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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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der morgendlichen Aufregung nicht auf meine Arbeit konzentrieren. Meine Arbeit, die weiterhin darin bestand, glücksuchenden Menschen zu verraten, wo sie graben mussten, um auf das zu stoßen, was sie für das Glück hielten. Einen Sack Geld, eine schöne Frau, einen guten Film im Fernsehen, ein paar Politiker, deren Gehirne nicht im Dauerzustand völligen Unwissens vor sich hin waberten. Ständig klingelte das Telefon im Vorzimmer, Annamarie Kainfelds Stimme wurde von Anruf zu Anruf hysterischer. „Nein! Herr Klein ist nicht verhaftet worden!“ schrie sie jetzt und knallte den Hörer auf die Gabel. Keine zwei Sekunden später klingelte es wieder. „Nein! Herr Klein hat heute Morgen nicht in einem Beziehungsdrama seine Lebensgefährtin samt den sieben gemeinsamen Kindern massakriert!“
    „Chef?“ Meine Sekretärin stand ziemlich zerrupft in der Tür, ein Nervenbündel, eine tickende Zeitbombe. „Wenn das so weitergeht, melde ich mich krank. Was war denn nun los, heute Morgen?“ Ich erzählte es ihr. „Oha“, kommentierte sie. „Wahrscheinlich auch nur eine Warnung. Und Sie haben keine Ahnung, wer dahintersteckt und warum man dieses Spielchen mit Ihnen – und Konstantin – treibt?“
    Konstantin. Ihre Augen füllten sich sofort mit der üblichen Tränenflüssigkeit. „Nein, nein, keine Ahnung. Möglicherweise ein geistig verwirrter Mensch, der sein Glück darin findet, andere in Angst und Schrecken zu versetzen.“ Annamarie Kainfeld gab sich wenig überzeugt. „Hm. Und die Kamera?“ Die Kamera? Die lag noch immer in meiner Wohnung, nahm ich an. Wenn Billy the Kid, dem ich alles zutraute, sie nicht hatte mitgehen lassen, um Drogen oder käuflichen Sex mit Pudeldamen dafür einzutauschen.
    „Ich meine… nur so eine Idee… warum eine Kamera? Waren da Bilder drauf? Also nicht diejenigen, die dieser Herr Petersen gemacht hat, sondern vorher schon welche? Wenn doch die Verpackung schon geöffnet worden war… Warum?“ Darauf hätte ich auch kommen können, das war gar nicht so dumm. Und genau deshalb war ich wohl nicht draufgekommen. „Chapeau, meine Liebe“, lobte ich. „Werde ich in der Mittagspause gleich checken.“
    Längst hatte wieder das Telefon geklingelt und Annamarie Kainfeld war in ihr Büro geeilt, um mit nun noch gereizterer Stimme „NEIN! Herr Klein gehört nicht der griechischen Steuerhinterziehermafia an und sitzt auch nicht in Untersuchungshaft“ zu kreischen. Ich sehnte mich danach, diesen schauerlichen Ort endlich verlassen zu können. Las noch schnell ein Schreiben von Herrn Backer aus Fürth, in dem er mir mitteilte, das Glück gefunden zu haben und mir gegen Überweisung von Euro 100000 Näheres zu berichten. „Stecken Sie sich Ihr Glück in den Arsch“, schrieb ich rüde zurück, „für 100000 kriege ich ganz andere Sachen, die glücklicher machen als das Glück.“
    Endlich Mittagspause. Ich schaute vorsichtig aus dem Fenster. Vor dem Haus lungerte die übliche Journaille, sogar RTL hatte ein Kamerateam geschickt. „NEIN! Herr Klein hat nicht in der mongolischen Botschaft Asyl beantragt, weil er nicht in die USA ausgeliefert werden möchte!“ Annamarie Kainfeld hatte heute einen extraschweren Job. Ich seufzte und machte mich auf den Weg über die Hinterhöfe. Die Kamera. Bilder. Das war eine Möglichkeit, welche auch immer.
     
     
    600
    Früher war das Leben unkompliziert. Die Bösewichte hatten stechende Augen, die Guten blonde Haare. Geld hieß DM und nicht EURO. In Lebensmitteln gab es keine Schadstoffe, weil nichts davon auf der Verpackung stand. Und Filme waren so komische Rollen, die man aus der Kamera schälte und zum Fotografen brachte. Heute braucht man einen Computer um zu sehen, dass die Bilder leider total verwackelt sind.
    Ich stand in meiner Wohnung und konnte die Beklommenheit nicht verbergen. Es sah ganz anders aus als sonst, nämlich ziemlich aufgeräumt. Das Gramm Hasch lag in der Küche, sogar das Geschirr war gespült worden, wahrscheinlich von einer Praktikantin der Polizei. Nur geputzt hatte man nicht. Und dafür zahlte man Steuergelder. Die Kamera lag auf dem Nachttischchen und tat unschuldig. Ich nahm sie vorsichtig in die Hand. Wenn dort Bilder drauf waren, dann hatte sie die Polizei längst gesichtet, oder? Andererseits: Sie war ja nur hier gewesen, um nach Sprengstoff zu suchen. Ich fummelte planlos an den winzigen Knöpfchen und Schälterchen, bis ich endlich ein Bild auf dem Display sah. Herrn Petersen, wie er freundlich lächelnd in die
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