Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
hielt die Luft an. Vielleicht war auch dies nichts anderes als eine Warnung, so wie sie Marxer bereits zweimal zugekommen war. Nur ein wenig Sprengstoff, ein abgerissener Daumen, ein ausgelaufenes Auge, nichts, was die Versicherung einem nicht bezahlen würde. Und Petersen war bestimmt gut versichert, da ließ sich die Firma Knallefix nicht lumpen.
    „Hm“, meldete sich der mutige Mann, „ich habe jetzt das Päckchen geöffnet. Es ist tatsächlich eine Kamera darin und zwar genau die, die auf der Originalverpackung angegeben ist. Zwölf Megapixel mit Wechselobjektiv, sehr schönes Teil und bestimmt nicht billig.“ „Liegt etwas bei?“ wollte ich wissen, „ein Zettel, eine persönliche Notiz? Schauen Sie doch bitte einmal nach.“
    Dafür brauchte Petersen zehn Sekunden, bevor er mit einem „Nö“ antwortete. „Ist nur die Kamera. Soll ich sie jetzt fotografieren?“ Ich überlegte. „Nein, schalten Sie sie zuerst an.“ „Hm“, machte Petersen wieder, „Sie sind – natürlich nur theoretisch – der Überzeugung, dass der Zündmechanismus erst dann aktiviert wird? Könnte sein. Ich schiebe Ihnen schon mal meine Zeilen an Fräulein Düsterhenn unter der Tür durch. Für alle Fälle.“
    Er tat es, ich sprintete zur Tür, griff den Zettel, keuchte „Alles Gute und viel Glück“ und sprintete zum Kühlschrank zurück. „Danke“, sagte Petersen. „Ich schalte dann mal an.“
     
     
    594
    „Wow, das Objektiv ist wirklich klasse. Zoomt ganz elegant und ohne Übergänge, alles rattenscharf.“ Herr Petersen von der Firma Knallefix war begeistert. „Es ist auch bisher nichts explodiert. Soll ich das Teil jetzt mit meinem Handy fotografieren? Und was machen wir dann?“
    Ich überlegte. „Schicken Sie mir das Bild von Ihrem Handy auf meins. Moment, ich gebe Ihnen die Nummer.“ Ich gab sie ihm, er notierte sie sich, wiederholte sie, alles korrekt. „Gut, dann drück ich mal drauf, ne?“ Ich verzog mich schleunigst wieder in die Küche. Wartete. Rief, als sich Petersen auch nach zwei Minuten noch nicht artikuliert hatte, ein erwartungsvolles „Und?“ Nichts war explodiert. Aber musste überhaupt etwas explodieren? Vielleicht befand sich in dem Gerät eine kleine, aber letale Dosis Gift, die durch Drücken des Auslösers versprüht wurde? Wahrscheinlich durch das tolle Objektiv, das wie viele andere elektronische Geräte multifunktional war. Two in one sozusagen, klasse Fotos und ein gnädiger Tod.
    „Jau“, meldete sich Petersen endlich. „Hab das Foto gemacht. Qualität ist jetzt natürlich nicht so toll, aber wird gehen. Ich schicks Ihnen.“ „Könnten Sie mir auch eins schicken, auf dem ich Sie sehe?“ Petersen überlegte unter Hervorbringung seiner üblichen „Hms“. „Äh, ja, theoretisch schon, aber praktisch wird es schwierig, weil ich keinen Selbstauslöser habe. Ihre Kamera übrigens auch nicht, aber ich denke mal, das gibt es als Zubehör.“ Ich überlegte ebenfalls, ersparte mir aber die „Hms“. „Das ist jetzt blöd, mein Lieber. Sie müssen verstehen, dass ich schon gerne gewusst hätte, wer Sie sind. Rein optisch jetzt. Könnten Sie vielleicht kurz auf die Straße gehen und sich von einem freundlichen Passanten knipsen lassen? Wenn möglich, kaufen Sie sich an der Ecke eine Tageszeitung und halten Sie sie so in die Kamera, dass ich das Datum von heute erkennen kann. Und Ihr Gesicht natürlich. Die Zeitung bezahle ich Ihnen.“
    Petersen versprach es, wollte aber zuerst das Foto der Kamera schicken. Ich schaltete mein Handy an und wartete. Ich brauchte nicht lange zu warten. Petersen hatte nicht gelogen. Es war ein wunderhübsches kompaktes Gerät, das da in einer sehr bleichen und haarigen Hand lag, der Petersens. Da ich Eduard Schicks Hände nicht so genau in Erinnerung hatte, konnte ich nicht vergleichen, ob seine und Petersens identisch waren. „So, ich geh dann mal runter“, kündigte Petersen an. „Haben Sie einen speziellen Wunsch, was die Zeitung anbetrifft? Ich meine – Sie bezahlen sie schließlich und wollen sie ganz bestimmt später lesen.“
    Ich entschied mich für eine überregionale Zeitung, deren Feuilletonchef jüngst in einem Kriminalroman einen schrecklichen Tod hatte erleiden müssen, was wiederum sämtliche Feuilletons des Landes beschäftigte. Nannte man das nicht ein selbstreferenzielles Verrühren der eigenen Kacke? Oder, wie der Dichter sagt, ein Sich-Suhlen im eigenen Saft? Egal. Die Regionalzeitung hätte ich nicht überlebt.
    Ich schenkte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher