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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition)
Autoren: Susannah Kells
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spuckte aus und sah den Reiter trotzig an. «Und wer, Bürger, bist du?»
    Der Reiter nahm ein gefaltetes Blatt Papier aus einem Beutel an seinem Gürtel und reichte es wortlos dem dicken Mann, der großes Aufhebens darum machte. Zuerst übergab er einem Kameraden die leere Flasche, dann strich er sich über den Schnurrbart, stellte sich breitbeinig hin und entfaltete schließlich das Blatt mit schwungvollem Schütteln.
    Er las langsam, bewegte dabei die Lippen und runzelte die Stirn. Misstrauisch schaute er den Reiter an und drehte das Blatt um, als könnte die leere Rückseite seine Verwirrung klären, bevor er sich erneut in die Vorderseite vertiefte.
    Er starrte auf die Unterschrift am Fuß des Blattes, studierte das Siegel. «Ihr kommt von der Englischen Botschaft?»
    Der Reiter seufzte, antwortete dann geduldig auf Französisch. «Von der Britischen Botschaft.»
    «Ihr alle?»
    Der Reiter wies auf seine Begleiter. Am nächsten war ihm ein junger Mann mit leuchtend rotem Haar. «Das ist Mr.   Lazender, hinter ihm Mr.   Drew, und mein Name lautet Pierce. Unsere Namen sind alle dort aufgeführt.» Er machte sich nicht die Mühe, den vierten Reiter vorzustellen, der sich im Hintergrund hielt, als wollte er nichts mit den drei Engländern zu tun haben. Er war als Einziger bewaffnet. An der linken Hüfte hing ein Degen in einer schwarzen Scheide.
    Der dicke Mann runzelte die Stirn. Die Unterschrift schien ebenso echt zu sein wie das Siegel, und die Instruktionen waren nicht besonders kompliziert. Er kratzte sich an der Wange, zog seine Hose hoch und reichte das Blatt dann dem Mann namens Pierce zurück. «Wonach sucht ihr?»
    «Nach einer Frau.»
    «Name?»
    «Lucille de Fauquemberghes. Wisst Ihr etwas über sie?»
    Der dicke Mann schüttelte den Kopf. «Nie gehört.» Er schaute zu dem vierten Reiter hinüber, einem jungen Mann, der ganz in Schwarz gekleidet war und dem dicken Mann leicht zunickte, ohne dass die drei Engländer es sehen konnten. Der Dicke wirkte erleichtert über das Signal. «Na, dann geht schon!»
    Die drei Engländer stiegen vom Pferd und gaben ihre Zügel dem Mann in Schwarz, der ihre Pferde an einem Gitter neben dem Torbogen festband. Sein eigenes Pferd, eine herrliche schwarze Stute, ließ er frei stehen. Er ging zu den Gefängnistoren und öffnete sie. Die Rinne, die aus dem Gebäude kam, war dunkel und verstopft, übelriechend und voller Fliegen. Ein Hund, dessen Rippen sich scharf unter dem verfilzten Fell abzeichneten, leckte an der schwarzen Brühe, die den Abfluss verstopfte.
    Der dicke Mann schaute den drei Engländern hinterher, die das Gefängnis betraten, und wartete, bis sie verschwunden waren. Dann grinste er den Mann in Schwarz an und reichte ihm die Hand. «Wie geht’s dir, Gitan?»
    «Ich habe Durst.»
    Gitan lehnte sich an den steinernen Torbogen. Selbst in dieser Haltung war er ein imponierender Mann mit einer geschmeidigen, ausgeprägten, animalischen Eleganz. Sein Gesicht, dunkel gebräunt, war schmal und eindrucksvoll. Er hatte hellblaue Augen, eine seltsame Farbe für einen Mann mit solch dunkler Haut und schwarzem Haar. Der Kontrast ließ seine Augen hell und durchdringend erscheinen. Gitan würde in jeder Menschenmenge auffallen, doch neben diesen verschwitzten, müden Leuten war er ein Vollblut unter Mauleseln. Er schien sie mit amüsierter Nachsicht zu betrachten, als würde er alles, was er sah, mit dem unangemessenen Maß seiner eigenen Fähigkeiten messen. Er war ein Mann, dessen Anerkennung andere Männer suchten.
    Jean Brissot, der dickbäuchige Mann, bot ihm eine Weinflasche an. Gitan nahm sie nicht sofort. Er holte einen Fetzen Papier und ein wenig Tabak aus seiner Tasche und drehte sich nach spanischer Art eine dünne Zigarette. Einer der rotbemützten Männer eilte mit einer Zunderbüchse herbei, und der schwarzgekleidete Mann beugte sich vor, als sei es die natürlichste Sache der Welt, dass die Leute ihn so beflissen bedienten. Er blies den Rauch in die Abendluft und wies dann mit einem Nicken auf das Grauen im Gefängnishof. «Viel zu tun gehabt, Jean?» Seine Stimme war entspannt, sein Blick belustigt.
    «Ein harter Tag, Gitan. Du hättest hier sein sollen.»
    Gitan griff nach der Weinflasche. Im linken Ohr trug er einen goldenen Ring.
    Jean Brissot sah zu, wie er trank. «Wenn du nicht bei ihnen gewesen wärst, hätte ich nein gesagt.»
    Gitan zuckte die Achseln. «Das Dokument ist echt.»
    Brissot lachte. «Ich wundere mich, dass der Bürger Minister
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