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Die dunkle Seite des Weiß

Die dunkle Seite des Weiß

Titel: Die dunkle Seite des Weiß
Autoren: Yalda Lewin
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Hals zu fallen, und das weißt du genau. Dein Fehler war, dass du die Unterlagen gesichtet hast. Diesen Fall kannst du einfach nicht ignorieren.« Er lächelte. »Außerdem war es eine wirklich gute Idee, Mirella zu dir zu schicken, nicht wahr? Wir sind eben alle emotionale Volltrottel.«
    Ich schluckte schwer. Simon kannte die wunden Punkte besser, als mir lieb war. Und er verstand es auszuteilen. Aber ich war darin mindestens ebenso gut. »Richtig. Mirella und ich sind ein hervorragendes Team. Großartige Frauen geben sich nur mit Männern ab, die ihre Anwesenheit verdienen.«
    Das Lächeln auf Brenners Gesicht erstarb. Ich kam mir fast schäbig vor, diesen billigen Joker aus dem Ärmel gezogen zu haben. Aber er hatte nie verwunden, dass er bei Mirella nicht landen konnte, während ich eine jahrelange Beziehung mit ihr geführt hatte – Scheidung hin oder her.
    Simon Brenner und ich kannten uns schon viele Jahre. Wir waren zeitgleich in das Ausbildungsprogramm der Akademie eingestiegen, wobei sich schnell gezeigt hatte, dass unsere Talente auf gänzlich unterschiedlichen Gebieten lagen. Während er eine Affinität zu Führungsaufgaben hatte, zog ich es vor, alleine zu arbeiten und mit möglichst wenigen Menschen in Kontakt zu kommen. Wenn das irgendwo möglich war, dann hier in der Akademie. Die Akademie bot die Chance, Begabungen zu entwickeln und sinnvoll einzusetzen. Das Spektrum reichte von allgemein nützlichen Talenten wie zum Beispiel für Finanzmärkte, Diplomatie und Politik bis hin zu einem Institut wie dem unsrigen: der Abteilung für das Lösen paranormaler Phänomene. Dass unser Team vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurde, erleichterte uns das Arbeiten. Bis auf wenige staatliche Behörden, die gelegentlich mit uns zusammenarbeiteten, wusste niemand, dass es uns gab. Ein Fakt, um den ich immer froh gewesen war.
    Simon starrte mich mit zusammengepressten Kiefern an. Dann stand er plötzlich auf, trat ans Fenster und zog mit einem Ruck die Jalousie hoch. Ich keuchte leise auf und schlug mir geblendet die Hand vor die Augen.
    »Muss das sein?« Ich tastete in meiner Jackentasche nach der Sonnenbrille, zog sie hervor und setzte sie auf.
    Ein grimmiges Lächeln umspielte Brenners Lippen. »Verzeihung. Ich vergaß, wie empfindlich du auf so ganz alltägliche Dinge wie Sonnenschein reagierst. Was für ein spaßfreies Leben das sein muss … Schläfst du eigentlich in einem Sarg?«
    Er ließ die Jalousie wieder herunterrasseln. Angenehme Dämmerung legte sich über den Raum. Ich atmete unmerklich aus und blinzelte. Doch ich nahm die Brille nicht ab. Ein wenig Deckung gegen unerwünscht direkte Blicke war nicht das Schlechteste, was einem in Simons Büro passieren konnte.
    »Jakob, lass uns nicht lange drum herumreden. Ich sage es nicht gerne, aber du bist der ideale Mann für diesen Fall. Du kennst das Gelände in Beelitz, das hat Mirella mir erzählt. Was auch immer du in der Vergangenheit in den Ruinen zu suchen hattest, interessiert mich nicht. Ich möchte keine Zeit verlieren. Also, nutz die Chance, steig wieder bei uns ein und mach die Fehler vom letzten Fall wieder gut. Jeder von uns verbockt mal was. Kein Grund, sich bis in alle Ewigkeit zuhause zu verschanzen.«
    Ich habe nichts verbockt. Ich schluckte den Gedanken hinunter und räusperte mich. »Ich habe die Akten gesichtet. Die Ähnlichkeit zu den damaligen Fällen könnte purer Zufall sein.«
    Simon lächelte und ließ sich auf seinen Stuhl zurückfallen. »Das ist Unsinn, und das weißt du. Außerdem geht es hier weniger um die Ähnlichkeiten zu den damaligen Fällen als vielmehr um eine neue Dimension. Aber das wird dir Hades mit Begeisterung selbst erklären.«
    »Hades ist noch in der Akademie?«
    Simon hob die Brauen. »Wieso sollte er nicht? Für einen Rechtsmediziner lässt sich nur schwer ein interessanterer Job auf diesem Planeten auftun.«
    Ich unterdrückte ein Lächeln. Die Nachricht, dass James Reilly, genannt Hades, noch immer die Leitung der Pathologie innehatte, hellte meinen Tag merklich auf. Hades war ein schräger Typ, aber absolut verlässlich. Jemand, der einen aus Versehen über Nacht in den Kühlräumen der Pathologie einschloss, dafür aber am nächsten Morgen Frühstück mitbrachte. Mir war das passiert. Hades war mitten in der Nacht eingefallen, dass er mich in der Pathologie sozusagen vergessen hatte. Es war ihm allerdings zu umständlich erschienen, nochmal ins Institut zu fahren, um mich zu befreien, wenn er doch
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