mich . Aber Kelly hatte recht. Zwischen Williams Geschäftsreisen und der Bespaßung seiner Kunden bin ich im Prinzip eine alleinerziehende Mutter. Mit etwas Glück schaffen wir es, ein paar gemeinsame Abendessen pro Woche hinzubekommen.
    Ich sehe mich um und fange Williams Blick ein. Er eilt auf uns zu. Er ist groß, gut gebaut, und sein dunkles Haar ergraut nur leicht an den Schläfen, auf diese herausfordernde Art, wie manche Männer eben ergrauen (als wollten sie sagen: Scheiß drauf, mit siebenundvierzig bin ich immer noch verdammt sexy, und zwar erst recht durch das Grau). Ich bin plötzlich wahnsinnig stolz auf ihn, als er in seinem dunkelgrauen Anzug und blau karierten Hemd den Saal durchquert.
    Â»Wo hast du deine Stiefel her?«, frage ich Kelly.
    William gesellt sich zu uns.
    Â»Bloomie’s. Hör mal, William, deine Frau kennt den Ausdruck Werbe-Witwe nicht. Wie kann das sein, da du sie doch zu einer gemacht hast?«, fragt Kelly und zwinkert mir zu.
    William sieht mich finster an. »Ich habe überall nach dir gesucht. Wo warst du, Alice?«
    Â»Sie stand die ganze Zeit genau hier und musste Frank Potter ertragen«, sagt Kelly.
    Â»Du hast dich mit Frank Potter unterhalten?«, fragt William und sieht dabei alarmiert aus. »Ist er auf dich zugekommen, oder hast du ihn angesprochen?«
    Â»Er ist auf mich zugekommen«, sage ich.
    Â»Hat er was über mich gesagt? Über die Kampagne?«
    Â»Wir haben nicht über dich geredet«, entgegne ich. »Und lange unterhalten haben wir uns sowieso nicht.«
    Ich beobachte, wie William immer wieder seine Kiefermuskeln anspannt. Warum ist er so gestresst? Die Kunden lächeln und sind betrunken. Die Presse ist zahlreich vertreten. Die Vorstellung der Marke ist ein Erfolg, soweit ich das beurteilen kann.
    Â»Entschuldigung«, sagt William, »aber können wir gehen, Alice?«
    Â»Jetzt schon? Die Band hat doch noch nicht mal angefangen zu spielen. Ich habe mich wirklich auf das Live-Konzert gefreut.«
    Â»Alice, ich bin total kaputt. Bitte lass uns gehen.«
    Â»William!« Ein Trio attraktiver junger Männer kreist uns ein – ebenfalls Mitglieder von Williams Team.
    Nachdem William mich Joaquin, Harry und Urminder vorgestellt hat, verkündet Urminder: »Also ich war heute Egosurfen.«
    Â»Genau wie gestern«, sagt
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