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Die dunkle Seite des Mondes

Die dunkle Seite des Mondes

Titel: Die dunkle Seite des Mondes
Autoren: Martin Suter
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Arschloch, wie Sie richtig bemerkten«, grinste Gerber.
    Und du ein Arschkriecher, dachte Blank.
    Sobald Gerber draußen war, ließ er sich mit Hans-Rudolf Nauer verbinden. Der stöhnte auf, als er von der erneuten Verzögerung erfuhr. »Wie lange wird der dieses Spielchen noch weitertreiben?«
    »Bis Sie stop sagen.«
    »Ich?«
    »Sagen Sie nein. Sagen Sie, Sie hätten genug. Er solle das Ganze vergessen, Sie hätten es sich anders überlegt.«
    »Dann fällt die Sache ins Wasser.«
    »Er wird einlenken.«
    »Und wenn nicht?«
    »Er wird.«
    »Was macht Sie so sicher?«
    »Vertrauen Sie mir.«
    Nauer bat um eine halbe Stunde Bedenkzeit.
    Eine Viertelstunde später erhielt Urs Blank einen Anruf von Pius Ott. »Können wir uns treffen? Sagen wir in einer Stunde? Bei mir zu Hause. Es muß uns ja nicht die halbe Stadt zusammen sehen.«
    Das Schönste an Pius Otts Villa war ihre Lage. Im Nordosten war das Grundstück durch einen Wald begrenzt, im Südwesten überblickte es das Tal und den See. Das Gebäude selbst war von zweifelhafter Architektur. Viel abgerundeter Beton im Stil der späten siebziger Jahre, obwohl es keine drei Jahre alt war.
    Ein kräftiger Mann im dunklen Anzug wies den Jaguar in einen Parkplatz neben der Einfahrt und führte Blank in Otts Arbeitszimmer.
    Der Raum war bestimmt zweihundert Quadratmeter groß und eingerichtet wie eine Safari- lodge. Die Wände waren bis unter die falsche Holzdecke getäfelt, der Boden bestand aus polierten Riemen verschiedener exotischer Hölzer. An beiden Stirnseiten standen mächtige offene Kamine, um die wuchtige Ledersessel gruppiert waren. In der Mitte des Raumes, an einem Mahagonischreibtisch von der Größe eines Pingpongtisches, saß Pius Ott. Er hatte den Rücken der Fensterfront zugewandt. Der Blick auf die Jagdtrophäen an der gegenüberliegenden Wand sagte ihm mehr zu als der auf das Tal und die biederen Häuschen der steuergünstigen Gemeinden.
    Als Urs Blank den Raum betrat, stoben zwei Dachsbracken bellend auf ihn zu. Auf einen Pfiff von Ott verstummten sie und zogen sich wieder unter den Mahagonischreibtisch zurück.
    In diesem riesigen Raum mit seinem überdimensionierten Mobiliar wirkte der große Spekulant noch kleiner, als Blank ihn von den wenigen Begegnungen bei gesellschaftlichen Anlässen in Erinnerung hatte.
    »Danke, daß Sie so kurzfristig Zeit hatten. Ich nehme an, Sie haben erraten, um was es geht.« Er führte Blank zu einem der Kamine. Jeder versank in einem Ledersessel.
    » CHARADE und ELEGANTSA , nehme ich an«, bestätigte Urs.
    »Ich hoffe, alle Ihre Quellen sind so gut.«
    Ein Mann im weißen Leinenjackett brachte ein Tablett mit einem chinesischen Teeservice. »Ich trinke um diese Zeit immer etwas Lapsang Souchong. Machen Sie mit?«
    Blank nickte. Der Hausdiener servierte den Tee. Ott nahm sich seine Tasse und ließ den Rauchgeschmack in die Nase steigen, während er weitersprach. »Sie sind also der Meinung, daß Fluri gar keine andere Wahl hat, als sich fusionieren zu lassen?«
    »Ich bin ganz sicher.«
    »Was macht Sie so sicher?«
    »Anwaltsgeheimnis.« Blank nahm vorsichtig einen Schluck aus der hauchdünnen Porzellantasse.
    »Der ›Rußlandfeldzug‹?«
    Blank gab keine Antwort.
    Ott versuchte es anders. »Können Sie sich eine Klausel vorstellen, die eine persönliche Haftung der Vertragspartner für verheimlichte Verlustrisiken ab einer bestimmten Höhe vorsieht?«
    »Solche Klauseln sind nicht unüblich.«
    »Glauben Sie, Fluri würde so etwas unterschreiben?«
    »Kommt auf die Höhe des Betrags an.«
    »Wie ist das zu verstehen?«
    »Ab einer bestimmten Summe müßte er unterschreiben, weil er sonst in den Verdacht käme, er schließe sogar einen Verlust in dieser Höhe nicht völlig aus.«
    Ott trank jetzt auch einen Schluck Tee. »Verstehe. Wie hoch würden Sie eine solche Summe zum Beispiel ansetzen?«
    Blank zuckte die Schultern. »Zwanzig Millionen?«
    Ott hob die Augenbrauen und stieß einen leisen Pfiff aus. »Für alles über zwanzig Millionen haftet er selbst?«
    Blank widersprach. »Ab zwanzig Millionen haftet er für die ganze Summe.«
    Ott schüttelte ungläubig den Kopf. »Das kann er nicht unterschreiben.«
    »Wie sähe das aus, wenn er sich weigerte?«
    »Und wenn er unterschreibt und es trifft ein? Rein hypothetisch?«
    »Rein hypothetisch bräche ihm das das Genick.«
    Ott nickte nachdenklich. Er öffnete den Humidor, der auf dem Rauchtischchen stand. »Ich rauche um diese Zeit eine Romeo y Julieta, machen
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